Walleshausen
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Siehe die neue hervorragend gelungene Internetseite: www.walleshausen.net !
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WALLESHAUSEN
Heimat im oberen Paartal (II)
Walleshausen
Der Weiler Wabern gehörte zur Gemeinde und Pfarrei Walleshausen.
Als ehemals Pollingische Klosterpfarrei hat Walleshausen eine altehrwürdige Geschichte.
Walleshausen ist aber auch die Heimat meiner Mutter Ernestine Welz, die dort auf der Unteren Mühle geboren wurde.
Ich besuchte dort die Volksschule 1937-1942 und kam dort 1939 zur Erstkommunion. In der Erinnerung bleiben mir meine erste Lehrerin Amalie Müller und die Pfarrherren Dagobert Sailer und Michael Grasmüller.
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Walleshausen gehörte zum ehemaligen Kloster Polling. Wallelshausen ist als erster Band erschienen in der Reihe:
Der kleine Pfaffenwinkel
Herausgegeben von Pankraz Fried und
Heinrich Winterholler
1985 im Konrad Verlag Weißenhorn
Im gleichen Verlag 2006 erschienen:
Petar Vrankic´/ Anton H. Konrad, Kirchenführer Walleshausen.
Schwäbisch-bayerische Kunstdenkmale Heft 161_
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EINIGE DATEN DER ORTS- UND PFARRGESCHICHTE
Hügelgräberfelder nördlich des heutigen Dorfes Walleshausen weisen
auf Spuren einer ersten Besiedlung in vorgeschichtlicher Zeit, die Zeit von
750-450 v. Chr., die sogenannte Hallstattzeit. Doch mit dem Ausbau von Siedlungen
mit seßhafter Bevölkerung kann in unserem Gebiet erst mit dem
Entstehen der -hausen- und -hofen-, -dorf- und -heim-Orte gerechnet werden, deren
Gründung erst von der zweiten Hälfte des 6. nachchristlichen
Jahrhunderts an heute datiert wird. Seinem Namen nach kann also Walleshausen
bereits damals entstanden sein, wahrscheinlich freilich erst im 7. bzw. 8.
Jahrhundert. Urkundlich erstmals erwähnt wird es in einem
Güterverzeichnis des Klosters Wessobrunn, in welchem Güter genannt
werden, welche dem Kloster unter Herzog Arnulf (907-937) entfremdet wurden. Hier
wird eine "hoba", Hube, zu "Waglineshusen" erwähnt. Der Name Walleshausen
dürfte also soviel wie "bei den Häusern des Wagelin" bedeuten. In
"Wago" oder "Wagelin" kann wohl der erste jener Sippe vermutet werden, die
Walleshausen gründete. 1192 sind bei einem Vergleich zwischen dem Kloster
Wessobrunn und dessen Vogt ein Konrad von "Wegelinshusen" und dessen Sohn
Friedrich als Zeugen genannt.
Auf den Dorfadel dürfte wohl auch die Errichtung einer Kirche und die
Bestellung eines Pfarrers zurückzuführen sein. Jedenfalls waren Kirche
und Pfarrhof - wie eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert bezeugt - im Besitz des
Dorfadels: 1354 kaufte das Kloster Polling den Kirchensatz zu Walleshausen, zu
Lichtmeß 1356 konnte ein hierüber entstandener Streit gütlich
geschlichtet werden. Polling war fortan Patronatsherr von Walleshausen, durfte
also dem Augsburger Bischof den jeweiligen Pfarrer vorschlagen (benennen) und
gewisse Einkünfte aus der Pfarrei beziehen.
Gerade die reichen
Einkünfte der Pfarrei Walleshausen waren es, die den Propst Ulrich III. von
Polling 1448 veranlaßten, zur Hebung des durch Brand zerstörten
Klosters und zur Minderung der beim Wiederaufbau gemachten Schulden beim
damaligen Augsburger Bischof, Kardinal Peter von Schaumberg, um die Einverleibung
der Pfarrei in das Stift Polling nachzusuchen, um eine Vergünstigung, welche
der Bischof mit Zustimmung des Augsburger Domkapitels unter der Voraussetzung
gewährte, daß auch künftig in Walleshausen ein Weltgeistlicher
tätig sei, für dessen Auskommen vom Kloster gesorgt werde; falls die
Pfarrei nicht besetzt sei, sollten die Erträge an den Bischof kommen.
Papst Nikolaus V. bestätigte 1452 diese Einverleibung, welche 1461, nach dem
Tode des bisherigen Inhabers der Pfarrei, durch den Stiftsdekan Marstaller
vorgenommen wurde. Später gewährte Vergünstigungen sicherten dem
Stift Polling dann auch das Recht, eigene Ordensleute auf die Pfarrei zu bringen.
Bis zur Säkularisation im Jahre 1803 gehörte nun die Pfarrei
Walleshausen zum Kloster Polling, das sich im 18. Jahrhundert zum bedeutendsten
Chorherrenstift in Bayern entwickelte. Nur einmal, 1560, war die Pfarrei gegen
eine andere, das Polling näher gelegene Peißenberg, vertauscht worden.
Allein, dieses Rechtsgeschäft, das mit finanziellen Einbußen verbunden
war, wurde rasch wieder rückgängig gemacht. Walleshausen kam
erneut in Pollinger Besitz und blieb es dann.
Geschahen Inkorporationen (= Einverleibungen) im allgemeinen meist aus
finanziellen Erwägungen, um ein Stift oder Kloster finanziell besser zu
stellen, weil es dadurch in den Genuß oder in den Besitz der Pfarreinnahmen
oder gar des gesamten Kirchenvermögens kam, so war man andererseits doch
bestrebt, Einverleibungen vor allem in solche Institute vorzunehmen, bei denen
die Gewähr für eine hinreichende Seelsorge der Pfarrei gegeben schien.
Gerade deshalb gibt es zahlreiche Inkorporationen von Pfarreien in
Augustinerchorherrenstifte, weil die Chorherren im Mittelalter sich besonders der
Liturgie und Seelsorge widmeten. So hat auch das Stift Polling die ihm
einverleibten 15 Pfarreien gut versehen und in ihnen Großes geleistet. Dies
gilt nicht zuletzt für Walleshausen: bereits 1452 wurde hier zusätzlich
eine Kaplanei durch das Stift errichtet; 1466/72 erfolgte der Neubau der heutigen
Pfarrkirche; nach dem 30jährigen Krieg wurde der ruinös gewordene
Pfarrhof erneuert, erweitert und schließlich um 1710/20 durch eine
wohlgelungene Aufstockung zur Sommerresidenz der Pollinger Pröpste
ausgebaut. [1732 wurde der Innenraum der Kriche barockisiert].
Das 18. Jahrhundert war
für das Stift Polling eine Glanzzeit - vor allem auf wissenschaftlichem und
künstlerischem Gebiet. Nur einige Namen seien herausgegriffen: Franz
Töpsl, Eusebius Amort, Philipp SalIer, Gerhoh Steigenberger und Dominikus
Bartholomedi. Als Historiker, Theologen, Naturwissenschaftler oder Mathematiker
waren diese Männer weithin berühmt und standen mit der gelehrten Welt
des ganzen Abendlandes in Verbindung. Etwas von diesem "aufgeklärten",
weltoffenen Geiste Pollings fand auch seinen Niederschlag im Seelsorgswirken und
Kulturschaffen des Stiftes in dem ländlich-abgelegenen Walleshausen:
Wessobrunner Künstler stukkierten in Kirche und Pfarr hof ; frühzeitig
wurde eine Schule errichtet und besonders Begabte auf das Pollinger Gymnasium
geschickt (so der später in den erblichen Adelsstand erhobene Rechtsgelehrte
Dr. Josef von Miller, ein Müllerssohn von der Unteren Mühle); eifrig
und mit gutem Erfolg wurde in der Pfarrökonomie die Landwirtschaft
betrieben; eine relativ reiche Bibliothek mit über 150 Titeln meist
theologischen, kirchenrechtlichen und aszetischen Inhalts stand dem Pfarrvikar
und seinem Kooperator als Präsenzbibliothek zur Verfügung. Die seit
1637 vorhandenen Tauf-, Trauungs- und Sterbematrikel, welche nur geringe
Lücken aufweisen, sowie vereinzelt noch vorhandene
Pfarrvisitationsprotokolle vermitteln einen Einblick in die gediegene
Seelsorgsadministration durch die Pollinger Chorherren. Zwei Bruderschaften, die
Sebastiani- und Corporis-Christi-Bruderschaft, sowie zahlreiche
Meßstiftungen, letztere teilweise bis ins 15. Jahrhundert
zurückreichend, künden sowohl vom Seelsorgseifer der als Pfarrvikare zu
Walleshausen wirkenden Pollinger Augustiner als auch vom frommen Sinn der
Walleshauser Bauern, Gütler und Söldner. Wallfahrten, welche jedes Jahr
nach Andechs, Dießen, Kloster Lechfeld und Herrgottsruh bei Friedberg zu
Fuß unternommen wurden, sowie Bittgänge nach Schwabhausen, Scheuring,
Petzenhofen, Petzenhausen, Eresing oder Pestenacker zeugen nicht weniger von
lebendiger barocker Kirchenfrömmigkeit wie die wohl aus Polling kommende, im
18. Jahrhundert durch Reliquienschenkung besonders geförderte
Magdalenenverehrung, die sich wenn auch in geläuterter Form - bis auf den
heutigen Tag lebendig erhalten hat (Magdalenenfest am 22. Juli, auf den
nächstgelegenen Sonntag verlegt, mit Markt).
Als 1803 das Stift Polling der kurfürstlich-landesherrlichen
Säkularisation zum Opfer fiel, wurde auch die jahrhundertealte,
traditionsreiche Verbindung zwischen Polling und Walleshausen gelöst. Zwar
blieben Ivo Hofmann und Forerius Socher, die beiden Seelsorger aus dem Kloster
Polling, als "Pfarrverweser" und Kaplan auf ihren Posten bis zur Neuregelung der
kirchlichen Verhältnisse in Walleshausen zu Ende des Jahres 1806. Als zu
Beginn des Jahres 1807 der seines Amtes als Propst enthobene Johann Nep.
