Geschichte Bayerisch - Schwaben

                                                                                                                           29.9.12

BAYERISCH-SCHWABEN

Geschichte

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Territorienkarte Bayerisch-Schwaben Territorienkarte 1803

vor 1803

Aus dem Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben

Violett = geistliche Herrschaften; grün = weltliche Herrschaften; gelb = Städte; orange = östereichisch 

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GESCHICHTE BAYERISCH SCHWABENS   (1)

Überarbeitete Fassung der Ausgabe von 1992

Einführung

                          
Der Regierungsbezirk Bayerisch¬Schwaben ist eine Schöpfung der bayerischen Staatsbürokratie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mit dem Aufstieg Bayerns in den napoleonischen Kriegen zum Mitttelstaat und Königreich und durch Säkularisation, Mediatisierung und Beitritt zum Rheinbund 1803-1806 war den Wittelsbachern neben fränkischen und altbayerischen Ländereien und Rechten fast das ganze Land zwischen Iller und Lech angefallen, ein Land, in dem sie schon vorher einzelne Herrschaften und Territorien besessen hatten.
Ostschwaben - das waren bis dahin die geistlichen Staaten des Bischofs von Augsburg und zahlreicher reichsunmittelbarer Klöster, dann Herrschaften des Adels von der Größe der Markgrafschaft Burgau bis zu den winzigen Dörfern der Reichsritterschaft und schließlich die Kleinterritorien der Reichsstädte. Zusammengehalten wurde dieses bunte Mosaik kleinräumiger Staatlichkeit durch im föderativen Staatenverband des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.
Seit 1802 faßte man die ganze Ländermasse zu einer bayerischen Provinz Schwaben zusammen, deren Statthalter im damals gleichfalls bayerisch gewordenen Ulm, dem Vorort des ehemaligen schwäbischen Herzogtums saß. Die Staatsreform Montgelas' nach französischem Vorbild schaffte jedoch 1808 alle historisch gewachsenen Länder ab und teilte stattdessen das Land nach französischem Vorbild in Kreise, "Departements" ein, die geographische Namen vor allem von Flüssen bekamen, um das Andenken an die historischen Länder zu tilgen.
Das Land wurde straff zentralistisch organisiert und von einer neu geschaffenen Beamtenbürokratie mit ministerieller Spitze regiert. Im Zuge dieser Reform wurde 1808 auch der Oberdonaukreis geschaffen, der nach einigen Veränderungen zum Vorgänger des heutigen bayerischen Regierungsbezirks Schwaben wurde - der einzige Verwal-tungsbezirk in Deutschland , der heute diesen Namen trägt. Der historisch begeisterte König Ludwig I. von Bayern hatte ihn 1837 verliehen, indem er befahl, die "alten, geschichtlich geheiligten Marken ... möglichst wiederherzustellen". Durch Gründung von historischen Kreisvereinen, Initiierung  der Denkmalpflege und Schaffung von Vorläufern der heutigen Bezirke (Landräthe) sollte das historische Regionalbewußtsein wieder erweckt werden. Aber kein Jota an staatlichen Hoheitsrechten, auch nicht niederer Art, wurde vom König an die Kreise, Bezirke und Gemeinden abgetreten.
Allen Bürgern, die der ehemaligen Selbständigkeit und Eigenstaatlichkeit ihrer Heimat nachtrauerten, blieb also nichts anderes übrig, als sich in die Geschichte ihrer einstigen Länder und Territorien zu vertiefen und sie dadurch gegenwärtig zu halten. Wobei Schwaben auf eine große und reiche Vergangenheit zurückblicken kann.

