Sitz Wabern
Geschichte von Schloß und Herrschaft [des adeligen Sitzes Wabern]
Soweit nicht anders vermerkt aus: 800 Jahre WABERN 1190 - 1990. Hrsgg.im
Autrag der Dorgemeinschaft Wabern von Pankraz Fried, Wabern 1990
Herrschaftsgeschichte
(S.30) Das staatliche Leben spielte sich im Mittelalter und darüber hinaus in der sog. Grundherrschaft ab: Landesherr, Adelige und Klöster besaßen das Obereigentum über die bäuerlichen Anwesen, während die Bauern selbst meist nur ein sog. Nutzeigentum innehatten. Seit der Entstehung der wittelsbachischen Landesherrschaft in Bayern im 13. Jahrhundert war der Landesherr im ganzen Lande oberster Gerichtsherr und hatte in vielen Dörfern die Grundherrschaft und das Dorfgericht inne. Nur wenn ein Ort Sitz eines Adelsgeschlechtes war oder zu einem Kloster gehörte, besaßen diese das Niedergericht und einen gutteil der Grundherrschaft, die übrigens aber sehr aufgesplittert sein konnte: meist hatten in einem Ort mehrere Grundherren Höfe inne.
1. Das Rittergeschlecht der Waberer
Gleich mit der schriftlichen Ersterwähnung Waberns um 1190 tritt ein
adeliges Geschlecht auf, das sich nach Wabern nennt:
Eine Frau Richenza von Wabern schenkt vier Leibeigene mit Namen Adelheit samt
ihrem Sohn, Agnes, Oudalricus an das Kloster Schäftlarn. Als Zeugen dieser
Übergabe fungieren die Brüder der Richinza mit Namen Pertold, Heinrich,
Pero und Udalrich von Wabern (Tr Schäftlarn Nr.278). Es mutet uns heute
eigenartig an, daß damals der Adel Bauern und Dienstboten zu eigen, als
sog. "Leibeigene" besaß und diese, wenn sie z.B. wegziehen oder heiraten
wollten, die Genehmigung ihres Dienstherrn einholen mußten. Wenn man aber
weiß, daß die kleine Adelsfamilie der Waberer selbst leibeigen einem
größeren Herren, wahrscheinlich den Grafen von Dießen-Andechs
war, so wundert einen diese Tatsache weniger. Der Herrschaftsaufbau im
Mittelalter
beruhte auf diesen ganz persönlichen Beziehungen der Zugehörigkeit, da
es einen modernen Staat noch nicht gab.
Wo die Burg der Waberer stand, ist nicht mehr gen au auszumachen. Vermutlich war
es der Bergvorsprung, auf dem heute die Kirche und der Knollerbauernhof stehen.
Das Patrozinium des zweiten Ritterheiligen nach Georg, St. Pankratius, das die
ritterlichen Romfahrer im Mittelalter von der Basilica San Pancratio in der Via
Aurelia Antica in Rom mitgebracht haben, weist auf eine einstige Burgkapelle hin.
Später dürften die Waberer in einem Wasserschlößchen gewohnt
haben.
Konrad von Wabern, der schon bei der urkundlichen Ersterwähnung begegnet,
wird noch mehrmals als Zeuge in den Urkunden genannt, einmal bei einer Schenkung
eines ritterlichen Eigenmannes des Andechser Grafen Berthold, Herzogs von
Dalmatien und Kroatien (Schäftlarn Trad. 39). Daraus ist zu folgern,
daß die Waberer vielleicht Ministerialen (ritterliche Dienstleute) der
Andechser Grafen waren und von ihnen mit Wabern belehnt wurden. 1224 tritt dann
wieder ein "Odolricus Wabrerius" auf, diesmal in Südtirol zusammen mit
seinem Sohn Berthold (Martin Bitschnau, Burg und Adel in Tirol zwischen 1050 und
1300, Wien 1983, S.485). Olricus Wabrer erscheint nochmals 1238 (KlU
Benediktbeuern 37,38). Im folgenden seien die einzelnen Nennungen von Waberer
kursorisch aufgeführt:
1237 Volricus Wabrarius, Zeuge im Hause des von Wanga, in dem Wulfing wohnt (Acta
Tirolensia 11, 760)
1256 Sifrid Wabraere, Zeuge 8. IX (KlU Ben. 56)
1278 Dietricus miles de W. (MB 22,226) 1295 Sifrid v. Waber, Zeuge zu Murnau (KIU
Ben. 108)
1295 Sifridus de Wabern (MB 8,220)
(S.31)1302 Sifrid der Wabrer Z.6.1(KlU Ben. 126)
1302 Chunrat der Wabrer, Ritter, Zeuge 13.II. (KLU Dießen 32)
1317 Apr. 24: Heinrich der Wabrer Zeuge GL La 1103)
1332 Heinrich Wabrer zu Steindorf, Ott von Wabern und Chunrad der Alt ze Waber
(OA VIII,247)
1339 Chunrad der Waber ist der Bruder der Frau Ut des Paul Gaultzhover von
Gaultzhoven Hausfrau. Als Zeuge erscheint ChunradI der Alt von Wabern (MB IX,
177f.)
1347 Johann der Wabrer, Kirchherr zu Ickhein 23.7. (HSTA Mü, Reichsstadt
Augsburg)
1352 Dietrich d.W., burger zu Augsburg (MB XXIII, 183)
1352 Lutz Wabrer (MB XXII, 320)
1388 Ulrich der Pfetner begibt sich der Lehenschaft an aufgeführten, von
Heinrich dem Wabrer dem Spital zu Landsberg verschafften Liegenschaft zu
Landsberg (OA 49,304) 1391 Aug.13: Stefan Wabrer als Zeuge (GL 26(247))
1412 Okt.10: Erhart der Wabrer (GL La 48)
1430 Caspar und seine Frau Anna (MB XXII,445)
1450 Juli 20: Peter Wabrer ertauscht ein Ängerlein zu Oberigling (GLLa
578)
1451 Okt. 24: Caspar Wabrer als Siegler (GL La 495)
1456 Okt. 24: Caspar Wabrer als Siegler (GL La 497)
1457 Erhart de Wabern (MB X, 321)
1457 Peter Wabrer (MB X, 226)
1461 Caspar v. Wabern und sein Sohn Panatius "armigeri", 3.4. (GL La 1540)
1464 Caspar Wabrer, Bruder des Erhart, dessen Frau Cäcilia und Tochter Anna.
(MB XX, 577f.)