Daisenberger, nunmehr von König Max Joseph I. zum Pfarrherrn von
Walleshausen ernannt, an die Stätte seines früheren
vierzehnjährigen Wirkens zurückkehrte, war ein Teil der Kostbarkeiten
in Kirche und Pfarrhof von staatlicher Seite weggeschafft, waren der
überwiegende Teil des Hausinventars sowie der liegenden Güter
blindlings zu Schleuderpreisen versteigert, die von den Bauern jährlich zu
leistenden Naturalabgaben (Zehnten) vom Staate eingezogen. Nicht nur Polling
hatte - wie alle anderen aufgelösten Klöster - unersetzbare Werte
verloren, auch die den Klöstern einverleibten Pfarreien - so also auch
Walleshausen - waren erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden.
Bis 1820 versah Johann Nep. Daisenberger noch die Pfarrei Walleshausen zusammen
mit seinem Kaplan Forerius Socher und seinem Vorgänger Ivo Hofmann, immer
noch hoffend, das den Klöstern und Stiften durch den Staat zugefügte
Unrecht werde wieder gutgemacht werden. Allein, 1817 anerkannte Rom im 1.
bayerischen Konkordat stillschweigend das Geschehen der Säkularisation, das
Benennungsrecht für die Pfarrer von Pfarreien, die ehedem Klöstern
inkorporiert waren, blieb nun bis zum 2. bayerischen Konkordat in den Händen
der bayerischen Regierung. Erst 1924 erlangte der Augsburger Bischof das freie
Verfügungsrecht über die Pfarrei. 1907 war die Filiale Pestenacker aus
dem Pfarrverband ausgegliedert und durch Prinzregent Luitpold zur Pfarrei erhoben
worden.
Vom Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert war der überwiegende Teil der
Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Bei der Säkularisation
zählte die Gesamtpfarrei 608 Einwohner (das Dorf Walleshausen 263,
Pestenacker 188, Wabern 71, Petzenhofen 18, Unfriedshausen 34, Jedelstetten 26,
der nach Walleshausen gehörige Teil von Kaltenberg 8). Die
Strukturveränderung, welche durch die beiden Weltkriege (1914/18 und
1939/45), die beginnende Industrialisierung, den Zuzug zahlreicher
Heimatvertriebener und die agrarwirtschaftliche Situation bedingt ist, ließ
östlich der Paar eine neue Siedlung entstehen. Heute zählt Walleshausen
(ohne Pestenacker, aber mit Petzenhofen, Unfriedshausen und Wabern) 941 Einwohner
(Stand vom 20. September 1971), von denen sich 875 zur
römisch-katholischen Kirche bekennen. Ein Großteil der
Familienväter und Alleinstehenden (348) sind als Arbeiter, Angestellte und
Beamte auswärts tätig. Im Dezember 1971 stimmte die überwiegende
Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung für einen Anschluß der
Gemeinde an die künftige Großgemeinde Geltendorf. Dieser
Anschluß wird zum 1. Juli 1972 erfolgen.
Zur Veranschaulichung der Ortsgeschichte sei auf die Heimatstube von Herrn
Heinrich Welz sen. verwiesen [Sie wurde [2007] von seinem Sohn Franz wieder
errichtet und betreut].
11. DAS ÄUSSERE DES GOTTESHAUSES
"UNSERER LIEBEN FRAU" UND SEINE UMGEBUNG
Wer, von Landsberg kommend, in nordöstlicher Richtung fährt, er-
reicht über Epfenhausen - Weil - Unfriedshausen oder über Penzing
- Ramsach - Schwabhausen - Kaltenberg nach 16 bzw. 18 km das
Pfarrdorf Walleshausen, eine der großen Dorfsiedlungen des
nördlichen
Landkreises, an dem Flüßchen Paar gelegen (Bahnstation der Linie
Augsburg - Merlng - Geltendorf) . Seiner Siedlungsform nach ein Stra-
ßendorf, liegt es zu Füßen eines Moränenhügels, einer
eiszeitlichen Ab-
lagerung von agelfiuh. Der Hügel selbst, im Volksmund "Stein-
bichl" benannt, trägt seit vielen Jahrhunderten das Walleshauser Got-
teshaus mit seinem weithin sichtbaren Turm, der in seiner Glocken-
stube fünf Glocken beherbergt. Der Gottesacker, welcher um die Kirche
gelagert ist, war noch im 18. Jahrhundert befestigt. Die Kirche selbst
hatte mehrere unterirdische Aus- bzw. Zugänge. Der Hauptzugang ist
heute noch vom Südosten her durch einen gedeckten Stiegenaufgang
(ähnlich in benachbarten Orten wie z. B. Scheuring oder Prittriching)
bzw, unter einem an den Südtrakt des Pfarrhofes angebauten Pavillon,
dem sogenannten Frauenhaus. Vom Westen her gelangt man in den
Friedhof durch eine noch erhaltene gotische Friedhofspforte, vom Nor-
den her ebenerdig.
Die Außenwände des stattlichen Langhauses werden durch
abgestufte
trebepfeiler gegliedert. Sie kennzeichnen den heutigen Kirchenbau
als Bauanlage der späten Gotik. Achteckiger (= oktogoner) Turm-
aufbau und "welsche Haube", beide erst 1695 geschaffen, weisen
ebenso wie die gerundeten Fenster de Langhauses auf spätere Um-
gestaltungen im Zeitalter des Barock hin.
An der südlichen Friedhofsmauer steht an der Stelle des 1453 errich-
Teten „Totenkerkers" ein Gebeinshaus (Ossuarium), eines der We-
nigen noch erhaltenen, mit barocker Ölbergszenerie (um 1700 ge-
schaffen, 1955 und 1971//72 erneuert).
An der Ostseite des Turmes und an der Südseite des Langhauses be-
finden sich Priestergräber. Bemerkenswert sind die hier neuerdings
angebrachten alten Grabsteine, unter denen auch jener des 1820
verstorbenen Pfarrers und früheren Propstes Johann Nep. Daisen-
berger ist [*1752].
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Die drei Seitenaltäre - Werke des Weilheimer lHeisters Heinrieb Haagn
Der Südseite des Langhauses vorgelagert sind das Vorzeichen und der
Sakristei anbau, beides wenig geglückte Schöpfungen des 20. Jahr-
hunderts. Nördlich der Kirche kam es 1971 nach dem Abbruch des
alten Schulhauses zu einer Friedhofserweiterung und zur Errichtung
einer modernen Leichenhalle.
Die heutige Pfarrkirche ist der in den Himmel aufgenommenen Gottes-
mutter geweiht. Bereits ihre Vorgängerin, deren Fundamente 1970
bei Grabungsarbeiten im Innern der heutigen Kirche teil weise festge-
stellt werden konnten, hatte Maria, die Mutter des Herrn, zur Patro-
nin. Denn schon ein Ablaßbrief aus dem Jahre 1344 nennt sie "Ecclesia
Sanctae Mariae". Auch erwähnt das aus dem Jahre 1578 erhaltene Sal-
buch für 1447 und später Jahrtagsstiftungen an "Vnser lieben
frawen
Gotshaus ze Waleshausen". Diesen Charakter als Marienheiligtum hat
die Pfarrkirche Walles hausen durch alle Jahrhunderte bewahrt, auch
dann, als im 18. Jahrhundert der Magdalenenkult in Kunst, Liturgie
und Volks frömmigkeit besonders blühte und in der heutigen
Ausgestal-
tung des Innern der Kirche seinen geradezu einmaligen Ausdruck fand.
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III. DAS INNERE DER PFARRKIRCHE
1. Geschichtliche Entwickung
Aus dem 1453 angelegten, später jedoch verlorengegangenen Salbuch
ist in der um 1770 entstandenen Pfarrbeschreibung des P. Ignaz
Gloggner eine Notiz über die Entstehung des spätgotischen Gottes-
hauses enthalten, die in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut
hat: "Am 17. April, am Donnerstag nach dem Sonntag Quasi modo
geniti (= Weißer Sonntag), wurde der Grundstein zum Chor der
Kirche Walleshausen gelegt im Jahre des Herrn 1466. Im Jahre 1472
ist die Walleshauser Kirche geweiht worden am 9. Mai, dem Freitag
vor Pfingsten, durch den Weihbischof Jakob Wolflin, früher Pfarrer
bei St. Stephan in Augsburg. Damals war an der Kirche zu Walles-
hausen ständiger Leutpriester Christian Arbißer, welcher im 19.
Jahre
seines Priestertums stand."
Der spätgotische Raum, so berichtet Gloggner weiter, sei mit Blumen
und Früchten, welche gemalt oder plastisch dargestellt waren, verziert
gewesen. Die Kirche hatte vier in Gold gefaßte Altäre. Drei von
ih-
nen kamen später in die Pfarrkirche von Hausen bei Geltendorf, wo
heute leider nur noch zwei geschnitzte Heiligenfiguren etwas vom
Wert dieses ursprünglichen Figurenschmucks erahnen lassen. In Wal-
leshausen weist nur noch auf der Südseite des Langhauses ein Stein
mit der Inschrift "Anophrius 1478" auf eine hier angebrachte Dar-
stellung dieses Heiligen im spätgotischen Stil hin.
Die tiefgreifendste Umgestaltung erfuhr das Gotteshaus wohl aus
Anlaß der Jubelprofeß des Pollinger Propstes Albert Oswald
1732.
Der damals in Walleshausen wirkende Pfarrvikar Heinrich Buechner
ließ "mit frommer Verschwendung", doch mit tatkräftiger Unter-
stützung durch die Pfarrkinder, wie Gloggner berichtet, das Kirchen-
innere völlig verändern, "ohne mit mercklichem Gelt-Rest versehen
zu seyn". Das spätgotische Spitzgewölbe bekam die Form einer Ton-
ne, der Chorbogen erfährt eine Rundung und Erhöhung, die Fenster
werden erweitert und oben mit einem halbrunden Abschluß versehen.
Stukkateur und Freskant sind gleicherweise an der Ausschmückung
des Gewölbes beteiligt.