 

Vorgeschichte und RömerzeitBroschüre

 

Die Anfange menschlicher Besiedlung sind in Ostschwaben bis in die Alt-Steinzeit (ca. 8000 v. Chr.) zurückzuverfolgen, vor allem im Ries (Ofnethöhle) und im Donauraum. Ihre Spuren lassen sich in allen vorgeschichtlichen Epochen durch bedeutsame Fundplätze (z. B. Wittislingen) bis in die Keltenzeit (ca. 500 v. Chr.) zurückverfolgen. Bis dahin sind vorgeschichtliche Funde  die alleinigen Quellen. Aber auch in der beginnenden Römerzeit sind Bodenfunde oft  die einzigen und deswegen unersetzlichen Quellen.
Mit der Eroberung des Alpenvorlandes durch die Römer 15 v. Chr. beginnt allerdings die schriftlich belegte Geschichte für Ostschwaben, die dadurch erstmals schärfere Konturen gewinnt.                          Karte 1574 Augsburg
Im Jahre 15 v. Chr. zogen die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Drusus und Tiberius, mit zwei Heeren über die Alpenpässe und drangen in das Land der keltischen Räter und Vindeliker vor. Die Eroberung des Landes führte zur Stabilisierung der Nordgrenze des Römischen Reiches und zur Absicherung der geplanten Besetzung Germaniens bis zur EIbe. Zunächst bildete die Donau die römische Reichsgrenze. Auf ihrem Südufer entstanden militärische Anlagen und Lager, aber auch zivile Siedlungen.
Voraussetzung für die Versorgung der Truppen war der Ausbau eines Verkehrswegenetzes. Der Sohn des Drusus Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) ließ als wichtige Fernstraße die "Via Claudia Augusta" als Nord-Süd-Verbindung bauen, die die Donau mit dem Po verband. 
Ausgehend vom Castell Burghöfe nahe bei Mertingen führte sie über Augsburg, Epfach, Füssen, dem Fernpaß und weiter über Reschen-Scheideckpaß die Etsch entlang nach Süden. Eine zweite bedeutende römische Fernstraße verlief von Mailand her über Corno, Chur, Bregenz und Kempten nach Augsburg.
Einige Menschenalter nach dem ersten Eroberungszug der Römer wurde Augusta Vindelicum, Augsburg, begründet und zur Hauptstadt der neuen Grenzprovinz Raetien gemacht. Diese erstreckte sich  von den Alpen bis zur Donau und vom Inn bis zum oberen Rheintal bei Chur. Unter den Kaisern Diokletian (284-305 n. Chr.) und Konstantin dem Großen (306-337) wurde die Provinz aus administrativen Gründen geteilt in die "Raetia prima" mit der Hauptstadt Chur und in die "Raetia secunda" mit der Hauptstadt Augsburg.
Archäologische Funde und Baureste von Augsburg-Oberhausen sowie vom Lorenzberg bei Epfach (Abodiacum) datieren etwa 8/5 v. Chr.; am Auerberg bei Bernbeuren lassen sich zivile Besiedlungsspuren nachweisen. Eine nach italischem Vorbild angelegte Stadt war Kempten (Cambodunum) mit großen öffentlichen Bauten (Forum, Basilika, heiliger Bezirk) in Stein. Augsburg selbst erhielt wohl um 120 n. Chr. schon das Stadtrecht (Municipium Aelium Augustum). Unter Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) wurde begonnen, den obergermanisch-rätischen Limes mit Holzpalisaden und Wachttürmen zu befestigen. Kastellanlagen an den Flüssen und Wachttürme im Hinterland an wichtigen Punkten der Fernstraßen, z.B. Goldberg bei Türkheim, Isny/Vemania, FüssenlFoetibus, Wilten/Veldidena bei Innsbruck halfen, die römische Herrschaft zu festigen und Truppenbewegungen sowie   Versorgung der Zivilbevölkerung mit Gütern aus dem Süden zu sichern.
Die Grundnahrungsmittel wurden nicht über den Fernhandel herangeschaflt, sondern durch zunehmend intensiver betriebene Landwirtschaft vor Ort im Umland gewonnen. Dazu wurden in das noch überwiegend mit Urwald bedeckte Land auf fruchtbarem Boden Rodungsinseln gehauen, in deren Mittelpunkt meist eine "villa rustica", ein römisches Landgut, stand.
Wie sehr die römische Provinz Raetien Grenzland war, machte sich schon im 3. Jahrhundert bemerkbar, als [11] seit 213 suebische Alemannen mehrfach den Limes überrannten, alles Land bis Italien brandschatzten und plünderten, um mit reicher Beute wieder in die ger-manischen Wäldern zurückzukehren. Augsburg und Kempten wurden um 270 zerstört, letzteres nicht wieder aufgebaut, sodaß heute der gesamte Grundriß des römischen Cambodunum offenliegt und teilweise als Museum zugänglich ist. Um eine bessere Grenzsicherung aufzubauen, wurde Ende des 3. Jahrhunderts der Limes bis an Donau und Iller zurückgenommen und mit Kastellen befestigt (Günzburg/Guntia, Faimingen). Bis etwa 400 n. Chr. konnte so die Provinz dem Römischen Reich und seinem kulturell-zivilisatorischen Einfluß erhalten werden.