1464 Juli 23: Cunrat Wabrer, Bürger zu Landsberg, Sohn Peter Wabrer (GL La
1581)
1470 Otto Wabrer, Bürger von Mühldorf Wappen geschacht; Primbs IV, 79
Archiv Mühldorf)
1470 Peter Wabrer, Bürger zu Landsberg
Okt. 26 (Landsberg Urk)
1476 Peter Wabrer von Landsberg als Zeuge
(GLLa 1421). Peter Wabrer kommt in den städtischen Urkunden zwischen 1444
und 1490 als Hausbesitzer, Bürger, Ratsmitglied und Spitalpfleger vor
(Landsberger Gesch.BI. 26. Jgg. (1929) nr.3 Sp. 18 f.)
1498 Hans Sänftl und Sebastian Wabrer, Bürger zu München, sind
Vormünder der Kinder (Anton, Veronica, Dorothea) des verstorbenen Jerg
Sänftl, Bürgers zu München (GU Kranzberg Fasc. 43 Nr. 634).
Sebastian Wabrer war vermutlich mit einer Sänftl verheiratet, oder
Margaretha, die Frau von Jerg Sänftl, war eine Wabrerin.
1505 Jan. 19: Hans Eckhart, Apotheker, Bürger zu Augsburg,
bevollmächtigt seinen
Schwager Johann Rueland, z.Z. in München, an seiner statt von Herzog
Albrecht die Belehnung mit dem Hof zu Wabern, den Clas Birck daselbst baut und
den er dem verstorbenen Sebastian Wabrer abgekauft hat. (GLLA 955)
1506 Juli 20: Die Herzöge Albrecht und Wolfgang verleihen dem Augsburger
Bürger Hans Egkhart und seiner Ehefrau Anna auf Lebenszeit
Hofmarksgerechtigkeit auf Sitz und Dorf Babern. Diese besitzen dort 2 Höfe
(GL LA 956,957). Siehe S. 12.
1520 nach Absterben seiner Mutter wurde Anton Sänftl mit dem Hof zu Wabern
belehnt. Im 15. Jahrhundert war er Lehen der Herrschaft Peißenberg, einer
ehemaligen welfischen Herrschaft. Damals hatte ihn Els Judmannin inne, vermutlich
die Witwe des Landsberger Landrichters Arnold Judmann (1430-1433) (Landsb.
Gesch.Bll. 26 S. 18; P.Fried, Zur Geschichte der Herrschaft Peißenberg
(Festgabe K. Bosl) 1969 S. 51 ff.) 1524 ... als aber die Wabrer burger zu
München worden vnnd itz in Anthonien Sänftls gewalt chomen ... (HSTA
Staatsverw. 2387 f. 71)
Die Münchner Bürger Sänftl
Der Übergang des Sitzes Wabern von den Waberer an die Sänftl erfolgte
wohl größtenteils auf dem Erbwege aufgrund Verschwägerung. Ignaz
Gloggner führt in seiner Beschreibung der Pfarrei Walleshausen
(1770) (S.31)an, daß nach einem "Aktl", den Pankraziakker betreffend,
die Edlen von Wabern "Voreltern und Vettern" der SännftI genannt werden.
(Sp. 4)
Die SänftI hatten den Edelmannsitz Wabern von ca. 1520 bis 1627 inne. Am 19.
November dieses Jahres verkauft ihn die SänftI, inzwischen Bürger von
Augsburg wegen ihrer evangelischen Konfession geworden, an das Kloster
Wessobrunn. (GD La 966).
Wie das Schlößchen und der Besitz der SänftI zu Wabern beschaffen
war, zeigt uns ein Grundbuch von 1607, ferner der Beitrag auf S. 35: Schloß
Wabern lag auf einer Insel. Das Kloster Wessobrunn konnte sich nur einige wenige
Jahre am Waberner Schlößchen erfreuen. Beim ersten
Schwedeneinfall1632/33 wurde es wohl, wie die meisten anderen Höfe, ein Raub
der Flammen und wurde nicht mehr aufgebaut, wie auch der Sedlhof, der an 4 Bauern
verteilt wurde. (S. 11) Die Wessobrunner Mönche hatten später ihre
Freude an den Forellenweihern zu Wabern (S. 66).
Anmerkung: Neben den Waberern besaß auch der bayerische Landesherr Höfe in Wabern. Im ältesten Herzogsurbar von ca. 1330 sind Vogteiausgaben aus 2 Höfen des Waberers (curia Waberii) unter dem Amt Maenchingen (Merching) aufgeführt. Ebenso gehörte 1 Hof zu Wabern direkt zu diesem Amt. Zwei weitere Höfe zu Wabern sind unter dem Amt Mering aufgeführt (MB XXXVI 192f., 187). Das gleiche ist noch im herzoglichen Salbuch von 1270 verzeichnet (MB 36a, 193). Im 3. Herzogsurbar von ca. 1330 war 1 Hof verpfändet, der zweite Hof "in Babern" war vertauscht mit einem Hof zu Stimm und im Besitz der Fridericus Gerawter. (MB 36b, 521).