In den folgenden Jahrzehnten erfährt die Ausstattung ihre Vervoll-
ständigung durch Anschaffung neuer Altäre, der Kanzel und des
Taufbeckens, an deren Beschaffung heimische Künstler maßgebend
beteiligt sind. 1783 kommt es zu einer Renovierung durch den Lands-
berger Franz Anton Anwander. Die Erneuerungen des 19. Jahrhun-
derts, vor allem jene von 1863 und 1893, sind weniger glücklich,
weil sie wertvolle Figuren entfernen und durch solche im Nazarener-
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stil ersetzen, aber auch deswegen, weil die Wände mit ölfarbe be-
schmiert wurden. Erst die unter Aufsicht des Landesamtes für Denk-
malpflege 1952 und 1970171 durchgeführten Restaurierungsarbeiten
vermochten das Innere der Kirche in seinem ursprünglichen Glanz
des Rokoko wieder weitgehend zur Geltung zu bringen.
2. Heutige Gestalt (Rundgang)
Betritt man das Vorzeichen zur Kirche, fesseln zunächst die beiden
alten
Grabsteine zur Rechten: der des 1491 verstorbenen Pfarrvikars Chri-
stian Arbißer und jener große Rotmarmorstein der Familie
Hundt, der
eine Stiftung des bayerischen Staatsmannes und Historikers Dr.
Wigu-
leus Hundt für seine Angehörigen ist, welche einst als
Hofmarksher-
ren auf Schloß Kaltenberg saßen und in der Walleshauser
Pfarrkirche
ihre Grablege hatten. Auf diesen edlen Stifter geht auch die 1553 in
München gegossene Walleshauser Wetterglocke zurück. - Zur linken
Seite verdient ein kleines Rokokotischehen mit dem Bildnis des hl.
Leonhard Beachtung, dessen Meister freilich nicht bekannt ist.
Der Innenraum der Kirche selbst überrascht den Besucher durch den
Reichtum seiner Ausstattung in lichten Farben und beschwingten For-
men. Der spätgotische Raum erscheint aus seiner feierlich-strengen
Würde gelöst und verwandelt. Man staunt über die Vielfalt von
Ge-
mälden, Plastiken und Stuck in diesem verhältnismäßig
kleinen Raum,
der aber dadurch in keiner Weise überladen wirkt.
Das einschiffige Langhaus hat eine Länge von 17 Meter und eine Breite
von 11 Meter. Die Widerlagsmauern sind 5 Meter hoch, das Gewölbe
4 Meter, so daß sich eine Gesamthöhe vom Fußboden bis zum
Ge-
wölbescheitel von 9 Meter ergibt. Der Chorraum ist etwa 9 Meter lang,
7 Meter breit und hat eine Höhe von ca 9,30 Meter.
Die Nord- und Südwand werden als die beiden Längsseiten des
Kirchenschiffes durch Pilaster mit Gesimskapitellen gegliedert. Sie
tragen auf vier Jochen das Tonnengewölbe mit den Stichkappen. Die
Fenster sind oben gerundet und hochgezogen und bilden einen Ein-
schnitt in die Stichkappen. Nach Westen zu wird der Raum durch eine
Doppelempore abgeschlossen. Der Hochaltarraum (Chor) ist geostet
und um zwei Stufen erhöht. Auch der Chor hat Pilaster mit Gesims-
kapitellen. Das Chorgewölbe ruht auf zwei Jochen. Stichkappen sowie
hochgezogene Fenster finden sich auch hier wie im Langhaus.
Der schlichte Raum gewinnt durch den edlen Stuck ein festliches Ge-
wand. Es ist Wessobrunner Stuck, der freilich den Einfluß der Augs-
burger Schule nicht verleugnen kann: das Ornament, welches reich,
jedoch schmal gehalten ist, wird belebt durch vegetabile Rahmen-
gebilde, welche nicht selten in Rosenzweige ausschwingen. Selbst noch
die Fensterrundungen werden davon umschlungen. Es ist edler Früh-
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Aus der Hauschronik der Unteren Mühle in Walleshausen
Aus Aufzeichnungen von Heinrich Welz, zusammengestellt von Pankraz Fried
Die untere Mühle in Walleshausen, früher ,auch "Laich"- oder Lochmühle benannt, ist erstmals im 15. Jahrhundert bezeugt.
Judmann für eine Jahrtagsstiftung zu lebenslänglicher Nutzung vom Pfarrer von Walleshausen verliehen wurde. Im gleichen Jahr wurde sie neu erbaut. Ein Jahr später kam es zu einem Streit zwischen oberer und unterer Mühle in Walleshausen (siehe Müller und Mühle in alter Zeit). Für das 16. und 17. Jahrhundert sind die Inhaber der unteren Mühle, die mit der Inkorporation der Pfarrei Walleshausen 1477 wohl an das Kloster Polling gekommen war, noch nicht erforscht. Seit 1733 ist als Inhaber der Mühle die Familie Miller nachweisbar, die sie bis nach der Mitte des 19. Jahrhunderts innehatte. Der berühmteste Sproß dieser Familie ist Dr. Josef von Miller (siehe den Beitrag von H. Welz). Nach den Steuerbüchern von 1752/60 war die Untere Mühle noch im Obereigentum der Kirche Walleshausen und steuerlich als l/8-Anwesen eingestuft (zum Vergleich: 1/1 war der Einheitswert eines Bauernhofes mit ca. 100 Tagwerk. Siehe P. Fried Hist. Atlas von Landsberg/Schongau (1971) S. 168).Aus Aufzeichnungen von Heinrich Welz, zusammengestellt von Pankraz Fried Aus Aufzeichnungen von Heinrich Welz, zusammengestellt von Pankraz Fried Die untere Mühle in Walleshausen, früher ,auch "Laich"- oder Lochmühle benannt, ist erstmals im 15. Jahrhundert bezeugt. Im alten Salbuch der Pfarrei Walleshausen - das hoffentlich noch vorhanden ist - ist die "Lochmüll" 1474 erwähnt, als sie dem Hermann Judmann für eine Jahrtagsstiftung zu lebenslänglicher Nutzung vom Pfarrer von Walleshausen verliehen wurde. Im gleichen Jahr wurde sie neu erbaut. Ein Jahr später kam es zu einem Streit zwischen oberer und unterer Mühle in Walleshausen (siehe Müller und Mühle in alter Zeit). Für das 16. und 17. Jahrhundert sind die Inhaber der unteren Mühle, die mit der Inkorporation der Pfarrei Walleshausen 1477 wohl an das Kloster Polling gekommen war, noch nicht erforscht. Seit 1733 ist als Inhaber der Mühle die Familie Miller nachweisbar, die sie bis nach der Mitte des 19. Jahrhunderts innehatte. Der berühmteste Sproß dieser Familie ist Dr. Josef von Miller (siehe den Beitrag von H. Welz). Nach den Steuerbüchern von 1752/60 war die Untere Mühle noch im Obereigentum der Kirche Walleshausen und steuerlich als l/8-Anwesen eingestuft (zum Vergleich: 1/1 war der Einheitswert eines Bauernhofes mit ca. 100 Tagwerk. Siehe P. Fried Hist. Atlas von Landsberg/Schongau (1971) S. 168).
1893 wurde das mehrmals auf die Gant gekommene Mühlanwesen, zu der damals auch die Säge gehörte, von Johann Welz aus Gangwolf bei Unterdießen (+ 18. 9. 1935) und seiner Frau Johanna, geb. Fahrenschon aus Nornheim bei Günzburg (+ 13. 11. 1912), den Eltern von Heinrich Welz, erkauft (siehe: "Meine Müllerahnen am Lech). Der junge Heinrich Welz hatte insgesamt 11 Geschwister, 9 Schwestern [darunter Ernestine, meine Mutter] und 2 Brüder, die jedoch in jungen Jahren in den Mühlschuß fielen und ertranken. Nachdem die Sägemühle 1937 vom Mühlanwesen getrennt wurde, mußte im Zuge der Rationalisierung 1963 der Mühlbetrieb eingestellt werden. Das alte, in seinen Tuffsteinfundamenten auf das 15. Jahrhundert zurückgehende Mühlhaus mit seinem Walmdach steht aber heute noch und erinnert an die alte Zeit.
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Der wohl vom Schwäbischen her kommende enge Sippenzusammenhalt der Welz ließ mich mit allen Geschwistern meiner Mutter und ihren Familien einen guten Kontakt pflegen: Mit Tante Theres (Wiedenbauerntante), Johanna (Bäckertante), Walburga (Barttante), Adelheid (Remigi-Tante) Anna (Geltendorfer Tante), Klara (Söcheringer Tante) und Tante Mina, die ledig blieb. Beim Remigi und dann in Obersöchering verbrachte ich schöne Ferientage. Etwas Besonderes waren die Besuche der schwäbischen Verwandten meiner Mutter aus Nornheim bei Günzburg, von denen mehrere nach Amerika ausgewandert waren. Einer ihrer Nachkommen kam 1945 als amerikanischer Soldat nach Walleshausen. Familie Johann u. Johanna Welz ca. 1910
Sehr enge Kontakte hatte ich schon als Bub zu meinem Onkel Heinrich Welz, die das ganze Leben hinweg andauerten. Ich habe kaum mehr einen Menschen kennengelernt, der so vorbehaltlos und leidenschaftlich seine Heimat geliebt hat wie er - wohl auch ein schwäbisches Erbe. Zu seinem Gedächtnis habe ich ein Jahr nach seinem plötzlichen Tod 1975 eine Auslese aus seinen heimatkundlichen Beiträgen unter dem Titel "Walleshausen. Lechrainer Heimat im oberen Paartal" herausgegeben (Landsberger Geschichtsblätter 1976/1977). Mein damaliges Gedenken sei im folgenden wiedergegeben.
