Geschichte Bayerisch Schwaben 3
Geschichte Bayerisch Schwaben 3
Aufschwung des Bürgertums und der Städte
In weit stärkerem Maße als im benachbarten Bayern ist das
Spätmittelalter in Ostschwaben gekennzeichnet durch den Aufschwung des
städtischen Bürgertums durch Gewerbefleiß und Handel. Auf dem
Lande wurde Flachs angebaut, der verarbeitet im Verlagssystem von den Webern und
Händlern in den Städten abgenommen und als Leinen vertrieben wurde.
Patrizier- und Bürgerfamilien wurden damit so reich, daß sie
Grundherrschaften des verarmten kleinen Adels aufkaufen und auf diese Weise ihr
Geld anlegen konnten. Vielfach aber war der Ministerialenadel in die Städte
gezogen, wo er das älteste Patriziat bildete. Doch konnten die Handwerker
seit dem 14. Jahrhundert in den sog. "Zunftrevolutionen" fast in jeder Stadt das
Mitregiment an der Stadtherrschaft erwerben. So entwickelten sich in den Mauern
der Städte und Märkte die ältesten Formen demokratischer
Selbstregierung in unserem Lande.
Seit dem 15. Jahrhundert setzte auch verstärkt der Fernhandel ein. Augsburg
und Nürnberg lösten das vom Herzogtum Bayern umschlossene Regensburg in
dieser Funktion ab. Es war vor allem der Handel mit der Levante über
Venedig, dann über Antwerpen mit den Produkten der neuen Welt, der Augsburg
reich werden ließ. In den Kleinstädten auf dem Lande herrschte der
sprichwörtlich gewordene schwäbische Gewerbefleiß, der der
Bevölkerung einen gewissen Wohlstand bescherte.
Fugger und Welser
Den Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Blüte erreichte Augsburg im
ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert. Verbunden mit diesem Aufstieg in den Rang
einer internationalen Wirtschaftsmetropole, in der geschäftliche, aber auch
politische und religiöse Weichenstellungen vorgenommen wurden, die weit
über die Grenzen Bayerisch-Schwabens ausstrahlten und teilweise eine
Tragweite hatten, die nach Jahrhunderten zählte, sind ganz wesentlich die
Namen der führenden Augsburger Handelshäuser: die Gossembrot und
Rehlinger, die Höchstetter, Baumgartner und Herwarth. Am geläufigsten
sind aber bis heute die Namen zweier Geschlechter, der Fugger und Welser.
Aufstieg der Fugger
Die Geschichte des späteren Handelshauses Fugger beginnt 1367 mit der
Zuwanderung und Einbürgerung des Hans Fugger (+ um 1408) aus Graben nach
Augsburg. Selbst Sohn eines Kleinbauern und Webers, brachte er es als Kaufmann
bereits durchaus zu Wohlstand, wenn auch noch keineswegs in einer
Größenordnung, bei der seine Nachfahren dann angelangt sind. Hans
hinterließ zwei Söhne: Andreas "der Reiche" (+ 1457), dessen Familie
ab 1462 den Namen "Fugger vom Reh" führte und Jakob der Altere (+ 1469),
Stammvater der Linie der "Fugger von der Lilie". Beide Brüder betrieben
unabhängig voneinander Handel mit Webwaren und Metallen und bauten den
Wohlstand der Familie weiter aus. Jakob zählte bei seinem Tod zu den
wohlhabendsten Bürgern Augsburgs. Während allerdings das Vermögen
derer vom Reh bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts einem Bankrott zum Opfer
fiel, sollten aus der Linie Jakobs des Älteren die ersten
"Großkapitalisten "der frühen Neuzeit hervorgehen.
Neben seinen Brüdern Georg (1453-1506) und Ulrich (1441-1510) war der
jüngste Sohn Jakobs des Älteren, Jakob der Reiche (1459-1525), die
treibende Kraft bei der ständigen Expansion des gemeinsamen Unternehmens.
Unter der Agide des ursprünglich wohl für den geistlichen Stand
vorgesehenen - was heute jedoch bestritten wird - Jakob wandelte sich die
einstige Familienfirma der schwerpunktmäßig Handel treibenden
Kaufleute in einen international operierenden Finanz- und Wirtschaftskonzern, der
sich an jedem Geschäft beteiligte, das Gewinn abzuwerfen versprach.
Grundlage der Fuggerschen Transaktionen war das bereits von Jakob dem
Älteren begonnene Engagement in der Montanindustrie. Diesen Zweig ihrer
Geschäfte bauten die Söhne zielstrebig weiter aus. Lag der Schwerpunkt
zunächst noch im Salzburger Land und in Tirol, so beteiligten sie sich schon
1494 an Kupfergruben in der ungarischen Slowakei. Sie gründeten gemeinsam
mit einem Unternehmer vor Ort - Johann Thurzo - eine Gesellschaft zum Betrieb und
zur wirtschaftlichen Ausbeute des dortigen Bergbaus. 1495 erfolgte der Erwerb
mehrerer Weiterverarbeitungsbetriebe und 1496 schlossen die Fugger einen Vertrag
mit König Maximilian, der weitere Gewinne im Tiroler Silbergeschäft
ermöglichte.