Der Übergang des Sitzes Wabern von den Waberer an die Sänftl erfolgte wohl größtenteils auf dem Erbwege aufgrund Verschwägerung. Ignaz Gloggner führt in seiner Beschreibung der Pfarrei Walleshausen (1770) (S.31)an, daß nach einem "Aktl", den Pankraziakker betreffend, die Edlen von Wabern "Voreltern und Vettern" der SännftI genannt werden. (Sp. 4) Die SänftI hatten den Edelmannsitz Wabern von ca. 1520 bis 1627 inne. Am 19. November dieses Jahres verkauft ihn die SänftI, inzwischen Bürger von Augsburg wegen ihrer evangelischen Konfession geworden, an das Kloster Wessobrunn. (GD La 966). Wie das Schlößchen und der Besitz der SänftI zu Wabern beschaffen war, zeigt uns ein Grundbuch von 1607, ferner der Beitrag auf S. 35: Schloß Wabern lag auf einer Insel. Das Kloster Wessobrunn konnte sich nur einige wenige Jahre am Waberner Schlößchen erfreuen. Beim ersten Schwedeneinfall1632/33 wurde es wohl, wie die meisten anderen Höfe, ein Raub der Flammen und wurde nicht mehr aufgebaut, wie auch der Sedlhof, der an 4 Bauern verteilt wurde. (S. 11) Die Wessobrunner Mönche hatten später ihre Freude an den Forellenweihern zu Wabern (S. 66). Anmerkung: Neben den Waberern besaß der bayerische Landesherr auch Höfe in Wabern. Im ältesten Herzogsurbar von ca. 1330 sind Vogteiausgaben aus 2 Höfen des Waberers (curia Waberii) unter dem Amt Maenchingen (Merching) aufgeführt. Ebenso gehörte 1 Hof zu Wabern direkt zu diesem Amt. Zwei weitere Höfe zu Wabern sind unter dem Amt Mering aufgeführt (MB XXXVI 192f., 187). Das gleiche ist noch im herzoglichen Salbuch von 1270 verzeichnet (MB 36a, 193). Im 3. Herzogsurbar von ca. 1330 war 1 Hof verpfändet, der zweite Hof "in Babern" war vertauscht mit einem Hof zu Stimm und im Besitz der Fridericus Gerawter. (MB 36b, 521).
3. Die Sänftl und die Reformation
1966 ist ein Buch erschienen: "Geschichte und Strukturen der evangelischen
Bewegung im Bistum Freising" von Hans Rößler. Was wir bisher mehr in
allgemeinen Zügen über die Geschichte der reformatorischen Bewegung im
Herzogtum Bayern wußten, das wird in diesem
(S.32 )Buch durch die Einzelereignisse in der Residenzstadt München und in
den Pfarreien des Bistums Freising bildhaft vor Augen geführt. Es
gehört zu den großen Ereignissen der bayerischen Geschichte, daß
wie beim Bauernaufstand 1525 die Wellen der Reformationsbewegung sich an den
Grenzen des bayerischen Herzogtums brachen, daß dieses Bayern dann unter
Herzog Wilhelm V. und seinem großen Sohn, dem Kurfürsten Maximilian I.
zum Hort der Gegenreformation in Deutschland, und man kann ohne Übertreibung
sagen, in fast ganz Europa wurde. Wir wissen auch, daß dieses Festhalten
Bayerns am alten Glauben fast ausschließlich auf der Haltung der
wittelsbachischen Fürsten beruht hat. Bereits 1522 erließ Herzog
Wilhelm IV. von Bayern das erste Religionsmandat, das in seinem Lande die
Einführung der neuen Religion verbot. Aber erst der Bauernaufstand von 1525,
der auf den bayerischen Fürsten und seine Beamten wie ein Schock gewirkt hat
- mußten doch im Gefolge mit der neuen Lehre "aufruer, empörung und
zerrüttung" befürchtet werden - brachte den harten Kurs und drakonische
Strafen für die Neugläubigen. Daß ein hartes Vorgehen notwendig
war, um den alten Glauben im Lande zu behaupten, zeigen die Verhältnisse im
Bistum Freising, wo die evangelische Bewegung in den zwanziger Jahren eine echte
Volks bewegung gewesen zu sein scheint, die sich in vielfachen
Zusammenschlüssen und Gruppenbildungen äußerte. Der gut
funktionierende herzogliche Beamtenapparat hatte aber in wenigen Jahren die
Bewegung unter Kontrolle, und man kann sagen, daß seit den dreißiger
Jahren des 16. Jahrhunderts der Protestantismus in Bayern als überwunden
angesehen wurde. Die Bauern auf den Dörfern des flachen Landes blieben
katholisch.
Anders war dies beim Adel und zum Teil bei den Bürgern in den Städten.
Hier gab es, vor allem seit dem Augsburger Interim von 1548, starke Gruppen, die
der neuen Lehre zuneigten und, was das Entscheidende ist, als "Landstände"
auch politische Einflußmöglichkeiten besaßen, ihre Ansichten
durchzusetzen. So mußte Herzog Albrecht V., der 1550 an die Regierung
gekommen war, von (S.33)Anfang an sehr vorsichtig mit den Landständen
taktieren, war er doch auf die Bewilligung einer Steuer angewiesen, die die rasch
wachsenden Staatsschulden notwendig machten. Um seinem Adel entgegenzukommen,
erlaubte er 1556 das Abendmahl unter bei den Gestalten; ja er ließ in
Trient sogar die Priesterehe fordern. Durch dieses herzogliche Entgegenkommen
bestärkt, forderte eine Adels- und Bürgergruppe unter der Führung
des früheren Hofmarschalls Pankraz von Freyberg zu Hohenaschau auf dem
Landtag zu Ingolstadt 1563 die Zulassung der Augsburg er Konfession. Jetzt aber
lehnte der Herzog ab, und als daraufhin der Graf von Orten burg eigenmächtig
die Reformation in seiner Grafschaft einführte und dem Herzog im
Frühjahr 1564 ein Briefwechsel in die Hände fiel, der die ganze
landständische Oppositionsgruppe aufs schwerste belastete, da glaubte
Albrecht V. eine Verschwörung zu wittern. Pankraz von Freyberg, der
führende Kopf der Gegenbewegung, wurde mit einer Reihe von anderen
"verdächtigen Konspiratoren" ins Gefängnis geworfen und ihm bald darauf
der Hochverratsprozeß gemacht. Aus Mangel an Beweisen zwar freigesprochen,
starb P. v. Freyberg als gebrochener Mann kurz darauf, und der übrigen
landständischen Opposition wurde in der Folgezeit durch die Androhung der
Landesverweisung das Rückgrat gebrochen. Das gleiche Schicksal wurde den
Münchner Bürgern angedroht, die sich in den Regligionsverhören von
1569 zum evangelischen Glauben bekannten. Nicht weniger als 48 Münchner
Bürgerfamilien verließen daraufhin in den folgenden Jahren aus
Glaubensgründen die Stadt und suchten eine neue Niederlassung in Augsburg,
Regensburg, Nürnberg, Ulm und in anderen Städten.