Familientreffen der Welz-Kinder
Vor 1935
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Heinrich Welz und seine Lechrainer Heimat
(Aus Landsberger Geschichtsblätter 1976/77)
Von Pankraz Fried
Lechrainer Chronisten
Die Geschichte unserer Lechrainer Heimat ist so reich und vielfältig,
daß sie im Grunde ständiger Erforschung und Darstellung bedarf. Dies
könnte in einem einzigen großen Werk geschehen - doch bleibt dieses
meist nur Torso, Bruchstück. Selbst dem Historiker von Format des
Begründers der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, dem
kurfürstlichen Hof- und Bergrat Johann Georg von Lori, einem gebürtigen
Wirtssohn aus dem Lechrain bei Steingaden, ist nur ein einziger Urkundenband zur
Geschichte des Lechrains gediehen, zur Darstellung ist er nicht mehr gekommen.(1)
Und auch die goldene Chronik von Hohenschwangau aus der Feder des Josef Freiherrn
von Hormayr-Hortenburg, der Loris Urkundenband 1842 fortsetzen und ergänzen
wollte, ist nur zu einer Urkundenregestensammlung geworden.(2 )In der Volkskunde
hat Freiherr Carl von Leoprechting auf Schloß Pöring bei Landsberg mit
seinen "Erzählungen aus dem Lechrain" und der Schilderung des "Bauernjahres"
ein einmaliges Denkmal gesetzt (1855).(3) Der große Bayerische Essayist
Josef HofmilIer hat sie neu entdeckt und zu Ostern 1924 mit einem Vorwort der
Öffentlichkeit übergeben. Er schrieb, der Umstand, daß das Buch
seit langem vergriffen war, hätte es allein nicht gerechtfertigt, es neu
aufzulegen. "Aber der ,Lechrain' ist", so schreibt er, "nicht nur inhaltlich von
einem Reiz, sondern vor allem auch sprachlich von Urwüchsigkeit, daß
er trotz seines bescheidenen Umfanges, mit zum kostbarsten der deutschen
Heimatbücher überhaupt gehört. Wie glücklich wären wir,
hätten wir über alle wichtigeren deutschen Gaue Einzeldarstellungen wie
diese, eine Fundgrube sowohl für den volkskundlichen Forscher, wie ein
Brunnen der Freude für den einfachsten ungelehrtesten Leser!" Hofmiller
konnte damals noch nicht ahnen, daß der 1973 verstorbene Professor für
Betriebswirtschaftslehre an der Universität München, Otto Reuther, in
seinem 1935 erstmals erschienenen "Goggolore" dem Lechrainer Volkstum ein neues
literarisches Zeugnis hinzufügen sollte.(4 ) Reuther hatte als Sohn des
Direktors des königlich bayerischen Stammgestütes Achselschwang am
Lechrain das Licht der Welt erblickt und dort seine Kindheit und Jugend
verbracht. Seine Anhänglichkeit an die Heimat, der er zeitlebens die Treue
hielt, beflügelte ihn zu seiner einfühlsamen Schilderung der
lechrainisch-altbayerischen Volkssage vom Goggolore. Bernhard Müller-Hahl
ist es schließlich nach dem Kriege gewesen, der in der von ihm begonnenen
Reihe "Unsere Heimat am Lechrain" zahlreiche Ortsgeschichten publizierte, die er
schließlich zu dem von dem von ihn herausgegebenen Heimatbuch des
Landkreises Landsberg abrundete (1966). Unsere Aufzählung der
Bemühungen um Forschung und Schilderung von Lechrainer Kultur und Geschichte
wäre unvollständig, würde man nicht an die inhaltsreichen
Bände und Hefte der Historischen Vereine des Lechrains erinnern, an die
Landsberger Geschichtsblätter, an die Publikationen des ehemaligen
Heimatpflegers von Oberbayern Sigfrid Hofmann, der uns einen der
einfallsreichsten Essays über "Altbayern, Lechraiiner, Schwaben" in dem von
ihm redigierten Jahrbuch Lech-Isar-Land (5) aus der Sicht seiner lechrainischen
Heimat in Schongau und Steingaden geschenkt hat. Nicht zu vergessen ist
natürlich in diesem Zusammenhang das Werk des engagierten Heimatforschers
und Lechrainer Mundartforschers Dr. Bruno Schweizer aus DieBen am Ammersee, der
seinerzeit die Zeitschrift "Lech-IsarLand" begründet und den
altertümlichen lechrainischen Dialekt aufs (S.17)genaueste erforscht und
sprachgeschichtlich ausgewertet hat. Nicht zuletzt ist das Bemühen der
Kunstgeschichte und Denkmalpflege um die Bewahrung Lechrainer Eigenart und Kultur
zu erwähnen: Wilhelm Neu ist als Kreisheimatpfleger in seiner stillen,
unaufdringlichen, doch nicht minder tatkräftigen Art überall zugegen,
wo es gilt, Einmaliges, Unwiderbringliches dieser Lechrainer Bauernkultur vor dem
drohenden Verfall zu retten. Ihm verdanken wir auch die Konzeption der
Kreisheimatstube in Riederau, des "Lechrainer Bauernhausmuseums" , wie man es
vielleicht noch besser nennen könnte, das der Landkreis und sein heimatlich
interessierter Landrat ermöglicht hat.
Bei diesem kurzen überblick mußten viele Heimatforscher und Gelehrte
ungenannt bleiben, die sich schon einmal mit der Geschichte des Lechrains
befaßt haben; es ist versucht worden, in dem von der Bayerischen Akademie
der Wissenschaften herausgegebenen "Historischen Atlas der Landkreise Landsberg
und Schongau" die wichtigsten Quellen und die bedeutsamste Literatur
zusammenzustellen.(6 )Im Herzen schwebt dem Initiator dieses Bändchens als
Lebenswerk vor, eine Geschichte seiner lechrainischen Heimat mit seiner
großen welfischen, andechsischen und staufischen Vergangenheit im
Mittelalter zu schreiben, - jenes eigenständigen Grenzstreifens zwischen
Bayern und Schwaben mit dem starken tirolisch-südbayerischen Einschlag
südlich der alten Reichsstadt Augsburg, zwischen den Tälern des Lechs
auf der einen, und der Paar und der Ammer auf der anderen Seite. Es ist dies der
engere, altbayerische Lechrain, neben dem es auch noch den weiteren,
größeren gibt, den Lori im 18. Jahrhundert im Auge hatte: das
schwäbisch-bayerische, im Kern ostalemannische Grenzgebiet zu beiden Seiten
des Lechs, von seinem Austritt bei Füssen aus dem Gebirge bis zu seiner
Mündung in die Donau bei Rain am Lech. Ein Gebiet, zu dem auf der
bayerischen Stammesseite auch die heute schwäbisch gewordenen altbayerischen
Landkreise Aichach - Friedberg mit der Stammburg Wittelsbach und dem
Welfenkloster Altomünster gehören, und auf der schwäbischen Seite
die ehemaligen Herrschafts- und Verwaltungsbezirke des Hochstifts Augsburg -,
also das Gebiet der heutigen Großlandkreise Donau-Ries, Augsburg und
Ostallgäu.
Große Pläne reifen vielfach im Verborgenen; sie bedürfen
unzähliger, immer wieder neu zurechtgehauener Bausteine, um dereinst zu
einem großen Werk zusammengefügt zu werden. Oft ist es das Schicksal
dieser wertvollen Eck- und Bausteine, daß sie nie gedruckt, nie zu einem
Buch zusammengefügt werden und damit wieder verloren sind. Dies ist ein
Grund, dieses Bändchen herauszubringen, mit Beiträgen, die sowohl
populär wie auch wissenschaftlich sind, um so Steine für ein
größeres Mosaik zu liefern, das später den vollen farbigen
Abglanz der Lechrainer Geschichte und Kultur widerspiegeln soll. Der
Wissenschaftler wird dabei um Nachsicht gebeten, wenn er in einzelnen
Aufsätzen viel Volkstümliches und Heimatkundliches findet, das nicht
unbedingt nach exakten wissenschaftlichen Methoden gearbeitet ist; der
heimatbegeisterte Laie möge sich nicht daran stoßen, wenn der eine
oder andere Beitrag trockene historische Forschung bringt, die für die
Seriosität der Heimatforschung aber eine dringende Notwendigkeit ist.
*
Biographie und Erinnerungen an Heinrich Welz
Dieses Bändchen soll
einem Mann ein Denkmal setzen, dem der Verfasser dieser Zeilen als seinem Onkel
zu besonderem Dank verpflichl tet ist, weil er ihn als kleines Studentlein in
vielen Stunden in der alhen klappernden Mühle in Walleshausen für die
Heimat und seine Ge-
schichte begeistert hat. Die Schrift enthält kleine heimatkundliche
Beiträge des Müllers, Bauern und Heimatforschers Heinrich Welz, der am
26. Oktober 1975 überraschend und viel zu früh verstorben ist. Seinen
(S.19) 65. Geburtstag konnte er am 15. Juli 1975 noch in voller Rüstigkeit
im Kreise seiner Familie, der Walleshauser Dorfgemeinschaft und "seines" Vereins,
des Männergesangsvereins "Sängerhort" Walleshausen feiern. Einige
Monate später trug ihn eine große Trauergemeinde zu Grabe.
Die gemüthafte Liebe zur Heimat war dem einzigen Sohn der unteren Mühle
in Walleshausen, wo er am 15. Juli 1910 das Licht der Welt erblickte, wohl als
Erbgut seiner schwäbischen Eltern mit in die Wiege gelegt worden. Sie
stammten aus dem schwäbischen Reisensburg und dem lechrainischen Gangwolf
bei SeestalI. Was seine sinniererische, historisch-romantische Anlage weiter zur
Entfaltung brachte, das war der historische Boden, auf dem der junge Heinrich
aufwuchs: die alte Klostermühle des Augustinerchorherrenstifts Polling zu
Walleshausen, dem bis 1803 die Pfarrei inkorporiert war; der schloßartige
Walleshauser Pfarrhof, einst Sommersitz der Pollinger Pröpste, dessen
letzter in Walleshausen begraben ist; die feingliedrige gotische und dann
barockisierte Kirche zu Walleshausen und das nahe Schloß Kaltenberg.