Die WeIser waren ebenfalls im Tiroler Silbergeschäft aktiv. Gleichzeitig
streckten sie ihre Fühler nach Antwerpen und Portugal aus, um dort über
den neuen Handelsschwerpunkt Lissabon die Beteiligung an dem aufblühenden
Handel mit Gütern aus Ostindien zu erreichen. Auch die Fugger ließen
sich diese Aussicht auf reiche Gewinne nicht entgehen. 1504 beteiligten sie sich,
ge[35]meinsam mit den Welsern und anderen Augsburger Firmen, finanziell an der
Fahrt von drei Handelsschiffen nach Indien, die 1506 nach einjähriger
Abwesenheit nach Lissabon zurückkehrten und deren Erfolg für die
Investoren mehr als befriedigend war.
Während also ihr Wirtschaftsimperium ständig wuchs, investierten die
Fugger auch der Ebene politischer Macht und unterstützten König
Maximilian bei seinem Bemühen um die Kaiserkrone und später bei der
Wahl seines Enkels Karl zum Thronfolger. Neben der ständigen Erweiterung
ihrer Erzausbeute - der Kaiser beglich seine Schulden bei den Augsburger
Geldgebern regelmäßig durch die Ubertragung weiterer Abbaurechte,
jeweils zuzüglich neuer finanzieller Forderungen - hatte die Allianz
zwischen Finanzier und Herrscherhaus für ersteren auch gesellschaftliche
Vorteile: 1511 wurde Jakob in den Adelsstand, 1530 in den Grafenstand erhoben,
was ihm die Möglichkeit bot, Ländereien und Grundherrschaften in
größerem Stil zu erwerben. Und Grundbesitz ist es auch, was bis heute
den Grundstock des Fuggerschen Vermögens bildet.
Die zum Erwerb dieses Grundbesitzes notwendigen Mittel stammten längst nicht
mehr allein aus dem Erzgeschäft. Uber ein weitverzweigtes Netz von
Faktoreien, Firmenbeteiligungen und Kontaktleuten trieben die Fugger Handel mit
allem, was Aussicht auf Gewinn versprach. Vom Fondaco dei Tedeschi in Venedig aus
tätigte der Neffe Jakobs, Anton Fugger (1493-1560), Geschäfte mit
Kupfer, Silber, Blei, Messing, Gewürzen und Textilien. Bis 1527 unterhielten
die Fugger eine Niederlassung in Rom, die Bankgeschäfte betrieb, die
päpstliche Münze belieferte und an dem regen und einträglichen
Ablaßhandel beteiligt war. Uber Mailand wurden Geschäfte mit Kupfer,
Silber und Waffen abgewickelt, über Marseille mit Gewürzen gehandelt
und aus Spanien Quecksilber bezogen. Die Fugger hatten Niederlassungen in
Leipzig, Erfurt und Hamburg ebenso wie in Antwerpen, wo Pfeffer, Gewürze,
Zucker, Tuch, Erz und Güter aus der gewerblichen Produktion umgeschlagen
wurden.
Krisen und Rückschläge
Nicht immer konnten die Fugger ungestört ihren Geschäften nachgehen. In
den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts erhoben sich Widerstände
gegen die Allianz aus Kirche, Kaiser und Kapital. Unter dem Einflub der
Lutherischen Reformforderungen mußte sich das Handelshaus gegen Aufruhr in
Augsburg wehren. In Tirol und Ungarn bedrohten Bauernaufstände den Erzhandel
und schlieblich versuchte der Adel, die ständig mehr Macht und Einfluß
gewinnenden Geldleuten durch eine Klage vor dem Reichskammergericht in die
Schranken zu weisen. Auch wenn diese Krise mit Unterstützung Kaiser
Karls V. und Erzherzogs Ferdinand von Osterreich gemeistert werden konnte, wurde
die Stadt Augsburg, und damit auch die dort ansässigen Fugger, weiterhin von
vor allem religiös bedingten Unruhen heimgesucht, die nun, nach dem Tod
Jakobs am 30. Dezember 1525, dessen Neffe Anton durchzustehen hatte.
Dieser richtete zu Beginn der dreißiger Jahre sein Augenmerk zunehmend auf
den vor wenigen Jahrzehnten neuentdeckten Kontinent Südamerika.
Vorausgegangen waren hier schon die Welser, die seit 1528 im Auftrag des Kaisers
bemüht waren, die südamerikanische Nordküste zu kolonisieren.
1529/30 gründeten sie dort Klein-Venedig: Venezuela. Sie versuchten bis in
die vierziger Jahre, Handelsmöglichkeiten zu erschließen, aber auch
immer wieder, die sagenumwobenen Goldschätze im Landesinneren zu finden -
beides Aktivitäten, die trotz jahrzehntelanger Bemühungen nicht zum
Erfolg führten. Anton Fugger, der 1531 einen Vertrag über den Besitz
weiter Gebiete an der Westküste Südamerikas abgeschlossen hatte,
reagierte schneller: schon drei Jahre später zogen sich die Fugger wieder
völlig aus diesen Unternehmungen zurück.
Weiterhin standen die Fugger der Reformation ablehnend gegenüber, und als
Karl V. 1546 gegen den Schmalkaldischen Bund zu Felde zog, standen sie auf Seiten
des Habsburgers und unterstützten ihn wie die Welser mit hohem finanziellen
Einsatz.