Unter ihnen war auch das Mitglied des äußeren Rates der Stadt
München, Augustin Sänftl, Inhaber des adeligen Sitzes Wabern. Dieser
Augustin hatte bereits seit dem Schmalkaldischen Krieg unter beiden Gestalten
kommuniziert und lehnte im Religionsverhör von 1569 hartnäckig alle
Belehrungsversuche mit dem Hinweis ab, daß er nach
Augsburg ziehen werde. Als er 1571 in seiner Eigenschaft als Kirchenpropst des
Liebfrauengottesackers wegen der Kirchenrechnung zu München weilte, wurde er
nochmals vorgeladen: er konnte aber erklären, daß er sein
Münchner Bürgerrecht bereits augegeben habe, um seinem Augsburger
Bruder Georg in dessen "grossen kaufmans handlungen beistendig" zu sein. Sein im
bayerischen Landgericht Landsberg gelegenes Wasserschlößchen Wabern
gab er aber nicht auf, obgleich die Beamten im Landgericht Landsberg bei jeder
Gelegenheit ihrem herzoglichen Herrn zu München meldeten, daß der
Augustin Sänftl zu Wabern der "evangelischen Religion beygethan sei". Das
wirtschaftliche Vermögen seiner Familie scheint aber durch den Wegzug aus
München stark in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein; der Einstand in
Augsburg war wohl schwieriger als er sich ihn vorgestellt hatte. Seine Kinder
scheinen in Augsburg nicht recht heimisch geworden zu sein; die Töchter
wenigstens blieben auf dem Lande und heirateten Wirte oder Bauern. Maria-Jacobe
scheint es besonders gut in Wabern gefallen zu haben; der besondere Grund war
wohl der junge Bauer Hans Süßmair, ein Waberner Untertane ihres
Vaters, der auf dem Maxibauernhof saß. Der alte Augustin Sänftl wird
dem jungen Ehepaar wohl seinen Segen gegeben haben, räumte er ihm doch die
Mühle neben dem Schlößchen als neuen Wohnsitz ein. Der Waberner
Bauer und die evangelische Bürgerstochter aus München - sie wird wohl
bald katholisch geworden sein - hatten einen Sohn namens Hans Süßmair,
der als Inhaber des elterlichen Hofes genannt wird.
Dann aber schweigen die Quellen. Nach dem Dreißigjährigen Kriege gab
es in Wabern keine Sänftl und keine Süßmaier mehr.
(Erstmals gedr. LT 3./4.12.1966;vgl. dazu auch P. Fried, Adeliger Sitz Wabern, im
Hist. Atlas Landsberg/Schongau S.143 (1972))
(S.33)Stammbaum der Sänftl
(nach Mitteilungen von Niklas Frhr. v. Schrenk-Notzing)
Seit 1388 Münchner Bürger, aus Wasserburg stammend, seit 15.
Jahrhundert Haus zu München.
1498 sind Hans Sänftl und Sebastian Wabrer, B.z.M. Vormünder der Kinder
Anton, Veronica, Dorothea des verstorbenen Jörg SänftI, B.z.M. Daraus
geht hervor, daß die Frau des Jörg vermutlich eine Wabrerin war.
_______________________________
1. Jörg + 1488/29 VI 1498 00 Margareth
2. Hans, B.z.M.
3. Anna
00 Hundertpfund
4. Siegmund, Domherr Freising
5. Barbara
00 Kaltenbrunner, Tuchmaler
__________________
Kinder des Jörg Sänftl:
1. Anton
zu Wabern + 24. VIII. 1551 St. Salvator 00 I ?Schweindl
00 II 28.9.1536 Anna Köllner + 1. 10. 1590
2. Ursula
00 Sebastian Ligsalz
3. Veronika
4. Dorothea
5. (?) Niklas, zu Wabern, 1523 Canonikus U.L.F., + 26. XI. 1554
34
______________________
Kinder des Anton mit H. Frau:
1. Andreas, 1560 B.z.A., z.M. 00 Anna Scheuchenstuel
2. Augustin, 1572 B.z.M.
3. Georg, B.z.A.
00 Augsburg 21. 1. 1561 Sibylla Kraffter
4. Anna
00 Andre Part
5. Katharina
00 1545 Anton Schluder
_____________________
Kinder des Augustin (1605)
1.Albrecht
2. Wilhelm
3. Maria Jacobe
00 Hans Süßmair zu Wabern
4. Elisabeth
00 Veit Höfler, Wirt zu Schönleiten
_________________________
Kinder des Georg, B.z. A. (1607):
1. Anton B.z.A.
00 Regina
2. Hieronimus
3. Georg
4. David; B.z.A. 1632
00 1602 Felizitas Stengler + 1646
Kinder: 1. Felizitas
00 Lucas Schmid
2. David
00 1626 Anna Lanzinger + 1673
5. Paulus + 1648
00 1608 Jacobe Ziegler + 1652
6. Sybilla + 1627
00 1609 F. Weiser d.J., Hauptmann, + 1652
7. Regina + 1618
00 Ulrich Walter + 1626
________________________________________________________________
Schloß Wabern lag auf einer Insel
Beschreibung im Hauptstaatsarchiv entdeckt
[S. 32] Daß in Wabern einst ein Schloß stand, ist historisch leicht
zu erweisen. Der berühmte bayerische Gelehrte und Karthograph Philipp Apian,
der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelebt hat, vermerkt beim
Landgericht Landsberg unter Wabern:
"Schloß, Dorf, Kirche, an der Paar gelegen". Etwa 150 Jahre später, um
1720, berichtet Michael Wening, der im Auftrag der damaligen bayerischen
Landschaft (=Landtag) eine "Beschreibung des Kurfürstentums Bayern"
verfaßt hatte, daß Wabern ein "adeliger Sitz in Oberbayern, Gericht
Landsberg ... " sei, der vordem den Sänfftl gehörte, die Edelleute und
Bürger in Augsburg sowie der "evangelischen Religion beygethan" gewesen
seien. Neben diesen beiden aus bekannten großen historischen Werken
stammenden Nachrichten gibt es noch einige andere Quellenstellen aus dem 15. und
16. Jahrhundert, die eindeutig das Vorhandensein eines Schlosses in Wabern
bestätigen. Keine einzige dieser historischen Nachrichten läßt
jedoch erkennen, an welchem Platz in Wabern das Schloß stand.