Kindheit und Jugend waren von harter Arbeit geprägt. Als seine Mutter in
jungen Jahren starb, war er erst zwei Jahre alt. Sein Vater, ein
eigengeprägter, durch und durch kirchlich und konservativ gesinnter Mann
führte mit seinen 10 Kindern Mühle und Sägewerk allein weiter,
durch die harten Zeiten des ersten Weltkriegs und der Inflation. Man ließ
sich nicht unterkriegen; der junge Heinrich mußte das Zitherspiel lernen
und in die Saiten greifen, wenn es dem alten Müller bisweilen schwer ums
Herz wurde. Ende der zwanziger Jahre, 1928, ist dann die schwäbische
Sangeslust in Heinrich Welz ganz zum Durchbruch gekommen: er trat zusammen mit
gleichgesinnten Sangesfreunden dem von Hauptlehrer Franz Doll gegründeten
Männergesangverein "Sängerhort" bei, der sich dann zu einem kulturellen
Mittelpunkt Walleshausens weiterentwickeln sollte. Inzwischen hatte Heinrich Welz
auch das Orgelspiel gelernt, was ihn dann zum Organisten und Dirigenten des
Walleshauser Kirchenchores werden ließ. Gesang zur Ehre Gottes und zur
Freude der Menschen war eine Aufgabe, die ihn ein Leben lang nicht mehr
losließ. Der Gesangverein Sängerhort wurde aber auch zum Mittelpunkt
vieler geselliger Veranstaltungen, Weihnachtsfeiern und vor allem von
Theateraufführungen, wo sich das schauspielerische Talent von Heinrich Welz
zeigte: die vielen Stücke, die er zusammen mit Xaver Mastaller inszeniert
hat, sind nicht mehr zu zählen, ebenso nicht seine zahlreichen Gedichte, die
er zu diesen Anlässen verfaßt hat - sie sind leider verloren. Zeit und
Muße für seine Gedanken und Pläne reiften im klappernden
Mühlwerk bei den Pausen, die dieses Handwerk zwischen den einzelnen
Mahlgängen dem Müller ließ. Nach dem Tode seines Vaters 1935
hatte Heinrich Welz, der inzwischen die Müllermeisterprüfung (S.20) mit
Erfolg abgeschlossen hatte, das elterliche Anwesen übernommen. Er hatte nun
freiere Hand, der Geschichte seiner Heimat nachzuforschen, ohne dabei den
goldenen Boden des Handwerks zu vernachlässigen. Er fand die Zeit, sich in
die historische Vergangenheit seiner Mühle und seines Heimatortes aus alten
Schriften, die im Pfarrhof und in der Schule lagen, einzulesen. Seine Kenntnis
des Heimatschrifttums, vor allem der von ihm so geliebten "Landsberger
Geschichtsblätter" weckten in ihm die Lust, es selbst einmal mit der Feder
zu versuchen. So ist es nicht zufällig, daß als erster Beitrag unter
seinem Namen 1938 die Aufzeichnung eines alten Lechrainer Liedes in den
Landsberger Geschichtsblättern erschienen ist.
Das "Schriftstellern" über seine Heimat in Zeitung und Historischer
Vereinszeitschrift sollte von nun an zu einer Beschäftigung werden, die ihn
nicht mehr losließ. Als Ortschronist dokumentierte Heinrich Welz
sorgfältig das gemeindliche und dörfliche Leben, worüber er auch
immer wieder in der Tageszeitung berichtete. Er blieb aber nicht bei der
Gegenwart stehen; wie es einst gewesen ist, das interessierte ihn mindestens
ebenso, wenn nicht noch mehr. Am Anfang seiner historischen Bemühungen steht
die Beschäftigung mit seinen eigenen Vorfahren. Die ursprünglich nur
als private Aufzeichnung gedachte Schrift gefiel dem damaligen Redakteur der
Landsberger Zeitung so gut, daß er sie 1942 in Fortsetzungen in der
Tageszeitung erscheinen ließ. Wenn man die Ausgaben, in denen diese
Beiträge erschienen sind, zur Hand nimmt, merkt man auf den ersten Blick,
daß man sich schon mitten im Krieg befand; die letzten Seiten sind voll von
Todesanzeigen mit dem eisernen Kreuz. Auch Heinrich Welz mußte 1942 seinen
Müllerkittel mit der grünen Uniform der Gebirgsjäger vertauschen.
Was er in diesen schweren Jahren, die ihn im Einsatz von Italien bis
Südfrankreich sah, schreiben konnte, das waren Feldpostbriefe (/)mit viel
hintersinnigen Bemerkungen und einem unverwüstlichen Humor, der ihn
zeitlebens nicht verlassen und ihm viele Freunde gewonnen hat. Doch war Heinrich
Welz alles andere als oberflächlich und vordergründig lustig: er
besaß ein tiefes und empfindsames schwäbisches Gemüt; er brauchte
immer wieder die Muße, das Musizieren, das Singen und Theaterspielen, um
sich aufzuheitern.
Erinnerungen.......
Aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, widmete er sich wieder der
dörflichen Gemeinschaft als Chordirigent und Organist, als Sanges- und
Spielleiter, und in immer stärkerem Maße als Orts chronist und
Heimatpfleger. Der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich noch gut an die Zeit, in
der er als sechsjähriger Bub seit 1937 beim Onkel Unterricht im Zitherspiel
in der großen, blau ausgemalten Müllerstube mit dem großen
Kachelofen erhielt, in der er nach dem Kriege als kleines, neugieriges
Stuidentlein einen Blick in die "geheimnisvollen" historischen Schrif-
ten, die im Mühlkämmerlein lagen, tun durfte. Mein Onkel ermutigte mich
damals schon zu kleinen selbständigen Unternehmungen, zu historischer
Chronistentätigkeit, zur malerischen Ausgestaltung von Feldkreuzen und
Kriegergedenktafeln in der Pestkapelle, ja sogar zum "Herrgottsschnitzen" - ein
Marterl in meinem Häuschen in Wabern ist davont noch übrig geblieben.
Heinrich Welz verdanke ich es, daß er die in mir schlummernde Anlage zum
Histori- schen geweckt hat, eine Tätigkeit, von der ich damals noch nicht
wußte, daß sie einst zu meinem Beruf werden sollte. In eigenartiger
Verklärung liegen diese Jahre nach 1945, die ich als Student in den Ferien
in meiner Heimat Wabern/Walleshausen verbringen durfte, zurück: ich empfand
als Gymnasiast kaum die Schwere der Zeit, des Nachkriegs- und
Flüchtlingselends. In Erinnerung ist nur die alte bäuerliche Haus- und
Dorfgemeinschaft geblieben, die damals, in den fünfziger Jahren, ihre
letzte, späte Nachblüte erleben sollte (S. 21), bevor sie im
Wirtschaftswundertaumel erstickt und ihr im Reformwahn der sechziger Jahre
endgültig auch vom Staat der Garaus gemacht wurde. Wer es selbst nicht
erfahren und miterlebt hat, kann heute nicht mehr nachempfinden, in welchem
Maße Dorfgemeinschaft einen zu fesseln und zu verbinden vermochte, im Guten
vor allem durch die selbstverständliche Hilfsbereitschaft, durch die
Zufriedenheit aller mit ihrem kleinen Hab und Gut, durch die verbindende Kraft
der kirchlichen und dörflichen Gottesdienste und Feste, die noch ganz in das
barocke Leben der vorkonziliaren Zeit eingebettet waren. Die weniger schönen
Seiten mußte man allerdings auch in Kauf nehmen: die unglaublich
große Macht der "Dorfmeinung" , der "Leute", der dörflichen
Sozialkontrolle, vor der sich viele Dörfler ,fürchteten und oft sogar
in die Anonymität der Großstadt geflüchtet haben. Doch sind diese
unguten Dinge in der Erinnerung verblaßt, geblieben ist das Andenken an die
Werte einer vorindustriellen Dorfkultur, die im Landkreis erst nach der
Jahrhundertmitte von der Technisierung angegriffen worden ist, bis sie
schließlich heute durch Volltechnisierung. Reformwut auf allen Gebieten,
vor allem auf dem Gebiet der Gemeindereform, wo sich der Landkreis Landsberg in
besonders rühmlicher Weise hervorgetan hat, ihren Untergang gefunden hat.
Rückschauend bedauert man heute weniger den Verlust dieses oder jenes
unersetzlichen Denkmals oder bäuerlichen Kulturgutes als den Schwund des
Geistes und Gemüts, die diese Dorfkultur getragen haben, das Verschwinden
der Originalität seiner Bauern, Dienstboten und Handwerker, die es gestaltet
haben.
"Die Leute waren früher, obwohl es ihnen heute besser geht, hilfsbereiter
und zufriedener", - das sagte mir schon in den sechziger Jahren der alte
Widenbauer von Walleshausen auf meine Frage, ob er die heutige oder die
frühere Zeit als besser ansehe.
Die Errichtung der Heimatstube
Es ist bezeichnend und verständlich, daß der historisch - sensible
Heinrich Welz wie kein anderer diesen Umbruch schon in den ausgehenden vierziger
Jahren spürte und zu meiner Überraschung plötzlich - es war in den
Ferien des Jahres 1951/52 zur Errichtung einer Heimatstube schritt,
für die er einen alten Hühnerstall umbaute. Ich selbst habe damals .am
Vorbau mitgemauert und die -spitzwinkeligen gotischen Fenster, die mein Firmpate
und "Sägeronkel" Ludwig Teufl eigens angefertigt hatte, eingesetzt. Und dann
ging´s ans Einrichten: der passionierte Sammler Heinrich Welz hatte schon
Jahre zuvor altes bäuerliches Gerät, das außer Mode und Gebrauch
gekommen war, gesammelt und aufbewahrt. Er hielt dabei auch Kontakt mit den
Landfahrern aus Neuweil, die ihm schon früh derartige Stücke
zubrachten. So ist seine viel geliebte "Paartaler Heimatstube" in einer Zeit
entstanden, in der die meisten Menschen vom Wirtschaftswunder berauscht waren und
nur ein mitleidiges, wenn auch oft verstehendes Lächeln für den
Heimatforscher übrig hatten; es galt ja damals noch das
süddeutsch-bayerische "Leben und Leben lassen". Und darnach durfte es,
mußte es auch solche Leute geben, wie es Heinrich Welz einer war.
Heinrich Welz war ein eifriger Mitarbeiter der Mundarforschung und lieferte
zahlreiche Kostproben der leider untergehenden Lechrainer Mundart der "Kommission
für Mundartforschung" der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sie
zeichnete ihn hierfür mit der SchmellerMedaille aus. Im dörflichen
Bereich suchte er die heimatliche Mundart im Theaterspiel "salonfähig" zu
machen; in dieser Hinsicht könnte sein Wirken der heutigen jungen Generation
Vorbild sein im Bemühen, die angestammte Mundart nicht aussterben zu lassen.