Obwohl sie weiterhin geschäftlich aktiv waren, begann schon in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts die Abkehr der Fugger von wirtschaftlichen
Unternehmungen. Schon immer hatten sie sich ja im sozialen und
künstlerischen Sektor engagiert. Die von Jakob begründete
Fuggerei in Augsburg, die älteste Sozialsiedlung der Welt,
legt davon ebenso Zeugnis ab wie ihre Aufträge für Architekten
(Damenhof), Orgelbauer und Maler wie Hans Holbein d. A., Hans Burgkmair und
Albrecht Dürer. Dieser Tradition folgend, wandten sich die Nachfahren Antons
zunehmend der Wissenschaft und Kunst zu; sie konnten dies umso eher tun, als
Jakob und Anton Fugger bereits Herrschaften auf dem flachen Lande erworben hatten
und diese nicht in das Geschäftsrisiko miteinbezogen. So überlebten die
Fugger wirtschaftlich und standesmäbig als Landedelleute, Grafen und
Fürsten bis zum heutigen Tag. [38]
Reformation, Gegenreformation und Barockzeit
In den Städten, vor allem in Augsburg, hatte sich humanistisches Gedankengut
ausgebreitet, ja sogar die Renaissance Eingang gefunden wie in der Fugger -
Grabkapelle in St. Anna. Das geistige Haupt der Humanisten war der Augsburger
Stadtsyndikus Dr. Konrad Peutinger, der römische Literatur und
Altertümer erforschte. Auch in der Geistlichkeit hatte die neue, aus Italien
einströmende Geistigkeit Freunde gefunden. Doch brachte auch hier wie
anderswo die Reformation eine tiefe Spaltung der Geister. Durch die häufig
stattfindenden Reichstage ist Augsburg auch für die allgemeine
Reformationsgeschichte bedeutsam geworden. Nach Schluß des Reichstags von
1518 mußte sich der Augustinermönch Dr. Martin Luther, der im
Karmeliterkloster St. Anna wohnte, vor dem päpstlichen Legaten Kardinal
Cajetan wegen seiner Thesen einem Verhör unterziehen. Als Luther wegen
seiner Verweigerung des Widerrufs die Verhaftung drohte, verhalfen ihm
einflußreiche Augsburger zur Flucht.
Durch zwei weitere Reichstage ist Augsburg dann in die allgemeine
Refor-mationsgeschichte eingegangen: Auf dem Reichstag von 1530 wurde Kaiser Karl
V. in der bischöflichen Residenz das aus 28 Artikeln bestehende und noch
heute gültige Glaubensbekenntnis des Luthertums, die Confessio
Augustana überreicht. Auf dem Reichstag von 1555 wurde im alten
Rathaus der Augsburger Religionsfriede verkündet, der die Lutheraner den
Katholiken im Reich rechtlich gleichstellte. Als Augsburger Besonderheit wurde
auf dem Westfälischen Frieden 1648 die Parität zwischen Katholiken und
Protestanten eingerichtet. Seitdem wird jährlich am 8. August das
Friedensfest gefeiert, heute noch in Augsburg ein gesetzlich geschützter
Feiertag.
Für den Verlauf der Reformation in Schwaben von Bedeutung, daß
kaum ein deutsches Land staatlich so zersplittert war wie gerade der
Schwäbische Reichskreis. Dementsprechend war auch die konfessionelle
Aufsplitterung, die nicht selten auch kleinste Dörfer nach dem 1555
endgültig festgelegten Grundsatz "cuius regio, eius religio" entzweite.
Besonders kraß tritt diese religiöse Zersplitterung im Ries in
Erscheinung, wo sich die regierenden fürstlichen Linien auch religiös
gespalten hatten. Protestantisch waren vor allem die Reichsstädte und eine
Reihe kleiner Adelsherrschaften geworden und geblieben. Hinzu kamen in einer
Reihe von Territorien die Judenorte, in denen sich Juden seit ihrer Austreibung
aus den Städten im 15. Jahrhundert angesiedelt hatten (z. B. Ichenhausen mit
heutigem Synagogemuseum). Sie sind heute Gegenstand intensiver historischer
Forschung.
Eine Folge der Glaubensspaltung waren zum guten Teil die Aufstände und
Kriege des Reformationsjahrhunderts, die Schwaben arg in Mitleidenschaft zogen:
der Bauernkrieg von 1525 (zwölf Memminger Artikel), der Schmalkaldische und
der Dreißigjährige Krieg, der durch seine Verwüstungen und die in
seiner Folge grassierenden Seuchen tiefe Lücken in die Bevölkerung
riß, die erst durch Zuwanderung aus Bayern, Osterreich, Tirol, Vorarlberg
und der Schweiz langsam wieder aufgefüllt werden konnten.
Das Hauptereignis der Gegenreformation in Schwaben war die Rekatholisierung der
sog. "jungen Pfalz" Neuburg nach dem Glaubenswechsel des Pfalzgrafen Wolfgang
Wilhelm 1613. Wesentlichen Anteil daran hatten die Jesuiten, die
Fürstbischof Otto Truchseß von Waldburg (1543-1573) als der
große katholische Erneuerer Schwabens ins Land gerufen hatte. Auf Bischof
Otto geht die 1549/1551 erfolgte Gründung der Universität Dillingen -
der Traditionsuniversität der heutigen Universität Augsburg - und ihre
Ubertragung an die Jesuiten 1563 zurück. Für die teilweise
Rekatholisierung Augsburgs war die Gründung des Jesuitenkollegs St. Salvator
mit Gymnasium und Lyceum von Bedeutung, an dem der berühmte Jesuit Petrus
Canisius (1521-1597) wirkte.
Barock und Barockkultur hatten in Augsburg noch vor dem großen Krieg durch
die berühmten Bauten von Elias Holl (Augsburger Rathaus mit Goldenem Saal)
ihren Eingang gefunden. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fand die neue
Kunstrichtung in zahlreichen Kirchen- und Residenzbauten ihren Ausdruck (z. B.