Ein altes Dokument
Ein glücklicher Umstand hat uns aber bis zum heutigen Tag ein Dokument
erhalten, in dem Lage und Aussehen des ehemaligen Waberner Schlosses genau
beschrieben ist. Es ist dies eine aus dem Jahre 1607 stammende "Beschreibung des
adenlichen Guetts, vnnd Sitz Waberen" die in einem Pergamentumschlag 26 vorne und
hinten beschriebene Seiten umfaßt. Die Geschichte dieses ansehnlichen
Archivales ist typisch für viele andere. Am 27./28. August 1607
anläßlich einer Güterteilung angelegt, wanderte es 1627, als die
Sänfftelschen Erben ihren Sitz Wabern mit aller Zubehör dem Kloster
Wessobrunn verkauften, mit der Verkaufsurkunde in die Registratur des
Landgerichts Landsberg. Zusammen mit allen Landsberger Gerichtsurkunden wurde die
Beschreibung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem damaligen
Reichsarchiv , dem heutigen Hauptstaatsarchiv in München übergeben, in
dem sie bis zu ihrer Entdeckung vor einigen Jahren unter der Bezeichnung "Gericht
Landsberg Urkunden Fascikel 78/II" einen Dornröschenschlaf geführt
hatte.
Aus der Beschreibung von 1607 seien nun diejenigen Stellen herausgegriffen, die
das ehemalige Waberner Schloß behandeln.
Durchgeendt frisch Brunen Wasser
"Erstlich so hatt es alda zu Waberen im Dorff ain fein gemaurtt Heren Haus,
welliches ob es wol nit gar groß, jedoch nach notturfft vnnd gannz wol
erbawen, so mit ainem Weiher von lautterem schenem Brunenwasser gerings vmbgeben,
dariber ain hilzine Bruggen von frischem guetten Aichholtz gemacht vnnd
geschlagen worden. Dabey vnnd in diser Hofraitin (=Hofbezirk) hatt es ain
Pfleghaus sambt ainem abgesinderten Badstiblin mit seinem Bachoffen, vnnd daneben
zwen Städel, so alles mit ziegel gedeckht, darunder sonnderlich der ain
Stadel, mit Roß- vnd Vieh-Stallungen, nach notturfft erbawen vnnd fursehen.
Dabey ain Wasserhaus, von dem das Brunenwasser in das Hern-Haus, den Rerkasten
vnnd sonst andere Ortt gefiertt wirdt. Umb vnnd bey sollicher behausung hatt es
zwen zirn blich grosse Bambgärtten so wol zum nutz zu richten. Darinn ain
Kuchingärttlin. Weitter zwen grosse vnnd ain klein Änngerlin, in
wellichem grundt seien vier Weicher, die all ir durchgehendt frisch Brunenwasser
haben, zu Fahrsinen vnnd Asch (Fischarten) ganz taugennlich.
(S.36)Gemeltter (= erwähnter) gezirckh, so beysamen ligt, stost gegen
Aufgang (=Osten) an die Barr, Ellinger Möder (=Eglinger Wiesen) vnnd zum
thail an die Mihlin (=Mühle), den Hern Sännfftel geherig, so jetzo
Hanns Siesmair bewohnt, gegen Nidergang (=Westen) ligt das Veldt darann, stossen
ettliche mit ihren äckheren darauf; gegen Mittag (=Süden) ainsthails
ain der Herrschaft selbs Hoff, bewonnt in jetzo Hanns Veitt vnnd dann gegen
Müttnacht (=Norden) an Waberer vnnd Hattenhoffer Gemeindt (erg.-GrÜnde)
... Hans Süsmair bewonnt der Herrn Sännfftel Mühl zu Wabe ren, so
Ime auf sein Leib, nach Stifftsgebrauch verlihen worden. Dabey hatt es ain
Stadel, Speicher vnnd Badtstiblin, stost gegen aufganng an die Bar, gegen
Niderganng vnnd Müttnacht an die Hern Sännfftel Gartten beim
Schloß, gegen Mittag an die Gemeindt zu Wabern ... "
Nordwestlich der Mühle
Die in der Beschreibung enthaltenen geographischen Angaben ermöglichen es,
die Lage des Waberner Schlosses genau zu bestimmen. Wir müssen dabei von der
Tatsache ausgehen, daß das Schloß von einem Weiher umgeben war,
daß es sich also um eine Wasserschloßanlage gehandelt hat. Nach der
Beschreibung müßte es nordwestlich der Mühle (Hs.-Nr. 2) gelegen
sein, an einer Stelle, an der sich heute noch zwei Weiher befinden, die etwa 50
Meter vom Wohnhause des Anwesens Nr. 8 (Grundler) entfernt sind und unmittelbar
am Fuße des westlichen Paartalabhanges liegen. Da anzunehmen war, daß
dieses Gelände durch die Anlage einer Wasserkraftanlage und eines
größeren Stadels im 19. Jahrhundert stärker verändert wurde,
erschien es angebracht, einen Blick auf das einschlägige Blatt des
frühesten Katasters, des sogenannten Urkatasters von 1808, der im
bayerischen Landesvermessungsamt München liegt, zu werfen. Damals lag an der
Stelle der heutigen zwei Weiher ein einziger, größerer, in dessen
südlicher Hälfte sich eine kleine Insel befand, deren Länge etwa
20 Meter und deren Breite gute 10 Meter betrug (S.36)(vgl. die Kartenskizze). Es
ist die kleine Insel, auf der das alte Waberner Wasserschloß gestanden
ist!
Wie das Schloß im einzelnen ausgesehen hat, darüber ist im oben
gebrachten Bericht genü-gend enthalten. Hier sei nur betont, daß es
kein großartiger Schloßbau war, sondern, wie es 1560 auch
heißt, ein "gemauert Häusl ode Schlößl" darstellte, das
vielleicht die Größe eines heutigen alleinstehenden Bauernhauses
hatte. Immerhin unterschied es sich aber von den Bauernhäusern der damaligen
Zeit dadurch, daß es "gemauert" war und ein Ziegeldach hatte, während
jene durchwegs noch aus Lehm gebaut und mit einem Strohdach gedeckt waren. 1607
ist noch erwähnt, daß "in der vnndern täglichen Wohnstuben des
Schlößleins" ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde.