Als er zur Mitarbeit am Heimatbuch des Landkreises Landsberg aufgerufen wurde,
verfaßte er einen vielseitigen Beitrag, der leider nur gekürzt
erscheinen konnte.
Blick in die heutige Heimatstube v. Franz Welz
Theaterstück Dr. Wiguleus Hundt von Kaltenberg
(S.21)In den letzten Jahren seines Lebens hat Heinrich Welz, der selbst
unzählige Theaterstücke im Rahmen seines geliebten Gesangsvereins
Sängerhort Walleshausen inszeniert hat, an der Verfassung eines eigenen
Stückes für die Walleshausener Dorfbühne gearbeitet. Daß der
Stoff dabei die Geschichte seiner engeren Heimat, Walleshausen und das obere
Paartal, lieferte, war selbstverständlich. Oft hat er über die Schwere
seines Vorhabens geklagt und zum Ausdruck gebracht, daß er es wohl nicht zu
Ende bringe. Ich habe ihn aber immer wieder ermuntert, das Begonnene doch
fortzusetzen. Erst nach seinem überraschenden Tode erfuhr ich, daß er
das Werk tatsächlich vollendet hatte, betitelt: Dr. Wiguleus Hundt, der
bayerische Staatskanzler auf Schloß Kaltenberg. Heinrich Welz war sich
bewußt, daß er keine historisch getreue Wiedergabe der
Verhältnisse des 16. Jahrhunderts bieten konnte; er wollte dies auch nicht.
Was er uns in seinem Heimatspiel vermittelt, das sind seine Vorstellungen, die er
aus dem Studium der Walleshausener Ortsgeschichte gewonnen hat und die er nun als
lebendige Geschichte in Form eines Heimatspieles seinen Mitbürgern gleichsam
als Vermächtnis überliefern wollte. Hinter den Personenrollen verbergen
sich vielfach die Persönlichkeiten von Walleshauser Originalen seiner
Jugendzeit. Vorbild war natürlich auch das bayerische Heimatstück,
deren er so viele auf der Walleshauser Bühne aufgeführt hat. Heinrich
Welz hat sie mit schwäbischer Hintergründigkeit eigenständig
nachgestaltet. Wohl in keinem seiner anderen Beiträge kommt das Denken und
Fühlen, die Gemütstiefe und der hintergründige Humor, den er von
seinen schwäbischen Müllerahnen am Lech ererbt hatte, besser zum
Ausdruck, als in diesem Theaterstück.
Schauplatz ist das Dorf Walleshausen und das benachbarte Schloß Kaltenberg
zur Zeit des "Staatskanzlers" Dr. Wiguleus Hundt, der die zentrale Figur des
Heimatspiels bildet. Die
(S.22)Handlung ist kurz zusammengefaßt folgende: In der Wirtsstube von
Walleshausen unterhalten sich Bauern, als der Bruder von Wiguleus Hundt, namens
Sebastian eintritt. Dieser führt einen lockeren Lebenswandel und hat ein
uneheliches Kind von einer Walleshauserin mit Namen Donatus. Im zweiten Akt, der
vor der Kirche spielt, erwarten die Bewohner von Walleshausen die Ankunft von Dr.
Wiguleus Hundt, der feierlich begrüßt wird. Dr. Hundt eröffnet
dabei den Walleshausern sein Gelübde: falls er wohlbehalten von dem
bevorstehenden Türkenfeldzug zurückkomme, werde er der Pfarrei eine
Wetterglocke stiften. Im darauffolgenden Akt, wieder in der Wirtsstube, findet
eine Sitzung des "Gemeinderats" von Walleshausen statt, auf der
Dorfangelegenheiten behandelt werden. Wichtigster Punkt der Beratung ist die
Ernennung von Dr. Wiguleus Hundt zum Ehrenbürger von Walleshausen, sobald er
vom Ungarnfeldzug nach Hause kommt, um ihn an sein Gelübde zu
erinnern.
Der vierte Aufzug spielt im Schloßhof von Kaltenberg. Dr. Hundt kehrt von
Ungarn zurück und wird von seinem alten Vater begrüßt. Er
erfährt, daß seine Mutter in der Zwischenzeit gestorben ist. Hundt
erzählt von seinen Kriegserlebnissen. Dabei erhält er überraschend
Besuch vom Glockengießermeister Steger aus München, der von seiner
Nichte Anna Glocknein aus Landsberg begleitet wird. Dr. Hundt hatte schon seit
längerer Zeit ein Auge auf das hübsche Mädchen geworfen. Es wird
der Guß der Walleshausener Wetter glocke besprochen. Dann nähert sich
Anna Glocknerin; sie wird von Dr. Hundt liebevoll begrüßt. Eine
Liebesromanze zwischen den bei den schließt sich im Schloßpark an.
Schloßbedienstete, die die Gerichtssitzung vorbereiten, berichten,
daß Dr. Hundt eine Magdalenenfilgur aiUS Ung,arn mitgebracht hätte,
die er der Pfarrkiche in WaUeshausen stiften wolle. Anschließend findet
eine Gerichtsverhandlung im Schloß Kaltenberg statt, bei der Dr. Wiguleus
Hundt seinen alten
Vater unterstützt. Am Schluß der Gerichtsverhandlung bringt ein Bote
die Nachricht, daß Wiguleus' Bruder Sebastian in Rom gefallen ist. Von
tiefem Schmerz getrotfen, stirbt auch kurz darauf der Vater von Dr. Wiguleus
Hundt. Der fünfte Aufzug spielt wieder im Garten des Wirtshauses von
Walleshausen, in dem die Hochzeit von Dr. Wiguleus Hundt mit Anna Glocknerin von
Landsberg stattfindet. Das Dorf bringt ihm Glückwünsche dar; der
Jesuitenpater Petrus Canisius kommt, um dem Brautpaar zu gratulieren. Der letzte
Akt handelt wieder im Dorfwirtshaus von Walleshausen. Geraume Zeit ist
verstrichen. Dr. Hundt besucht seinen Heimatort und hört zum ersten Mal die
von ihm gestiftete Glocke läuten. Dabei berichtet ihm Petrus Canisius,
daß im Schloß Kaltenberg, wo die Pest ausgebrochen ist, seine
geliebte Frau verstorben sei. Hundt klBjgt tief über den Verlust, findet
jedoch Trost an einer Alabastermadonna, die er der Kirche stiftet. Ausklang des
Heimatspiels bildet ein lebendes Bild: Vor dem Portal des Pfarrhauses von
Walleshausen steht Dr. Hundt mit w:eißem Haar, in der Mitte der Primiziant
Donatus Berghofer, das Kind seines Bruders, der den Primizsegen gibt, rechts
Pater Petrus Canisius.
Der historische Hintergrund
Wie schon ausgeführt, ist die Handlung erdichtet. Was an historischen
Tatsachen zum Leben von Dr. Wiguleus Hundt angeführt werden kann, sei im
folgenden kurz dargestellt. Wiguleus Hundt wurde sm 22. Juli 1514 als 5. Sohn des
Wiguleus Hundt von Lauterbach und dessen zweiter Gattin Anna, der Tochter Wolf
Glockners, eines Beamten von Herzog Wolfgang zu Landshut, auf Schloß
Kaltenberg bei Walleshausen geboren. Das Geschlecht der Hundt stammt aus dem
salzburgischen Pinzgau und ist seit Anfang des 15. Jahrhunderts auf Schloß
Lauterbach bei Dachau ansässig. Schloß und Hofmark Kaltenberg kam
durch Heirat des Wiguleus Hundt, Sohn des Hans Hundt zu Lauterbach, 1469 in den
Besitz der Hundt, die beides bis 1612 innehatten. (8 )Von seinem 10. Lebensjahr
an (1524) studierte der junge Wiguleus Hundt die Grammatik zu Augsburg und zog
dann, 16 Jahre alt, 1530 zum Studium an die Universität Ingolstadt. Er
hörte dort vor allem juristische Vorlesungen, aber auch solche aus anderen
Fächern. 1535 begab sich Wiguleus Hundt zum Studium an die berühmteste
Hochschule der damaligen Zeit nach Bologna. Nach einem halbjährigen
Aufenthalt zwang ihn ein Flieber zur Rückkehr in die Heimat. Hier erwarb er
sich 1537 zu Ingolstadt den Doktorgrad des kaiserlichen Rechts. Mit 23 Jahren war
er schon Professor; 1539 hatte man ihn zum Rektor gewählt. Im gleichen Jahre
wurde er aber noch von Herzog Wilhelm IV. als Hofrat nach München berufen.
In der Folgezeit diente Wiguleus Hundt als hoher Beamter unter den drei
wittelsbachischen Herzögen Wilhelm IV., Albrecht V. und Wilhelm V. 1548
wurde Dr. Hundt zum Assessor am Reichskammergericht zu Speyer ernannt, wo er vier
Jahre tätig war. 1552 ist er wieder im Hofrat unter Herzog Albrecht V. in
München. Seine Tätigkeit bestand vor allem in diplomatischen Missionen
und Aufträgen. 1576 ernannte ihn der Herzog zum Präsidenten des
Hofrats, der die älteste oberste Gerichts- und Polizeibehörde des
Landes bildete. Später wurde er wahrscheinlich noch in den Geheimen Rat
berufen. Für seine Verdienste wurde ihm 1579 der Grafentitel verliehen. Aus
Altersgründen trat Wiguleus Hundt 1582 als Hofratspräsident
zurück. Er starb am 18. Februar 1588 in München, in seinem 75.
Lebensjahr. Dort wurde er in der alten Franziskanerkirche beerdigt, die an der
Stelle des heutigen Nationaltheaters stand.
Dr. Wiguleus Hundt ist nicht nur als hervorragender bayerischer Staatsmann,
sondern auch als Geschichtsschreiber berühmt. Er gilt als der wohl-
bedeutendste bayerische Historiograph nach Aventin. Seine Hauptwerke sind eine
bayerische Kirchengeschichte (Metropolis Salis-
burgensis) (S.23) und das bayerische Stammenbuch, eine Geneologie altbayerischer
Adelsfamilien. Die Verbindung von Dr. Wiguleus Hundt zum oberen Paartal ist durch
seinen Geburtsort Kaltenberg gegeben, der bis 1940 in die Pfarrei Walleshausen
gehörte. In der Pfarrkirche zu Walleshausen sind seine Eltern begraben, wie
es der heute noch sichtbare Epitaph im Vorzeichen ausweist. Es ist sicher,
daß der junge Wiguleus seine Kinderjahre auf Schloß Kaltenberg
verbracht und die Gottesdienste in der Pfarrkirche zu Walleshausen besucht hat.