Völkerwanderung, alemannische Besiedlung, Christianisierung


Das Ende der römischen Grenzverteidigung erfolgte nicht durch eine spektakuläre militärische Aktion, sondern aufgrund des allmählichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Spätestens 476 endeten die Soldzahlungen an die römischen Grenztruppen, die sich daraufhin auflösten. Der Rückzug der Römer überließ das Land schutzlos den umherstreifenden Hunnen (bis 453)  und den den Germanenvölkern. Dabei zog ein alemannisches Stammesheer unter einem Herzog Gibuld um 460 bis vor Passau; nur durch das Eintreten des heiligen Severin ließ sich der Alemannenherzog zur Umkehr bewegen. Doch sanken die meisten römischen Städte und Landgüter damals in Schutt und Asche. Bei der ländlichen Bevölkerung aber, soweit sie nicht geflohen war, überlebten jedoch noch Reste römischer Wirtschaftstradition.
Die Alemannen unterlagen erstmals 496/497 in einem für die politische Entwicklung und die siedlungsmäßige Erschließung entscheidenden Krieg ihren Widersachern, den Franken. Endgültig besiegt wurden König (rex) und Stamm (gens) der Alemannen im Jahre 506, als auch der zentrale Fürstensitz Runder Berg bei Urach zerstört wurde. Mit der Zerschlagung der freien selbständigen Alemannia endete die Frühphase der Geschichte des alemannischen Stammes.
Dem Gotenkönig Theoderich (493¬526) ist es offensichtlich gelungen, den Raum der Provinz Rätien nochmals unter die Oberhoheit seines italischen Reiches zu bringen. Er hatte einen Teil der von Chlodwig 506 vernichtend geschlagenen Alemannen in sein Reich, vor allem in die Provinz Rätien, aufgenommen, weshalb er auch den Ehrentitel "Alemannicus" führte. Als der Ostgotenkönig Witigis, einer der Nachfolger Theoderichs des Großen, im Jahre 536 den ostgotischen Anteil Galliens an die Franken abtrat, muß auch das Voralpenland unter fränkische Herrschaft gelangt sein. Fortan waren die Alemannen der fränkischen Herrschaft unterstellt und ins fränkische Reich eingebunden. Alemannische Heerführer wie Leuthari und Butilin eilten im Auftrag der Franken den letzten Goten 553 bei ihrem Endkampf gegen Byzanz am Vesuv zu Hilfe, wobei sie selbst untergingen. Erst gegen Ende des 6. Jahrhunderts bildete sich bei den Alemannen nach Ausweis der Grabfunde wieder Adelsherrschaften aus.
Daß es eine Kontinuität von eingesessenen Romanen und römisch-germanischen Veteranen zu den seit dem Ende des 5. Jahrhunderts siedelnden Alemannen gegeben haben muß, beweisen eine Reihe von keltoromanischen Orts- und Gewässernamen, vor allem aber der für das Jahr 565 bezeugte Kult der heiligen Afra, die um 304 bei der diokletianischen Christenverfolgung in Augsburg dern Martyrertod erlitten hatte.
Der merowingische Brauch der Grabbeigaben blieb im Gebiet der Alemannen sowohl bei einem Teil der Oberschicht als bei der breiten Bevölkerung bis ins 7. Jahrhundert lebendig. Eine kostbare Fundgruppe dieser Zeit  sind die sog. Goldblattkreuze, die sich nur im Bereich alemannischer Siedling finden. Diese aus dünnem Goldblech ausgeschnittenen, teils in Preßtechnik verzierten und nur wenige Gramm wiegenden Kreuze wurden auf Tuch aufgenäht und zur Totenbestattung verwendet. Das Vorbild für diesen Grabbrauch kam von den Langobarden, der wohl von christianisierten Alemannen geübt  wurde.