Dem Kloster Wessobrunn verkauft
Wie lange das Waberner WasserschlößI mit seinem Pfleghaus, Badstüberl, Wasserhaus, Städeln, Baum- und Küchengärtlein nach 1606/07 noch gestanden hat, wissen wir nicht genau. Jedenfalls noch 1627, als es die bisherigen Inhaber, die Sänftel zu Augsburg, mit aller Zubehör - es waren dies die Mühle, der vom Kurfürstentum Bayern ritterlehenbare Maxlbauer, der Nudlbauer, ein um 1650 aufgeteilter Hof, der Hufschmied, der Wirt, der damals erst "ain Söldt vnnd ain Gärtlein" sein Eigen nannte, ferner zwei Söldner (=Kleinhäusler) zu Walleshausen - dem Kloster Wessobrunn verkauften, wohl aus Zwang, nachdem der bayerische Kurfürst verfügt hatte, daß Protestanten mit der Konfiszierung ihrer Güter zu rechnen hätten, falls sie diese nicht bis zu einem bestimmten Termin abgestoßen haben. Nur noch ein paar Jährchen wird das Waberner Schlößchen die Herrschaft des berühmten bayerischen Klosters erlebt haben.
Von schwedischen Reitern zerstört
Eines Tages im Jahre 1632 wird ein schwedischer Reiterhaufe, nachdem er vorher die Dörfer des Paartales verwüstet hatte, den roten Hahn auch auf das kleine Waberner
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Eine Rekonstruktion des alten Wasserschlößchens in Wabern. Bild oben der Lageplan nach dem Kataster von 1808, unten eine Skizze dieser Anlage, wie sie sich einst dem Betrachter darbot.
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[37] SchlößI gesetzt haben. Als wieder Friede im Lande war, hatte
Wessobrunn vermutlich kein Interesse mehr, das kleine Schloß aufzubauen,
für das es ja keine Verwendung mehr gab (siehe Skizze).
Vielmehr ließ das Kloster etwas oberhalb des Schloßweihers einem
Untertanen ein Häusel erbauen, dessen Inhaber der "Loher" war. Aus ihm wurde
bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durch Zukauf der Grundlerbauer, der um 1900 das
Anwesen etwa 50 Meter südlich des alten "Lohers" neu erbaute. Er ist heute
Eigentümer des gesamten Grundes und Bodens, auf dem sich einst das Waberner
SchlößI mit seinen Weihern, Gärten und Aengern erstreckte. Noch
heute gehört der Winkel hinter dem Grundlerschen Anwesen zu den
malerischsten und romantischsten des ganzen oberen Paartales, dank dem Interesse
des jetzigen Besitzers für Landschafts- und Gartenpflege.
An der Stelle, an der das Schlößl stand, erhob sich bis vor einigen
Jahren ein im 19. Jahrhundert gebauter Stadel, an dessen Nordseite (S.37)ein
Wasserrad aus dem Jauteren schenen Brunenwasser" des "Schlößlweihers",
wie den Weiher noch die ältesten Einwohner Waberns, ohne mehr zu wissen,
daß hier einmal tatsächlich ein Schloß gestanden hat, bezeichnet
haben, - gespeist und getrieben wurde. (V gl. hiezu die von H. Welz, in den
"Landsberger Geschichtsblättern" zusammengestellten Walleshauser und
Waberner Flurnamen. )
Für die Augsburger Bürger und Edelleute Sänfftel mag das Waberner
SchlößI eine Stätte der Erholung und Entspannung gewesen sein,
wenn sie nach anstrengenden Handelsgeschäften einige ruhige Tage auf dem
Lande suchten. Neben der ruhigen und malerischen Lage waren es aber wohl vor
allem die fischwasser und Fischweiher, denen man neben Ablenkung und Zerstreuung
noch Genüsse für einen verwöhnten Magen abgewinnen konnte.
Interessant ist, daß sich diese Seite der alten Waberner
Schlößlherrlichkeit durch alle Zeiten hindurch bis zum heutigen Tag
erhalten hat. Nach dem Dreißigjährigen Kriege hören wir erstmals
wieder von einer Fischzucht in Wabern 1717/25, als der damalige Pfarrer von
Walleshausen und Chorherr von Polling, der gebürtige Innsbrucker
Bartolomedi, die Waberner Fischwasser und Fischweiher, die er vom Kloster
Wessobrunn gepachtet hatte, instandsetzte, das "Köckwasser (= Quellwasser)
durch sogenannte "Teuchen" in die Weiher hineinleitete und dann mit Forellen und
Hechten besetzte. Heute unterhält die Augsburger Stadtfischerei
Schöppler auf dem Gelände dieser alten Weiher eine große
Fischzuchtanlage - nachdem 400 Jahre zuvor bereits zum ersten Male Augsburger
Bürger ihre Liebhaberei zum Waberner Fischwasser entdeckt hatten. Vieles
gäbe es noch im Zusammenhang mit dem Waberner SchlößI zu
berichten, über seine Usprünge, über die edlen Waberer, die es bis
1500 bewohnten, über die Bauern, die zu ihm als Untertanen gehörten.
Dies alles muß einer eingehenden Ortsgeschichte vorbehalten bleiben. Die
obigen Ausführungen sollen aber nicht zuletzt zeigen, wieviel historische
Quellen über die Orte unseres (S.38)Landkreises noch unausgewertet und
unentdeckt in den staatlichen Archiven ruhen, und sie sollen schließlich zu
intensiver orts geschichtlicher Forschung im Landkreis anregen.