Daß Dr. Wiguleus Hundt auch auf der Höhe seines Ansehens noch
Verbindungen zur Pfarrkirche seiner Kindheit hatte, beweist die Tatsache,
daß er 1553 eine Wetterglocke an die Pfarrkirche zu Walleshausen stiftete,
die heute noch im Turm hängt. Die an diese Glocke sich rankenden Sagen haben
noch eine dunkle Erinnerung an den "großen Hundt" zu Walleshausen bewahrt.
Auch die Magdalenenverehrung in Walleshausen kann vielleicht auf eine Initiative
der Hundt'schen Schloßherren zu Kaltenberg zurückgeführt werden.
(10)
Aus diesen historisch belegbaren Tatsachen hat Heinrich Welz sein romanhaftes
Heimatspiel "Dr. Wiguleus Hundt, der bayerische Staatskanzler" gestaltet. Sein
gesamtes heimatkundliches Wissen aus der Ortsgeschichte Walleshausens ist in
dichterischer Freiheit in das Heimatstück eingeflossen. Mit Ausnahme von
Petrus Canisius stehen alle übrigen größeren Personenrollen, wie
die Kaplane Ubald Gruber und Donatus Berghofer, die Ritter Caspar Waberer und
Hermann Judmann sowie der Meister Steger in irgendeinem Zusammenhang mit der
Walleshausener Dorfgeschichte; ihre zeitliche Einordnung ist im Heimatstück
jedoch willkürlich. Die übrigen Personen sind, wie schon
ausgeführt, lebenden Walleshausener Dorforiginalen nachempfunden oder aus
historischen Berichten gestaltet, wie dies sicherlich beim Kirchm,aier, Bauer und
"Trunkenbold" aus Pestenacker der FalI ist.
Das Stück hat also keinen Anspruch (S.24)auf historische Exaktheit. In
vielem ist das Heimatspiel jedoch Quelle für die absterbende
Dorfmentalität der vorindustriellen Zeit; Quelle auch insoweit, wie ein
einfacher Bauer und Müller sich Geschichte angeeignet und über
Geschichte gedacht hat. Es ist ein Vermächtnis von Heinrich Welz an seine
geliebte Heimat im oberen Paartal.
Anmerkungen
1 J. G. v. Lori, Der Geschichte des Lechrains zweyter Band, Urkunden enthaltend
(1765).
2 J. Frhr. v. Hormayr-Hortenburg, Die goldene Chronik von Hohenschwangau,
1842.
3 K. v. Leoprechting, Aus dem Lechrain. Zur deutschen Sitten- und Sagenkunde, 1.
Teil: Erzählungen aus dem Volke, 2. Teil: Das Bauernjahr in seinen Festen
und Gebräuchen, Lostagen und Lebensweisen. 1855. Nachdruck 1924 und 1947 in
der Reihe "Bücher der Heimat Nr. 2 und 3; ferner 1975 unter dem Titel: ..
Bauernbrauchtum und Volksglaube in Oberbayern" (Süddeutscher Verlag), 2.
Aufl. 1977.
4) O. Reuther, Der Goggolore. Eine altbayerische Volkssage, 1935. Neuauflage
1963.
5) 1953 S. 154.
6) Erschienen 1971.
7) Manfred Mayer, Dr. Wiguleus Hundt, Ein Beitrag zur Geschichte Bayerns im 16.
Jahrhundert, Innsbruck 1892. H. Welz hat die Biographie Hundt's vermutlich nur
aus den Beiträgen von G. Gerhard Skraball in den Landsberger
Geschichtsblättern gekannt (LG 42 (1952) S. 54 u. 57 ff; Blätter des
bayerischen Landesvereins für Familienkunde, 29. Jgg. 1966 S. 214
ff.).
8) P. Fried / S. Hiereth, Historischer Atlas von Landsberg 1971 S. 110 ff.; P.
Fried, Historischer Atlas von Dachau 1958 S. 81 ff.
9) G. Skrabal, Die Hundt-Glocke in Walleshausen 1553-1953 (Landsberger
Geschichtsblätter Band 43/ 44 (1953-54) S. 102 bzw. 6 u. 14 ff.).
10) G. Skrabal. Der Magdalenenkult zu Walleshausen (La. Geschichtsblätter,
Jgg. 45) Nr. 11/12 (1957).
___________________________________________________________________________
Voriger Beitrag ist gedruckt in den L andsberger Geschichtsblätter 1976/77, S. 17-24
___________________________________________________________________________
WALLESHAUSEN
< Mühle Katasterplan 1809
Der Walleshauser Grundbesitz im Kataster von
18091 |
||||||
Haus |
Haus- |
Hof- |
Grundherrschaft |
Fläche des gesamten |
Fläche des |
|
nummer |
name |
fuß |
1803 |
Anwesens mit |
eingehöften |
|
Walzen-Gründen |
Bereichs |
|||||
in Tagwerk |
in Tagwerk |
|||||
1 |
Klement |
1/32 |
Kommende Landsberg |
12,03 |
0,30 |
|
1 1/2 |
Kohlmichl |
1/32 |
Kommende Landsberg |
2,97 |
0,03 |
|
2 |
Unterer Müller |
1/8 |
Kirche Walleshausen |
101,11 |
12,20 |
|
3 |
Jeberle |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,22 |
0,15 |
|
3 1/2 |
Maurernazl |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,13 |
0,05 |
|
4 |
Spät |
116 |
Kirche Walleshausen |
5,23 |
0,08 |
|
5 |
Wendl |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
5,26 |
0,10 |
|
5 1\2 |
Gidy |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,01 |
0,09 |
|
6 |
Schauer |
1/32 |
Gde Walleshausen |
6,48 |
0,11 |
|
7 |
Schäffler |
1/32 |
Kommende Landsberg |
5,39 |
0,12 |
|
7 1\2 |
Schneiderwastl |
1/32 |
Kommende Landsberg |
3,52 |
0,12 |
|
8 |
Lenz Adam |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
13,31 |
0,30 |
|
9 |
Heffenvöstel |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
6,93 |
0,20 |
|
10 |
Stainbüchl Andrä 1\16 |
Kloster Wessobrunn |
7,20 |
0,14 |
||
11 |
Bierzäpfler |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
20,45 |
0,11 |
|
12 |
Ditschmann |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
6,63 |
0,12 |
|
13 |
Deckerpeter |
1/16 |
Kloster Wessobrunn |
6,46 |
0,08 |
|
14 |
Schmauz |
1/16 |
Kommende Landsberg |
5,37 |
0,05 |
|
15 |
Madelemann |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
5,54 |
0,15 |
|
16 |
Thumemazl |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,32 |
0,14 |
|
16 1\2 |
Roth |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,46 |
0,13 |
|
17 |
Kuglmann |
1/8 |
Kommende Landsberg |
16,20 |
10,22 |
|
18 |
Kirchenbauer |
1\2 |
Kloster Dießen |
88,33 |
83,25 |
|
19 |
Schullehrer |
1/16 |
Ludeigen |
17,42 |
0,09 |
|
20 |
Kramer |
1/6 |
Kloster Dießen |
38,48 |
26,58 |
|
21 |
Michlbauer |
1/1 |
Kommende Landsberg |
112,52 |
107,80 |
|
22 |
In der Tafeme |
1/8 |
Kommende Landsberg |
99,04 |
21,90 |
|
23 |
Steegschuster |
1/32 |
Kloster Polling |
5,25 |
0,06 |
|
23 1/2 |
Bachjörgl |
1/32 |
Kloster Polling |
1,87 |
0,06 |
|
24 |
Bader |
1/16 |
Gde Walleshausen |
9,68 |
0,13 |
|
25 |
Hinterer Müller |
1/8 |
Kommende Landsberg |
87,82 |
22,13 |
|
1 |
Siehe auch Fried, Walleshausen S. 120f! Die sog.