Christentum und antike Kulturtradition kamen in das Land der Alemannen allerdings später nicht so sehr von Italien her, sondern mit den irischen und fränkischen Glaubensboten aus dem Westen, also mit dem heiligen Kolumban und seinem Schüler Gallus, der zu Beginn des 7. Jahrhunderts das Kloster St. Gallen gründete. Von dort aus missionierte im 8. Jahrhundert auf Ersuchen Bischof Wikterps von Augsburg der heillige Magnus und seine Gefährten das Allgäu, wo in der Folgezeit die Klöster Füssen, Kempten und Ottobeuren entstanden. Mit dem Christentum sickerte auch all das, was die Franken in Gallien (Burgund) an spätantikem Leben aufgenommen und fortgebildet hatten, ins Land.


Seit dem 6. Jahrhundert hatten sich Alemannen im westlichen Teil der Provinz Raetien angesiedelt, der wohl noch bis zur Donau und Iller reichte. Die Ortsnamen auf -ingen künden uns von dieser ersten Siedlungsperiode, zu denen die ältesten Reihengräberfriedhöfe gehören. Den -ingen- und auch -heim-Orten folgten die sog. Ausbau- und Rodungssiedlungen der -hausen- und -hofen¬Orte im 7. und 8. Jahrhundert.


Im Allgäu scheint sich die keltoromanische Bevölkerung stärker gehalten zu haben. Sie wurde erst, wie schon ausgeführt, seit der Mitte des 8. Jahrhunderts christianisiert. Uber die frühe Bistums¬ und Pfarreiorganisation ist in den Quellen so gut wie nichts überliefert. In Anknüpfung an die antike Tradition dürfte unter dem fränkischen König Dagobert zu Beginn des 7. Jahrhunderts jedoch eine Wiedererrichtung des Bistums Augsburg erfolgt sein, also kurz nach der Gründung des "Alemannen"- Bistums Konstanz. Zur Zeit der Völkerwanderung mag das spätantike Bistum Augsburg vielleicht in die schützenden Berge des heutigen Südtirol verlegt worden sein, wie dies auch von anderen Bistümern,
vor allem in der Schweiz, bezeugt ist. In diesem Falle wäre es zum Begründer des Bistums Säben - Brixen geworden. Das Bistum in Chur, der ehemaligen Hauptstadt der römischen Provinz Raetien (I), überstand alle Wirren der Völkerwande- [15] rungszeit und setzte sich ungebrochen unter dem Schutz der Hochadelsfamilie der Viktoriden bis in die Karolingerzeit fort. Im schwäbischen Raum erinnert nur noch der Name "Ries" (=Raetien] an die einstige römische Provinz.