Ottobeuren, Kempten usw.). In den Gymnasien der Jesuiten und der katholischen
Klöster wurde der Jugend eine religiös und musisch orientierte
klassische Bildung vermittelt, deren Inhalte erst wieder erforscht werden
müssen. Mehr als bisher angenommen strömten nach Aufhebung der Jesuiten
1773 Inhalte der christlichen Aufklärung in die Klöster Schwabens ein.
Insofern bedeutete die Säkularisation mit der Aufhebung der
ostschwäbischen Universität Dillingen und der zahlreichen
klösterlichen wie auch städtischen Bildungsstätten einen
kulturellen Kahlschlag. Erst in den letzten Jahrzehnten begann sich
Schwaben durch den von der Regierung Goppel initiierten innerbayerischen
"Kulturföderalismus" durch Neugründung zahlreicher Gymnasien und
weiterführender Schulen in der "Provinz" zu erholen. [40 ]
Das "Bayerisch-Werden"
An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert begann für Bayerisch-Schwaben
ebenso wie für ganz Bayern eine neue geschichtliche Epoche, die vor allem
mit dem Namen eines Mannes verbunden ist: Maximilian Graf von Montgelas
(1759-1838). Montgelas, Sohn eines aus Savoyen stammenden bayerischen Generals,
wurde unter Kurfürst Max IV. Joseph (1756-1825), dem späteren
bayerischen König Maximilian I., als bayerischer Minister damit betraut, das
gesamte bayerische Staatswesen neu zu organisieren und zu zentralisieren.
Basierend auf dem Gedankengut der Aufklärung und orientier an der
politischen Organisation des neuen, postrevolutionären Frankreich, sollte
aus einer Vielzahl zersplitterter geistlicher und weltlicher Territorien, die bis
dato die bayerische und auch die schwäbische Landschaft geprägt hatten,
ein einheitliches Staatsgebilde werden.
Säkularisation des Kirchenbesitzes
Wesentliche Grundlage für diese Neuordnung war die Beendigung der in
Jahrhunderten gewachsenen geistlichen Herrschaft, vor allem die Aufhebung
der geistlichen Fürstentümer sowie der reichsunmittelbaren und der
mediaten Klöster und Abteien im Zuge der Säkularisation
1802/1803.
Die Aufhebung dieser geistlichen Stifte und Territorien, die dem bayerischen
Staat Einnahmen zwar nicht im erhofften Ausmaß, aber doch in Höhe von
vielen Millionen Gulden und insbesondere mittelbar in Form des umfänglichen
klösterlichen Waldbesitzes eingebracht hatte, hatte jedoch vor allem soziale
und immaterielle Verluste im Gefolge. Nicht nur das geistliche, sondern auch das
geistige Leben, dessen Zentren Klöster und Abteien
traditionsgemäß waren, erfuhren ein gewaltsames Ende. Auch
wenn schon mit der Reformation das Bürgertum in die Welt von
Wissenschaft und Kunst,die bis dahin Monopol der Kirche war, vorgedrungen,
so hatten die Klöster auch weiterhin bedeutende Gelehrte hervorgebracht
und, wie D. Stutzer gezeigt hat, gerade auf dem flachen Land mit seiner
überwiegend bäuerlich geprägten Bevölkerung wichtige
Funktionen im Bereich der schulischen Bildung und im sozialen Leben wie z. B. der
Versicherung, Geldanlage und der Versorgung in Notzeiten erfüllt. Was zudem
während der Durchführung der Klosteraufhebung aufgrund von Ignoranz und
Unwissen seitens der Ausführenden an wertvollen Kulturgütern der
Vernichtung anheim fiel, entzieht sich jeder Schätzung; erinnert sei an die
kostbaren Gemälde, kirchlichen Gerätschaften und vor allem an die
Klosterbibliotheken wie z.B. des Fürststifts Kempten, der Reichsstifte St.
Ulrich und Afra zu Augsburg, Ottobeuren, Irsee, Wettenhausen, Ursberg,
Roggenburg, Elchingen, Hl. Kreuz in Donauwörth, der Reichskartause Buxheim,
Edelstettens und anderer mediater Klöster. Durch die gleichzeitig erfolgte
Mediatisierung, d. h. Unterstellung unter einen Fürsten anstatt der
früheren Reichsunmittelbarkeit, wurden alte und bedeutende Reichsstädte
wie Ulm, Kempten, Memmingen, Kaufbeuren, Ravensburg und Nördlingen
bayerisch.
Die schwäbischen Neuerwerbungen bildeten zunächst die Provinz Schwaben
unter einer neuen Landesdirektion Ulm. Das fürstliche Haus
Öttingen-Wallerstein erhielt für die verlorene Herrschaft Dachstuhl (im
heutigen Saargebiet) die Klöster Hl. Kreuz in Donauwörth und St. Mang
in Füssen. Das Bündnis Bayerns mit Frankreich im
französisch-österreichischen Krieg von 1805 brachte durch die
Verträge von Brünn und Preßburg größere
österreichische Gebiete, die Markgrafschaft Burgau, die Grafschaft
Königsegg- Rothenfels, das Fürstentum Lindau und damals auch ganz
Vorarlberg. Ebenso kam die Reichsstadt Augsburg 1806 an Bayern. Die noch
übrigen Gebiete weltlicher Fürsten und Grafen fielen durch die
Rheinbundakte vom 12.7.1806 an Bayern, das seit 1.1.1806 Königreich war.