Wenngleich bis jetzt schriftliche Nachrichten nicht aufgefunden werden konnten,
daß das alte Waberner SchlößI von den Schweden zerstört
wurde, so sind doch solche über den nahe beim Schloß gelegenen Sedlhof
vorhanden. Im Steuerbuch des Landgerichts Landsberg vom Jahre 1671, das heute im
Staatsarchiv für Oberbayern (Kreis archiv) in München liegt, ist unter
Wabern vermerkt (St.-B. Ne. 237 fol. 229): "Der verhandtne Sedlhof ist zu
erster"Khrieg- und Feindtszeiten abgeprendt worden". Der "erste" Schwedeneinfall
erfolgte in unserem Gebiet in den Jahren 1632/33. Sein Höhepunkt war die
Belagerung der Stadt Landsberg im April 1633, in deren Verlauf auch viele Orte
zwischen Lech und Isar niedergebrannt wurden, nachdem sich die Einwohner in die
Wälder oder in die Berge geflüchtet hatten. (V gl. die eindrucksvolle
Schilderung von P. Winkelmayer in LG, Jahrg. 1930 Ne. 1 H.). Neben dem Sedlhof
ist damals auch der Maxibauernhof eingeäschert worden. Beide Höfe lagen
daraufhin bis 1659 öd. In diesem Jahre vergab das Kloster Wessobrunn, dem
die beiden Höfe seit 1627 gehörten, den Maxibauernhof als "oede
Prandtstatt" einem Blasius IgI, der alles wieder neu aufbaute. Für den
Sedlhof scheint das Kloster keinen Pächter mehr gefunden zu haben. Es teilte
ihn daraufhin 1659 in vier Teile auf, die der damalige Waberer Wirt Michael
Wirsching, der damalige Waberner Müller Thomas Kracher und zwei Söldner
(Kleinhäusler) zum Bebauen erhielten. Sie mußten sehr viel Mühe
aufwenden, die Felder wieder in guten Zustand zu bringen. Dies hat der Wirt auch
eigens in seiner Steuerrolle vermerken lassen: " .... hat vor solchen Jahren
den verhandten Feldtpau, welcher 24 Jahrlang oedt gelegen und ainesthails
verwaxen gewesen, widerumben zu würden gebracht."
(Heimatfreund
Jg. 1961 Nr. 1)
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Die bäuerliche Familie Süssmair in Wabern
Von Pankraz Fried
In: Blätter des Bayer. Landesvereins für Familienkunde 29. Jgg. 1966 S. 83-85
(S.83)Bekannt, doch bis jetzt zu wenig erforscht und dargestellt sind die
Beziehungen Münchner und Augsburger Bürger zu den Dörfcrn und
W,eilern im Umkreis von München und Augsburg in den vergangenen
Jahrhunderten. Wie bedeutend deren Rolle als Inhaber von Schlössern,
Bauernhöfen, Dorfgerichten und Hofmarken auf dem flachen Land um
München im 15. und 16. Jahrhundert war, hat für den Raum nördlich
und westlich der Landeshauptstadt der Historische Atlas von Bayern gezeigt, der
die alten Landgerichte Dachau und Kranzberg historisch-statistisch beschreibt ( 1
).
Daß die Münchener und Augsburger Grundherren darüber hinaus aber
auch mit den Bauern dieses Raumes in verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden
haben könnten, daran würde angesichts der großen sozialen Kluft,
die in der Vergangenheit den adeligen oder bürgerlichen Grundherrn vom
grundhörigen und leibeigenen Bauern getrennt hat, wohl niemand ernstlich zu
denken wagen. Daß es aber solche verwandtschaftliche Beziehungen
tatsächlich gegeben hat, läßt sich einwandfrei durch historische
Quellen beweisen.
Wir müssen hierfür einen Blick in die Geschichte des etwa 50 km
westlich von München im Landkreis Landsberg gelegenen Dörflein Wabern
werfen, die typisch für viele andere im Umkreis der Städte München
und Augsburg ist. Um 1500 gelangte der dortige Edelmannssitz von den Nachfahren
des ritterlichen Dienstmannen-Ortsadels des 12. Jahrhunderts, der Waberer, in die
Hände Augsburger Bürger, die ihn noch in der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts an die Münchener Bürger Sänfte! weitergaben. Diese
Familie besaß den Edelsitz Wabern, der 1607 aus einem "fein gemauerten
Herrenhaus, welliches ob es nit gar groß, jedoch nach notturfft vnd ganz
wol erbauen ... " einem Hofbau und vier zugehörigen Bauernhöfen
bestand, bis zum Jahre 1627. In diesem Jahre kaufte ihn das Kloster Wessobrunn,
das den im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Herrensitz nicht mehr
aufbaute und den Hofbau an Bauern verstiftete (2 ).
Aus einem Kaufvertrag ( 3 ) der zu Wabern sitzenden Münchener Bürger
Sänftel aus dem Jahre 1606 erfahren wir, daß diese nicht nur durch
Grundherrschaft mit dem kleinen Dörflein an der oberen Paar in Beziehung
standen. Eine Tochter des Münchener Bürgers und Sitzinhabers Augustin
Sänftel, Marie Jacobe, erscheint in der Urkunde als Ehefrau eines Hans
Sueßmair zu Wabern. In der gleichen Urkunde wird dieser an anderer Stelle
als Grunduntertan des adeligen Sitzes Wabern, also der Sänftl, bezeichnet.
Aus anderen Quellen ( 4 ) kann entnommen werden, daß dieser Hans
Sueßmair "des Herrn Sänftl Mühl", die in nächster
Nachbarschaft des Schlosses gelegen war, bewohnte und den damals ca. 130 Tagwerk
großen heutigen Maxlbauernhof baute, der den Sänftl zu dieser Zeit als
herzogliches Ritterlehen gehörte. Der Münchener Bürger Augustin
Sänftl hatte also um 1600 eine seiner Töch-
1 V gl. P. Fried, Land um München (Historischer Atlas von Bayern, Teil
Altbayern Heft 11/12) München 1958.
2 V gl. P. Pried, Das Schlößlein zu Wabern (Der Heimatfreund Jhrg.
1961, Nr. 1, S. 1 ff.).
3 Hauptstaatsarchiv München, Gericht Landsberg Urkunden Fasc. Nr. 78 (Urk.
962-964).
4 Beschreibung des adenlichen Guetts unnd Sitz Waberenn 1607 (Beilage zur Urk.
966 Gericht Landsberg).
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(S.84) -ter an einen seiner Grunduntertanen verheiratet, der damit theoretisch
Grunduntertan seiner eigenen Frau, die am Sitz Wabern erbberechtigt war, gewesen
ist, bis diese ihren Anteil 1606 an einen ihrer Vettern. verkaufte!
Es wäre verfrüht und verfehlt, aus diesem einen Beleg über eine
eheliche Verbindung zwischen Bürgerin und Bauer zu Beginn des 17.