Das frühe alemannisch-schwäbische Stammesherzogtum

Die Frankenkönige dürften das seit Mitte des 6. Jahrhunderts bezeugte alemannische Herzogtum eingerichtet haben. Der Lech scheint damals als Grenzfluß zu den im Osten siedelnden Bajuwaren festgelegt worden zu sein, die unter diesem Namen  damals zum ersten Mal  in den Quellen auftreten. Dabei gilt es heute als sicher, daß östlich des Lechs siedelnde Alemannen in nicht geringer Zahl unter bajuwarische Herrschaft gerieten und bei der  Stammesbildung der Bajuwaren wichtigen Anteil hatten. Das alemannische Herzogtum zerfiel, wie neuere Forschungen zeigen, von Anfang an in mehrere Herrschaftsräume. Das zentrale Herzogsland lag am westlichen Bodensee. Auch hatte Schwaben kein so profiliertes Herzogsgeschlecht, wie dies für Bayern die Agilolfinger waren. Doch zeigt die Archäologie mit der Entdeckung reich ausgestatteter Gräber, daß es in Alemannien mächtige Kleinfürsten gegeben haben muß (z. B. Wittislingen, Runder Berg bei Urach usw.). Auch im älteren alemannischen Herzogtum gab es immer wieder Versuche, die fränkische Oberhoheit abzuschütteln, was jedoch nicht gelang. Die Einrichtung des "Alemannenbistums" Konstanz (vor 596) darf als Werk des fränkischen Königtums gelten. Die Karolinger verfolgten seit dem beginnenden 8. Jahrhundert das Ziel, Alemannien stärker in ihr Reich einzubinden. Die Einschleusung von fränkischem Adel und die Ansiedlung fränkischer Wehrbauern ist unter diesem Aspekt zu sehen, ebenso die Gründung des Klosters Reichenau unter dem heiligen Pirmin (724). Auch das alemannische Stammesrecht (Lex und Pactus Alemannorum), um 620 entstanden, ist fränkisch beeinflußt. Mundartforscher vertreten neuerdings die These, daß auch in sprachlicher Hinsicht von einer "Frankonisierung" des Alemannischen in dieser Zeit gesprochen werden muß. Ein letzter Aufstand alemannischer Adeliger wurde 746 bei Cannstatt blutig nie-dergeworfen. Die Franken beseitigten daraufhin das alemannische Herzogtum und führten die Grafschaftsverfassung mit Grafen an der Spitze ein, die direkt dem Königtum unterstanden.


Alemannien in der Karolingerzeit (746-911)


Es gibt Anzeichen, daß nach 746  Ostschwaben immer mehr zum Aufmarschgebiet der fränkischen Karolinger gegenüber den selbständig in Bayern regierenden Agilolfingerherzögen wurde. Hierher gehört auch die Ansiedlung von Angehörigen unterworfener Stämme (Sachsen, Friesen, Thüringer usw.) wie auch fränkischer Wehrbauern, wie dies nach den For-[6] schungen von R. Dertsch heute noch durch Ortsnamen nachzuweisen ist (z. B. Sachsenried, Friesenried, Ingenried, Frankenhofen usw.). Am Lech standen sich 743 und dann 787 das bayerische und fränkische Heer gegenüber, als Kar! der Große zur Unterwerfung Herzog Tassilos von Bayern ansetzte. Dabei hatte Karl im damaligen Bischof Sintpert von Augsburg einen tatkräftigen Helfer, der wohl mit den Karolingern verwandt war. Zur Belohnung scheint der Bischof nach dem Sieg über Bayern 788 reichen Grundbesitz und das rechtslechische Bistum Neuburg (im Staffelsee oder an der Donau?) zurückerhalten  haben, sodaß heute noch das Bistum Augsburg weit ins Oberbayerische, ja sogar bis vor die Tore Münchens und Ingolstadts reicht. Im Gegensatz zu den bayerischen Bistümern gehörte Augsburg zur Metropole Mainz, wohin es bis zur kirchlichen Neuordnung im beginnenden 19. Jahrhundert verblieb.
Es fällt auf, daß die die Karolinger persönliche Beziehungen zu Schwaben hatten . So war Kar! der Große in zweiter Ehe mit der Schwäbin Hildegart verheiratet, der man als Mitbegründerin des Klosters Kempten bis heute ein besonderes Gedächtnis bewahrt hat. Karls Sohn Ludwig der Fromme hatte in zweiter Ehe die aus dem Schwäbischen stammende Welfin Judith zur Frau, die ihrem Sohn Kar! dem Kahlen 829 Alemannien als Teilkönigtum erstritt. Auch Ludwig der Deutsche war mit der schwäbischen Welfin Hemma verheiratet. Kaiser Kar! der Dicke hatte, bevor er 881 zum letzten Herrscher des Gesamtreiches aufstieg, seit 876 das Teilkönigtum Alemannien inne. Nach seinem Tod 888 fand er auf der Reichenau seine letzte Ruhestätte. Als Vormund des letzten Karolingers Ludwig  mit dem Beinamen das Kind (899-911) trat der geistvolle Augsburger Bischof Adelpero für das vom Niedergang bedrohte ostfränkisch-karolingische Reich ein. Wenige Monate nach seinem Tode 909 brachen im Sommer erstmals die gefürchteten Ungarn in Schwaben ein. 910 verlor der junge König mit dem fränkischen und alemannischen Heerbann seine erste und letzte Schlacht.