Durch die Niederlegung der Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation am 6.8.1806 wich der habsburgisch-reichische Einfluß in
Schwaben endgültig zurück. Damit waren auch die Fürsten von
Öttingen-Wallerstein und Öttingen¬Spielberg sowie die Fuggerischen
Herrschaften und mehrere österreichische Adelige (Schwarzenberg, Stadion)
unter Bayern mediatisiert.
Der unter französischer Einwirkung in Paris zwischen Bayern und
Württemberg abgeschlossene Staatsvertrag vom 18. 5. 1810 setzte die heute
noch gültige Westgrenze Bayerns fest. Durch die staatliche Neuorganisation
im Zuge der Verfassung von 1808 wurde das Land ohne Rücksicht auf die bisher
bestehenden Einrichtungen in Provinzen eingeteilt [41], und zwar in
"möglichst gleiche Kreise und soviel tunlich nach natürlichen
Grenzen" . Damit wurden auch in Schwaben, von einigen Patrimonialgerichten
abgesehen, alle historischen Länder und Territorien beseitigt und der
Oberdonaukreis (mit der Hauptstadt Ulm) und der Lechkreis (mit der Hauptstadt
Augsburg) gebildet. Aus mehrmaligen Umorganisationen ging schließlich 1837
der nun "Schwaben und Neuburg" umbenannte vormalige Oberdonaukreis hervor, der
größere Veränderungen erst wieder durch die Gebietsreform von
1972 erfuhr. Dabei gelangte Aichach (mit Wittelsbach) an Schwaben, Neuburg
aber an Oberbayern.
So sehr einerseits also Umbau und Neuorganisation des Staatswesens im Hinblick
auf gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen - wie den
ständig zunehmenden Druck der europäischen Großmächte oder
die bereits von Engand her raufdämmernde industrielle Revolution mit all
ihren Chancen, aber auch den Risiken für ein zu neunzig Prozent agrarisch
strukturiertes Gemeinwesen - notwendig und wünschenswert waren, so deutlich
wird andererseits, daß die Vereinheitlichung des schwäbischen
"Fleckerlesteppichs" die Zerstörung kleinräumiger, gewachsener
Netzwerke politischer, kirchlicher, rechtlicher, wirtschaftlicher, aber auch
geistiger Natur bedeutete, was zunächst große negative
Begleiterscheinungen hatte.
Der Weg in die Industriezivilisation
Montgelas' Reformen hatten, neben ihrer politischen Dimension, vor allem auch den
Effekt, daß mit ihnen eine der wesentlichen Grundvoraussetzungen für
eine wirtschaftliche Entwicklung geschaffen wurde, die in den folgenden
eineinhalb Jahrhunderten das Leben der bayerischen Menschen grundlegend
verändern sollte - die Industrialisierung. Im zentralistisch aufgebauten
Flächenstaat Bayern konnten wesentliche Neuerungen im infrastrukturellen
Bereich durchgeführt werden: Ausbau des Strassennetzes, der
Wasserstraßen und schließlich der ersten deutschen Eisenbahnen
Nürnberg - Fürth und Augsburg - München (1835-1840), wenn diese
auch zunächst, da das Hauptaugenmerk König Ludwig I. auf der Schiffahrt
lag, von staatlicher Seite stiefmütterlich behandelt wurde und
privatwirtschaftlich organisiert war.
Im Vergleich mit anderen deutschen Staaten ging die Industrialisierung in Bayern
eher langsam und keineswegs flächendeckend vonstatten. Es bildeten sich
vielmehr mit den ständig wachsenden Städten industrielle "Inseln" in
einem weiterhin stark ländlich-agrarisch geprägten Umfeld.
Für Bayerisch-Schwaben war dies vor allem die alte Handelsstadt Augsburg,
die für eine geraume Zeit bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts
hinaus durchaus als eine der Zentren der gesamtbayerischen Industrialisierung
gelten darf. Augsburg war der zentrale Bankplatz in Bayern, einer der ersten im
Zollverein; hier entwickelten sich die Kammgarnspinnerei, die mechanische
Baumwollspinnerei und Weberei, aber auch die Schwerindustrie wie etwa die
Messingfabrik Beck & Cie. und die Augsburger Maschinenfabrik Sandner, aus der
die heutige MAN hervorgegangen ist. Untrennbar verbunden mit dem Weg in die
Industriegesellschaft sind die bis heute bekannten Namen von Bankiers,
Unternehmer- und Politikerpersönlichkeiten wie Ferdinand von Schaezler
(1795-1856), Ludwig August Riedinger (1809-1879) oder der Augsburger
Bürgermeister Dr. Richard Heinrich Carron du Val (1793-1846). Neben Augsburg
sind als dominierende Industriestandorte zu nennen Kaufbeuren, Immenstadt
und Kempten als Zentren des Textilgroßgewerbes, aber auch die bereits 1869
einsetzende Bergtouristik im Allgäu als Wirtschaftsfaktor von ständig
zunehmender Bedeutung.
Untergang vorindustrieller Gewerbe
Für viele traditionelle "Industrien" allerdings bedeutete die
wirtschaftliche Entwicklung des 19. Jahrhunderts das Aus. So erlosch die
Leinenweberei im südlichen Bayerisch-Schwaben ebenso wie die Wollweberei in
Nördlingen. Auch die Lautenmacherei in Füssen und die traditionsreiche
Friedberger Uhrmacherei gingen im Wandel der Zeit zugrunde.