»Zubauten« bleiben hier unberücksichtigt. |
Haus |
Haus- |
Hof- |
Grundherrschaft |
Fläche des gesamten |
Fläche des |
nummer |
name |
fuß |
1803 |
Anwesens mit |
eingehöften |
walzenden Gründen |
Bereichs |
||||
in Tagwerk |
in Tagwerk |
||||
26 |
Bäcker |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
29,14 |
0,17 |
26 1/2 |
Bechler |
1/32 |
Kirche Walleshausen |
3,40 |
0,16 |
27 |
Schustertoni |
1/l6 |
Kirche Walleshausen |
12,91 |
4,54 |
28 |
Widebauer |
1/1 |
Kommende Landsberg |
102,99 |
86,92 |
29 |
Schmied |
1/l6 |
Gde Walleshausen |
10,45 |
0,13 |
30 |
Wagner |
1/l6 |
Gde Walleshausen |
17,76 |
0,17 |
31 |
Brenner |
1/32 |
Kloster polling |
2,94 |
0,06 |
31 1/2 |
Marx |
1/32 |
Kloster Polling |
3,28 |
0,05 |
32 |
Moosschuster |
1/16 |
Kommende Landsberg |
4,71 |
0,13 |
33 |
Preus |
1/l6 |
Gde Walleshausen |
8,01 |
0,16 |
34 |
Weldle |
1/16 |
Gde Walleshausen |
8,78 |
0,20 |
35 |
Geßeleferdl |
1/l6 |
Spital Landsberg |
6,73 |
0,31 |
36 |
Zachermann |
1/32 |
Gde Walleshausen |
7,46 |
0,09 |
37 |
Bäckermichl |
1/8 |
Kommende Landsberg |
31,78 |
13,80 |
38 |
Oberer Kramer |
1/8 |
Kommende Landsberg |
28,76 |
17,23 |
39 |
Pfleger |
1/l6 |
Gde Walleshausen |
6,47 |
0,07 |
40 |
Kleiser |
1/8 |
Kommende Landsberg |
19,65 |
8,78 |
41 |
Schneider |
1/l6 |
Kirche Walleshausen |
9,68 |
0,62 |
42 |
Bläslweber |
1/16 |
Kloster Polling |
6,79 |
0,30 |
43 |
Drucker |
1/8 |
Kommende Landsberg |
45,81 |
18,90 |
44 |
Metzgerbernhart 1/4 |
Kommende Landsberg |
39,23 |
28,32 |
|
45 |
Häuselmann |
1/16 |
Kirche Walleshausen |
6,72 |
0,33 |
46 |
Oberer Schuster |
1/16 |
Spital Landsberg |
10,59 |
3,94 |
47 |
Lochner |
3/16 |
Kloster Dießen |
33,02 |
24,21 |
48 |
Kistler |
1/l6 |
Kloster Dießen |
10,29 |
1,11 |
49 |
Gröpper |
1/l6 |
Kommende Landsberg |
12,41 |
6,84 |
50 |
Bock |
1/l6 |
Kloster Dießen |
29,27 |
20,16 |
51 |
Westerbauer |
1/2 |
Spital Landsberg |
15,98 |
10,54 |
52 |
Kistlergrätz |
1/8 |
Kommende Landsberg |
25,14 |
5,22 |
53 |
Mollbauer |
1/2 |
Kloster Benediktbeuem |
76,22 |
66,09 |
54 |
Schmidkaspar |
1/8 |
Kirche Walleshausen |
32,85 |
23,95 |
55 |
Pfarrhof |
Ludeigen |
49,29 |
35,69 |
|
55 1/2 |
zum Pfarrhof |
Ludeigen |
20,18 |
||
56 |
Kirche u. Friedhof |
Freies |
0,50 |
||
57 |
Gemeinde |
Stiftungseigentum |
305,62 |
________________________________________________________________________________________
Aus: Walleshausen - das kleine Polling, hrsgg. v. Walter Brandmüller 1985, S. 86 f.
Dr. Joseph v. Miller
(1769 -1834)
Von Pankraz Fried
Seit dem Jahre 1935 finden wir an der Mühle zu Walleshausen eine Gedenktafel,
die der damalige Müllersohn Heinrich Welz auf eigene Kosten zum Gedächtnis
eines berühmten Sohnes dieser Mühle anbringen ließ. Sie trägt folgende Inschrift:
„In diesem Hause wurde am 15. März 1769 der
k.b. wirkliche Rat und Advokat
Dr. Iosef von Miller, einer der berühmtesten
Rechtsgelehrten seiner Zeit, geboren
(+ 11.2.1834 in München). Wegen seiner
Verdienste erhob König Max ihn, den
Müllerssohn, in den erblichen Adelsstand
(1819).«
Joseph von Miller gehört nicht nur in die Reihe der berühmten
Walleshauser,
sondern auch Landsberger Kreisbewohner. Er wurde am 15. März 1769 als Sohn
des damaligen
Klostermüllers von Walleshausen auf der Klostermühle geboren.
Da die Pfarrei dem Kloster Polling inkorporiert war und die Mühle
gleichfalls zum
Besitz des Klosters gehörte, ist es erklärlich, daß der begabte
Knabe mit zehn
Jahren dorthin zum Studium kam. 1784 trat er in das Gymnasium nach
München
über. Infolge seiner hervorragenden schulischen Leistungen erhielt er dort
das
volle -Albertinische Stipendium«. Dieses ermöglichte ihm auch
hernach noch das dortige Lyzeum
zu besuchen.
In den Jahren 1789 bis 1792 bezog er die bayerischeLandesuniversität
Ingolstadt und studierte
die durch ein Landkind sonst nicht
häufig gewählte Rechtswissenschaft. Einer seiner bekanntesten
Studienkollegen
war der später gleichfalls zu hohen Ehren gekommene Hofkammerrat und
herzogliche Geheimsekretär Iosef Utzschneider, geboren
1763 in Rieden am
Ammersee. Der Dekan dieser Fakultät, Casper Edler von Kandler, konnte
dem
eifrigen Studenten nach Beendigung der Studienzeit 1792 verkünden,
daß er auch
die Doktorwürde mit einer hervorragenden Note erworben habe. Seine
Tochter
Josephine schrieb später in ihrem Tagebuch, daß er dort "durch die
Ausbildung
seines Talents den Grundstein zu seinem nachmaligen Ruhm, zu seinem und
unserm Glück« legte.
Da er auch anschließend in der Praxis sein Können unter
Beweis stellte, wurde er im Alter von erst 23 Jahren zum Hofgerichtsadvokten
in
München ernannt. Neben seiner praktischen Tätigkeit, die
ungefähr der eines
heutigen Rechtsanwaltes entsprach, und bei der er sowohl vom Staat als auch
vom
Hof und vom hohen Adel in Anspruch genommen wurde, widmete er sich auch
einer berufsbezogenen Schriftstellerarbeit. Es ist hier nicht der Ort, seine
zahllo-
sen Schriften über juristische Zeitfragen und Probleme näher
anzuführen, aber sie
wurden unter den Fachgenossen eifrig gelesen und besprochen. Seine
vielfachen
Verdienste fanden eine besondere Ehrung durch seine Erhebung in den
erblichen
Adelsstand am 8. Mai 1819. Als -Konservativer« wandte er sich damals
gegen die
in jener Zeit vorherrschenden Ideen der Französischen Revolution im
Rechtswe-
sen. Neben seinen juristischen Schriften gab er auch einen Band Gedichte
heraus.
Seiner Tochter Iosephine von Miller vererbte er dieses Talent,
welches sie in einst
viel gelesenen Erzählungen und Gedichten weiterpflegte. Die damals
weitverbrei-
tete Münchner Jugendzeitschrift -Iugendblätter« hatten in ihr
eine fleißige und
gern gelesene Mitarbeiterin. Ihre Beziehungen zur Kunst vertieften sich, als
sie
1842 den bekannten Maler der Münchner Schönheitsgalerie
Joseph Stieler ehe-
lichte. Im Sohn, dem bekannten Dichter Karl Stieler, hat sich
die literarische
Begabung der Mutter und des Großvaters in hervorragendem Maße
wieder
vereinigt
Die Familie Miller kann man in den Matrikeln der Pfarrei Walleshausen als
Besitzer der Unteren Mühle bis 1733 zurückverfolgen. Ein Bruder
Iosefs namens
Anton, geb. 1765, war Kirchenpfleger in Walleshausen. Der damalige
Pfarrer
schrieb zum Sterbematrikeleintrag folgende Bemerkung: "Vir alioquin
sagax et
prudens, frater Iosephi Miller
celeberrimi Advocati Monacensis«
(Ein im übrigen
gescheiter und kluger Mann, Bruder des berühmten Münchner
Rechtsanwalts
(Joseph Miller). Nebenlinien der Miller-Sippe finden sich in Prittriching und
in
Wabern. Hier besaßen sie den Schmidbauernhof, auf dem Pfarrer Miller
geboren
wurde, der 1946 in Fischen/ Allgäu verstarb.
aus Walleshausen gebürtigen Hofgerichtsadvokaten in München erinnerten, als
sie Schwierigkeiten mit ihrer Herrschaft hatten. Sie ließen am 20.4. 1794 eine
Beschwerdeschrift durch ihn an den Kurfürsten einreichen, wegen einer ihrer
Ansicht nach ungerechten Abgabe an die damalige Hofmarkherrschaft.
Die Eingabe hatte Erfolg. Das Malteser Commende-Verwaltungsamt Winkl
erhielt schon am 3. 10. 1794 strengsten Befehl auf Abschaffung dieser
ungerechten finanziellen Forderungen. Ein Nachkomme Joseph von Millers berichtete 1927 von der damals auch noch in Walleshausen bekannten Überlieferung, daß vor Jahrzehnten in jedem Jahr zu einer bestimmten Zeit ein alter Herr aus München zur Klostermühle gekommen sei. Bei seinem Aufenthalt habe er immer den alten verwitterten Birnbaum auf der Wiesen vor der Mühle, dem Tummelplatz seiner Jugend, geküßt. Am 11.12.1834 starb Iosef von Miller in München. Sein Grab ist im südlichen Friedhof, ganz in der Nähe der Ruhestätte von Kaspar Ett, Tonkomponist, geboren in Eresing. Leider ist das Grabmal der Miller schon etwas schadhaft. Das Mühlrad im Wappen ist sehr verwittert. Vielleicht wäre es möglich, mit Hilfe der Gemeinde das Grabmal zu erhalten. |
Bayer.
Hauptstaatsa
rchiv
München
Best. Heroldsamt, Adelspatent J. v. Miller
Literatur:
Buhlet, A.
L.: Iosephine von Stieler (geb. von
Miller), in: Oberbayer. Archiv Bd 87 (1965)
121-138
Bosl, K. (Hrsg.): Basis Bayer.
Biographie, Regens-
burg 1983
Fried, P.: Historischer Atlas von Dachau, Mün-
chen 1960, 8lff
Hartmann.
G: Joseph von Miller. Ein Betrag zur
Biographie Kar! Stielers, in: Bayerische Heimat-
Zeitungsbeilage (1927) 114f und 124f
Leinfelder, K. (Aichach): Das
Erzgießergeschlecht
von Miller, Privatdruck 1943/44
Geschichte Bayerns im 16. Jahrhundert, Inns-
bruck 1892; ADB 392-399; NBD 64ff
Otro, E.: Ein bayerischer Dichter und seine Welt.
Vor 100 Jahren starb Kar! Stieler, in: Unser
Bayern 34, Nr. 4 (1985)3lf
Skrabal, G: Dr. Wigulaeus Hundt von Kaltenberg,
in: Landsberger Geschichtsblätter (LG) 42 (1952)
54 und 57ff
- Die Hundt von Lauterbach auf Kaltenberg, in:
Blätter des bayerischen Landesvereins für Fami-
lienkunde 29 (196)214 ff.
- Die Hundt-Glocke in Walleshausen 1553-1953,
in: LG 43/44 (1953-54)102 bzw. 6 und 14ff
Bild: Grabstein im Südl..Friedhof München
_____________________________________________________________________________________
Ende