Karolingische Kulturzentren


Stärker vielleicht als im benachbarten Bayern, wo sie bereits unter den letzten Agilolfingern einsetzte, bedeutete die Karolingerzeit für Ostschwaben den ersten Höhepunkt seiner wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung. Die überragende Bedeutung der Klöster St. Gallen und Reichenau wie auch der Augsburger Bischofskirche kann dabei kaum überschätzt werden. Ihre Bischöfe und Äbte handelten nicht selten im Auftrag der karolingischen Herrscher, ihre Klosterschulen bildeten hervorragende "Schreiber" für das ganze Reich aus. Hochgebildete Mönche von der Reichenau und aus St. Gallen ragten als Dichter, Chronisten, Buchmaler und Annalenschreiber, Architekten und Musiker im ganzen Karolingerreich hervor (z. B. Ratpert, Tutilo, Notker der Stammler, Walahfried Strabo als Erzieher Karls des Kahlen usw.). Neben Fulda bereicherte vor allem St. Gallen die übri¬gen ostschwäbischen Klöster Füssen, Kempten, Ottobeuren, Ellwangen mit fränkischer "Reichskultur", allerdings in alemannischer Eigenart. So weiß man heute, daß es vor der karolingischen eine eigene alemannische Minuskel gab.
Eine besondere große Ausstrahlung mUß auch die damalige Augsburger Bischofskirche gehabt haben, die allerdings nur bruchstückhaft aus den wenigen noch vorhandenen Quellen durchschimmert. Ein aus der Zeit um 800 erhalten gebliebenes Güterverzeichnis mit Hunderten von Bauernhufen ist jedoch ein untrüglicher Beweis für die damalige weltliche Bedeutung der Bischofskirche von Augsburg. Das Gleiche drückt auch [lö] )
das Augsburger Purpurevangeliar aus, das wohl für Bischof Hanto (um 809¬815) angefertigt wurde. Dem Augsburger Schreiberkreis der Karolingerzeit wird der berühmte Codex des Wessobrunner Gebetes zugewiesen. Karolingische Codizes sind in Ostschwaben auch noch aus den Klöstern Füssen und Ottobeuren vorhanden.
An Architekturresten haben sich nur der Baukern des Augsburger Domes und die noch älteren Grundrisse der St. Johannes-, Godehards- und Galluskirche erhalten. Neuerdings wurden südlich von Augsburg bei Landsberg in einem Barockbau Grundriß und Mauern der karolingischen Klosterkirche Sandau (um 800) entdeckt, die nur einige wenige Male schriftlich erwähnt ist. In den Beständen des Augsburger Diözesanmuseums finden sich Teile der Hülle eines Gürtels aus karmesinroter Seide mit einem reizvoll stilisierten Adler und einer Aufschrift, wonach den Gürtel Bischof Witgar, bis ca. 860 Kanzler Ludwigs des Deutschen, von Königin Hemma, der Gemahlin Ludwigs, erhalten habe. Man kann resümieren: "Während Augsburg schon in frühmittelalterlicher Zeit ein eigenständiges Kulturzentrum mit einer in den westbayerischen Grenzsaum diesseits des Lechs hineinreichenden Ausstrahlung war, standen die Klöster Kempten und Füssen und mit ihnen größere Teile des Allgäus zunächst unter dem Einfluß von St. Gallen. Aber auch die Abteien Reichenau und Fulda, die im Ulmer Winkel, Donautal und Ries Besitzungen hatten, dürften mit ihrer hochstehenden monastischen Kultur befruchtend in den ostschwäbischen Raum hineingewirkt haben" (Adolf Layer).