Daneben erfuhr vor allem das tägliche Leben der Menschen im ländlichen
Bereich tiefgreifende wirtschaftliche und soziale Veränderungen. Wo vordem
ein von der Natur vorgegebener Tages- und Jahresablauf den Gang der Zeit bestimmt
hatte, traten nun die von maschinellen Abläufen und künstlichem Licht
geschriebenen Gesetze der Fabriken unter dem Diktat der Gewinnmaximierung in
Kraft. Es mag in heutiger Zeit, wo um die 35-Stunden-Woche gerungen wird,
verwunderlich erscheinen, daß vor Einsetzen der Industrialisierung
tatsächlich in vielen Bereichen weniger gearbeitet wurde als heute. Eine
Fülle von Feiertagen, Wallfahrten und Kreuzgängen unterbrach immer
wieder den Arbeitsablauf auf dem Lande, was zwar die Produktivität
einschränken mochte, Lebensqualität und Lebensgefühl aber sicher
ganz wesentlich erhöhte. Dies änderte sich für alle jene, die nun
in der Stadt arbeiteten, Arbeitszeiten von bis zu 15 Stunden täglich waren
keine Seltenheit. Der Wohnraum in den Städten war zunächst noch bei
weitem zu knapp bemessen für die Aufnahme der neuen Arbeitskräfte,
sodaß von den Pendlern aus den umliegenden Gemeinden oft noch ein
mehrstündiger Fußmarsch zur Arbeitsstätte in Kauf genommen werden
mußte. Unter diesen Umständen nimmt es nicht wunder, daß die
Arbeit in der Stadt von vielen Betroffenen auf dem Lande als sozialer Abstieg
gewertet wurde, obwohl sie damit einer Situation entkamen, die sicher oft unter
der Armutsgrenze lag. Gar manche wählten deswegen den Weg der
Auswanderung nach Nordamerika, wo das weithin unbesiedelte Land eine
Fortführung der gewohnten Lebensweise versprach.
Rückgang der Landwirtschaft
Legt man zugrunde, daß die Industrialisierung in Bayerisch-Schwaben erst um
die Mitte des 20. Jahrhunderts sich durchgesetzt hatte, so beobachten wir
über einen Zeitraum von 150 Jahren seit Beginn des 19. Jahrhunderts an recht
eigentlich den Umbau einer fast in toto agrarisch strukturierten Gesellschaft in
zwei Zivilisationen, die in wesentlichen Bereichen unabhängig voneinander
und parallel existierten: hier die Städte als Industriestandorte, die
ländliche Taglöhner, Handwerker und Gewerbetreibende anzogen und in die
werdende Industriegesellschaft integrierten; dort weiträumig nach wie vor
agrarisch strukturierte Gebiete, die durch die Abwanderung dieser Berufsgruppen
in ihrem wirtschaftlichen Aufbau, aber auch in vielen Bereichen des Soziallebens
ländlich blieben oder sogar noch ländlicher wurden, als sie dies
über Jahrhunderte hinweg in ihrer Mischung aus Haupt- und
Nebenerwerbslandwirtschaft, Heimarbeit und Dorfhandwerk gewesen waren. Obgleich
vorher schon eine gewisse Abnahme festzustellen ist, so kam es in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer rapiden Verminderung der
landwirtschaftlichen Anwesen und der im Agrarbereich tätigen
Bevölkerung auf unter 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das
traditionelle Dorf erlebte einen bisher nie gekannten Umbruch, dem man neuerdings
durch eine mehr kosmetische "Dorferneuerung" zu steuern versucht.
Insgesamt kann man jedoch sagen, daß in Bayerisch-Schwaben, partizipierend
an der gesamtbayerischen Entwicklung und Prosperität, eine glückliche
Synthese zwischen Aufbruch und Moderne, traditionalen und progressiven Momenten
hergestellt wurde. Maschinenbau und Raumfahrttechnik bei MAN und MBB in Augsburg;
Computertechnologie und -entwicklung bei Siemens in Augsburg und Haunstetten;
mittelständisches Unternehmertum und kleine und mittlere Handwerksbetriebe,
gebündelt im für das ganze Bundesgebiet beispielhaften Augsburger
Gewerbehof mit seinem zukunftsweisenden, systemorientierten Konzept stehen neben
schon als postindustriell zu bezeichnenden Wirtschaftsfaktoren wie dem
Fremdenverkehr etwa im Allgäu, wo in natürlich erhaltenen
Landschaftsräumen jährlich Zehntausende von Touristen Erholung und
Abstand vom industriellen Alltag suchen.
Schlußbetrachtung und Ausblick
Am Eingang dieser Ausführungen ist das "Bayerischwerden" Ostschwabens und
die Entstehung des Regierungsbezirks Schwaben geschildert worden. Mancher Schwabe
verstand den Stoßseufzer des Thalhofener Pfarrers Magnus Scharpf, den er in
der Stille seines Kämmerleins ausgestroßen hat - eine laute
Deklamation hatte einige Male zu Schwierigkeiten geführt: "Wir sind also
bayerisch. Gott gnade uns allen! (Amen)". Doch ganz so schlimm kam es
nicht.