Jahrhunderts allgemeine Schlüsse ziehen zu wollen. Er soll nur Anregung und
Anreiz für die Sammlung weiterer derartiger Belege sein, die uns übel:'
die genealogischen Beziehungen zwischen Bürger und Bauer in vergangenen
Jahrhunderten nähere Auskunft geben können. Es wird sich dabei
vielleicht nach und nach herausstellen, daß der soziale Abstand der
"Bauern", das sind bis zum 18. Jahrhundert die Inhaber der großen
Bauernanwesen über 100 Tagwerk, zu den ,Söldnern, Gütlern und
Kleinhäuslern, weit größer war als der zu den grundbesitzenden
Bürgern in den ,Städten. Es wird vielleicht offenbar werden, daß
die Bauernschaft soziologisch lange nicht so homogen und einheitlich war, als
gemeinhin angenommen wird (5). Wir werden vermutlich eine bäuerliche
Oberschicht herausarbeiten können, die in .einem Raume die meisten
größeren Höfe innehatte, aus der viele Mönche der
bayerischen Prälatenklöster des 18. Jahrhunderts stammten 6. Es war
eine bäuerliche Schicht, die zum hausbesitzenden Bürgertum in den
Städten hinneigte und mit dieser eheliche Verbindung suchte.
Mit gutem Recht dürfen wir annehmen, daß der obengenannte Bauer Hans
Sueßmair zu dieser Bauernschicht zu rechnen ist. Interessant ist, daß
Familien gleichen Namens sich im 18. und 19. Jahrhundert und auch noch heute als
Besitzer von Höfen über 100 Tagwerk in Dörfern in der Umgebung von
Wabern finden.
Eine familiengeschichtliche Erforschung der zu Wabern sitzenden
Süßmair erbrachte bis jetzt folgendes Ergebnis. 1537 ist zum ersten
Male ein Martin Syesmair in Wabern nachzuweisen, der damals als Grunduntertan des
Münchner Bürgers Hans Schweindl den Sedelhof (heutiger Knollerbauerhof)
innehatte (7) . Ein Martin Suesmeier sitzt noch 1567 auf diesem
Hofe(8); vermutlich ist er der Sohn des 1537 genannten Hofinhabers gleichen
Namens, falls er nicht mit diesem noch identisch ist. In diesen Personen
dürfen wir wohl Vorfahren des Hans Siesmair erblicken, der um 1600 die
Sänfteltochter zur Frau bekam. Neben diesem Hans Siesmair ist im ersten
Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ein Georg Siesmair als Grunduntertan der
SchweindeI zu München Bauer auf dem heutigen Knollerbauernhof nachzuweisen,
wohl auch ein direkter Nachkomme des Martin Siesmaier im 16. Jahrhundert ( 9 ).
Schließlich ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch eine Ursula Siesmairin
bezeugt, die die den SänftIn gehörige Tafernwirtschaft zu Wabern
zusammen mit einem dem Hl. Geist-Spital in Landsberg gehörigen Hof innehatte
(10). Wir können also von einem ausgesprochenen "Siesmair-Familien-Clan"
sprechen, der um die Wende vom 16. zum
5 Vgl. hierzu P. Fried, Herrschaftsgeschichte der altbayerischen
Landgerichte Dachau und Kranzberg (Studien zur bayerischen Verfassungs- und.
Sozialgeschichte I) München 1962, 207 ff.
6 E. Krausen nimmt in jüngster Zeit allerdings an, daß der soziale
Herkunftsort vieler Prälaten und Mönche im 17. und 18. Jahrhundert das
Handwerkerturn in den Städten und Märkten war (Zeitschrift für
bayerische Landesgeschichte Bd.27 (1964) 259 ff.
7 Gericht Landsberg Lit. 15 Prod. 15. 8 Gericht Landsberg Lit. 1 fol. 380'.
9 Gericht Landsberg Urkunden Fasc.78 nr.964 (1606); Steuerbuch 1612 (Staatsarchiv
für Oberbayern, Gericht Landsberg 201 fol. 572 v.).
10 Gericht Landsberg Urk.962-964; Steuerbuch 1612 f. 351.
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(S. 85) 17. Jahrhundert drei große Bauernhöfe, ferner die Tafern und
die Mühle zu Wabern in seinem Besitz hatte!
Die Ehe des Hans Siesmair mit der Sänftltochter Marie Jacobe war mit Kindern
gesegnet. Bezeugt ist uns allerdings nur für das Jahr 1627 Hans Siesmair
"der Jung", der den Hof seines Vaters innehatte (11). Doch lebte zu dieser Zeit
auch letzterer (12) noch, er saß allerdings jetzt auf dem anderen, den
Sänftl grundbaren ganzen Bauernhof zu Wabern, den vor ihm ein Lienhard Seidl
(1560) bzw. Hans Veit (1607) innehatte und neben dem Schweindelschen Gut der
zweite Sedelhof zu Wabern war (13).
In der mir bis jetzt bekannten folgenden Güterbeschreibung (14) von Wabern
aus dem Jahre 1665 erscheint kein einziger Süßmair mehr als Bauer zu
Wabern wie überhaupt alle Familiennamen des beginnenden 17. Jahrhunderts -
mit Ausnahme der Knoller, die um 1612 den Hof des Georg Siesmair übernahmen
- 1665 verschwunden sind. Auch die mit dem 17. Jahrhundert einsetzenden
Walleshauser Kirchenbücher - Wabern war der Pfarrei Walleshausen eingepfarrt
- vermögen uns keine genealogischen Aufschlüsse über das Schicksal
der Siesmaier zu Wabern geben. Lediglich in dem gleichfalls zur Pfarrei
Walleshausen gehörigen Unfriedshausen erscheint seit 1638 eine Familie
Sießmayr. Für weitere genealogische Forschungen wäre noch das
Wessobrunner Quellenmaterial heranzuziehen, das allerdings bis jetzt in
unregestiertem Zustand im Staatsarchiv München liegt. Sicher dürfte
jedoch sein, daß der Dreißigjährige Krieg, unter dem Wabern
gleich den übrigen Dörfern der Umgebung 1630/31 stark gelitten hat, mit
ein Grund für das Verschwinden der Siesmair in Wabern bildet.
Ende