Das "Bayerischwerden" Ostschwabens und Augsburgs seit 1803 hatte nämlich
nicht nur Nachteile. Die Einbeziehung in einen größeren Staatsverband
ließ Handel und Wandel eder freiheitlicher werden und den oft engen
Kirchturmshorizont überwinden. Die negativen Folgen von Säkularisation,
Mediatisierung und Provinzialisierung wirken jedoch teilweise bis zum heutigen
Tag noch nach. Die wertvollsten Kunst-, Archiv- und Bücherschätze der
schwäbischen Klöster und Reichsstädte wurden nach München
verbracht, zahlreiche klösterliche und städtische Bildungsstätten
aufgehoben, vor allem die Universität des Ostschwabenlandes in Dillingen,
die seit ihrer Gründung 1549 ein Hort der Bildung und Gelehrsamkeit gewesen
war. Das alles wurde oben schon gesagt.
Während das Land so im 19. Jahrhundert kulturell ausdünnte, machte der
schwäbische Fleiß und Erfindergeist sich sehr bald die Vorteile der
Industrialisierung zu eigen. In Augsburg fanden zahlreiche verarmte Weber und
ländliche Dienstboten in den neuen Fabriken Arbeit und Brot. Die ehemalige
Reichsstadt und nunmehrige Provinzhauptstadt versuchte so, ihre Degradierung von
der reichsfreien Stadtrepublik zur bayerischen Provinzstadt zu kompensieren.
Gegen die immer gröber werdende Konkurrenz der nahen, aufstrebenden
Residenzstadt München sank sie jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer
weiter zurück. Auf dem Lande betrieb man einerseits in bestimmten Gegenden
rege das Gewerbe, im Allgäu führte man die Milchwirtschaft ein, die die
Einkünfte aus der Flachsbearbeitung ersetzte ("vom blauen zum grünen
Allgäu"). Andererseits kehrte doch in vielen Dörfern und
Kleinstädten wenn nicht gerade Armut, so doch eine grobe Kargheit der
Verhältnisse ein. Schwäbisches Selbstbewußtsein, Volkstum, Tracht
und Lied drohten mehr und mehr verlorenzugehen.
Wenn Bayerisch-Schwaben im 19. Jahrhundert nicht "bajuwarisiert" wurde,
wofür starke Ansätze vorhanden waren, so hatte dies neben der
beharrenden Kraft des schwäbischen Bauerntums seinen Grund vor allem in der
Heimatbewegung, die am Ende des 19. Jahrhunderts vom
Riehl-Schüler Christian Frank aus Kaufbeuren entfacht wurde
und zähen Widerstand gegen das Eindringen der negativen Auswirkungen
der "Fabrikzivilisation" in die ländliche Welt Schwabens leistete.
Persönlichkeiten wie Dr. Barthel Eberl, der erste hauptamtliche
Heimatpfleger Bayerns seit 1929, Dr. Alfred Weitnauer, sein Nachfolger, Dr. Otto
Merkt, der burgenbegeisterte Oberbürgermeister aus Kempten waren es dann,
die das Schwabenturn wiedererweckten, auch da, wo es fast schon abgestorben war.
Uberall im Land wurden Heimatvereine gegründet, die schwäbisches
Brauchtum, Tanz, Volkslied von neuem vermittelten und dem schwäbischen
Dialekt in Wort und Schrift zur Anerkennung verhalfen. Vor allem gelang es so,
den tiefsitzenden schwäbischen Minderwertigkeitskomplex gegenüber den
Bayern langsam abzubauen und ihn durch schwäbisches Selbstbewußtsein
zu ersetzen. Dabei war es die einmalig genützte Chance, daß
schwäbische Heimatbewegung und schwäbische Bezirksselbstverwaltung fast
von Anfang an in eine fruchtbare Verbindung eingingen.
Der Bezirk Schwaben fühlt sich nicht nur als kommunaler
Selbstverwaltungskörper der dritten Ebene den sozialen Pflichtaufgaben
verpflichtet, sondern er unterstützt im Rahmen seiner freiwilligen
Leistungen schwäbische Volks- und Heimatkultur auf fast allen Gebieten. Ein
Höhepunkt dieser Bestrebungen, lange Zeit unzertrennlich mit dem Namen
des schwäbischen Bezirkstagspräsidenten Dr. Georg Simnacher
verknüpft, war der "Schwabenzug" im Rahmen der Feierlichkeiten zum
zweitausendjährigen Bestehen der Stadt Augsburg 1985. Neben dem
Schwäbischen Bildungszentrum Irsee ist das neue Schwäbische
Volkskundemuseum im Kloster Oberschönenfeld eine vom Staat unabhängige,
vom Bezirk getragene Einrichtung, die schwäbische Geschichte und Eigenart
vielfältig dokumentiert.
Eine weitere Ebene schwäbischer Selbstverwaltung sind die Vereinigungen der
schwäbischen Industrie, des Handels und des Handwerks. Weltoffen wie ihre
großen Vorläufer im 16. Jahrhundert, sind die schwäbischen
Betriebe doch stärker als anderswo mit ihrem örtlichen
schwäbischen Firmensitz verbunden und üben das traditionelle
Mäzenatentum aus, soweit dazu die Mittel reichen. Nicht vergessen werden
darf an dieser Stelle die schwäbische Gliederung des Bauernverbandes, die
bodenständiges Schwa-benturn vertritt.
Unter den schwäbischen Städten nimmt Augsburg als Hauptstadt des
Regierungsbezirks und als dritte Großstadt des Freistaats Bayern eine
besondere Stellung ein. Als Sitz der kriegswichtigen MAN-und Messerschmittwerke
hat ihr der Luftkrieg 1944 empfindliche Wunden zugefügt und einmalige
Kultursubstanz zerstört. Der zähe Wiederaufbauwille der Augsburger
Bevölkerung ließ die Schäden des Krieges in der Nachkriegszeit in
erstaunlich kurzer Zeit vernarben und die Stadt wieder zu neuer Blüte
entstehen. Symbol für einen gewissen Abschluß des Wiederaufbaus war
die Restaurierung des Goldenen Saales im Rathaus zur 2000-Jahr-Feier 1985.
Augsburg bemüht sich heute, als Industrie- und Behördenstadt auch eine
Stätte der Kultur, Kunst und Wissenschaft zu sein und dabei - trotz der
Nähe Münchens -, eigene, unverwechselbare Akzente zu setzen. Seit 1970
wird Augsburg und Schwaben dabei von einer Universität unterstützt, die
heute bereits mit fast 15000 Studenten die fünftgrößte unter den
zehn bayerischen Universitäten und wissenschaftlichen Hochschulen ist. Die
1980 vom Freistaat Bayern erworbene "Oettingen-Wallerstein-Bibliothek" mit den
Beständen von fünf ehemaligen schwäbischen Klosterbibliotheken
wurde seit 1990 zur Grundlage eines "Instituts für europäische
Kulturgeschichte der frühen Neuzeit" an der Universität Augsburg.
Mit der Verlegung des schwäbischen Staatsarchivs von Neuburg/Donau nach
Augsburg im Jahr 1990 kehrten in großem Umfang auch ehemalige Bestände
schwäbischer Archive von München nach Schwaben zurück. Seit 1949
ist die "Schwäbische Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für
bayerische Landesgeschichte (SFG)" in Verbindung mit dem Staatsarchiv
bemüht, den einmaligen Schatz schwäbischer Geschichts-quellen durch
Edition und Auswertung zu erschließen. [48]
Literatur in Auswahl
BAER, Wolfram u. a. (Hrsg.): Augsburger Stadtlexikon. Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Recht, Wirtschaft. Augsburg 1985, 2. Aufl. - Heute auch im Internet!
CHRISTLEIN, Rainer: Die Alemannen. Stuttgart 1978.
Das Bistum des heiligen Ulrich. Epochen -Gestalten - Probleme. Eine kleine Geschichte des Bistums Augsburg. Augsburg 1983.
Das Bistum des heiligen Ulrich. Die Geschichte des Bistums Augsburg. Heft 1 und 2. Editions du Signe. Straßburg 1990 und 1991 (mit Literaturangaben).
FRIED, Pankraz: Voraussetzungen und Auswirkungen der frühen Industrialisierung in Bayern - Die Situation auf dem Lande, in: MÜLLER, Rainer A. (Hrsg.): Aufbruch ins Industrie-zeitalter, Bd. 2. München 1985, S. 412-442. -
FRIED, Pankraz u. Peter LENGLE: Schwaben von den Anfängen bis 1268, in Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in bayern, Abt. II Bd.3. C.H. Beck, München 1988
GOTTLlEB, Gunther u.a. (Hrsg.): Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart 1984.
Geschichte der Stadt Kempten, hrsg. v. V. Dotterweich, P. Fried u.a., Kempten 1989. Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben. Hrsg. v. d. Kommission für bayerische Landesgeschichte. München 1952 ff. (bisher 16 Bände).
KELLENBENZ, Hermann: Jakob Fugger der Reiche (1459-1525), in: ZORN, Wolfgang (Hrsg.): Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben (Veröff. der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 3, Bd. 10) Weifienhorn 1973, S. 35-76.
KLlMM, Peter (Bearb.): Bayerisch Schwaben. Schönes Land zwischen Ries und Bodensee. Konstanz 1990.
Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben, hrsg. v. d. Schwäbischen Forschungsgemeinschaft. Augsburg 1952 ff. (bisher 14 Bände).
PÖLNITZ, Götz Frhr. v.: Die Fugger. 4. Aufl. Tübingen 1981.
SPINDLER, Max (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 3: Franken und Schwaben bis 1800. München 1979; Bd. 4: Das neue Bayern, 1800-1970. 2 Teilbände. München 1974/75; 2. verb. Aufl. 1979;
3.neu bearb. Aufl. 2001 : Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhundert/ begr.v. Max Spindler, neu hrsg.v. Andreas Kraus. Mit Beiträgen u.a.von P. Fried
ZOEPFL, Friedrich: Geschichte von Bayerisch Schwaben. Kempten 1952.
ZORN, Wolfgang: Augsburg. Geschichte einer deutschen Stadt. Augsburg 1972.
ZORN, Wolfgang: Handels- und Industriegeschichte Bayerisch-Schwabens 1648-1870 (Veröff. der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 1, Bd. 6) Augsburg 1961.
ZORN, Wolfgang (Hrsg.): Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben. Augsburg 1955, 2. Aufl. 1982 ff. (bisher 5 Lieferungen).
[Bildnachweis (1/2. Aufl):
Bavaria-Verlag Bildagentur,
Gauting b. München:
S. 28, 29, 32 (3x), 37
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München:
Umschlag, S. 12, 13 (2x), 23 (3x), 28, 33, 37
Bayerische Staatsbibliothek, München: S. 17,44,45
Kunsthistorisches Museum, Wien: S. 37 Fürst!. und gräll. Fuggersches
ltFürst!. Waldburg-Zeilsches Archiv, Schlofi Zeil: S. 29
Stadtmuseum Bozen: S. 29
Haus der Bayerischen Geschichte: S. 33 ]