Dießener Forst
I.
Aus: Hist. Atlas von Bayern, Bd. 21/22: Landgerichte Landsberg und Schongau (1972) S. 203-206
Zur Geschichte des Pfleggerichts Rauhenlechsberg
(einschl. der ehem. Herrschaft Peißenberg)
Den Charakter eines Landgerichts hat das Pfleggericht Rauhenlechsberg im Verlauf
seiner Geschichte nie gehabt, hinsichtlich des "Malefiz" war es stets anderen
Landgerichten zugeordnet 1). In seiner Gesamtgestalt tritt es erstmals im Jahre
1544 in Erscheinung, als die "Herrschaft Rauhenlechsberg und Peißenberg"
mit allen Rechten und Gerichten, auch dem Hochgericht an Jörg von Rechberg
pfandweise überlassen wurde.
Aber die endgültigen Grenzen des Pfleggerichts waren damit noch nicht
gezogen. Nach Einlösung der Pfandschaft im Jahre 1552 kehrten Teile des
Gebiets, die vor 1544 zum Landgericht Landsberg gehört hatten, dorthin
zurück, wie der Schluß des Landsberger Feuerstattregisters von 1552
vermeIdet: "Nota, nachdem dies Puech geschrieben gewest, seien in dies
Lantgericht Landsberg und Oberamt drei Dörfer, nemblichen Issing, Pflugdorf
und Vilgertshofen und dazue die Einöden am Peißenberg, welche hievor
der von Rechperg ettlich Jahr zu Rauhenlechsberg einghöbt, wiederumben wie
vor alter gelegt worden und dise zu hinterist dies Puechs auf 11 Blättern
verzeichnet worden" 2).
Die nach der Rückgliederung obiger Gebietsteile erübrigte
endgültige Gestalt des Pfleggerichts Rauhenlechsberg war merkwürdig
genug, nämlich zwei von einander vollständig getrennte Gebietsteile,
einer, das Unteramt, wie er später heißt, um das Schloß
Rauhenlechsberg herum am rechten Lechufer entlang, der andere das Oberamt oder
Amt Peißenberg genannt, welches nur die heutige Marktgemeinde
Peißenberg mit ihrer Flur ausmachte. Dazwischen aber lagen Teile des
Landgerichts Schongau, das sich nach Osten und Norden über
den Gipfel des Hohenpeißenberges vorschob, und ein Teil des Landgerichts
Landsberg, der sich am Ostabhang des Hohenpeißenberges wie ein Streifen von
Norden nam Süden zog - es waren dies die "Einöden am Peißenberg"
-, um gleichsam die Verbindung des Landgerichts Landsberg mit seiner im
Süden gelegenen Hofmark Rottenbuch aufrechtzuerhalten.
Daß hier eine sonderbare Entwicklung vorlag, ist klar, ebenso, daß
gewisse geschichtliche Reminiszenzen die beiden getrennten Gebiete irgendwie
zusammenhielten, die sonst wohl längst dem einen oder anderen
Land¬gerimt zugeteilt worden wären. Das Landgericht Landsberg hätte
wohl den geschichtlich begründeteren Ansprum darauf gehabt.
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1 VgI. hierzu P. FRIED, Adelige Herrsdtaft und früher Territorialstreit. Zur
Geschichte der Herrschaften Peißenberg und Rauhenlemsberg (Festgabe K. Bosl
zum 60. Geburtstag) München 1968, 51-86 (mit mehreren Kartenskizzen
I).
2 GL Landsberg 1 f. 302. [203 ]
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APIAN 3) zählt in seiner Topographie Schloß Rauhenlechsberg, die
Dörfer Apfeldorf, Hausen (= Apfeldorfhausen), Reichling, Stadl, Mundraching
sowie Peißenberg (Unterpeißenberg) zum Landgericht Landsberg,
während er den Hohenpeißenberg in beiden Gerichten, Landsberg und
Schongau, aufführt. Zwar benutzt APIAN Quellen des 15. Jahrhunderts, aber
das Schwanken der Hochgerichtsgrenzen, d. h. der Grenzen beider Land¬gerichte
auch noch im 16. Jahrhundert, ist leicht erweislich.
Vor der Verpfändung des Gerichts Rauhenlechsberg an Jörg von Rechberg
existierten an seiner Stelle, wie die Rentmeisterprotokolle des Rentamtes
München der Jahre 1518-1536 zeigen, zwei Gerichte, nämlich Pflege,
Gericht und Kasten Rauhenlechsberg und Pflege, Gericht und Kasten
Peißenberg, die beide ihre eigenen Pfleger (Richter) und Gerichtsschreiber
hatten, auch über die Gerichts- und Vitztumshändl gesonderte Rechnungen
führten. Das Rentmeisterprotokoll von 1506 bringt nur Pflege und Kasten
Rauhenlechsberg, aber nichts von Peißenberg. Dafür enthält das
Hofmarkenverzeichnis des Landgerichts Landsberg von 1506 unter anderen auch die
Hofmark Peißenberg 4). Ein noch älteres Hofmarkenverzeichnis, das dem
ausgehenden 15. Jahrhundert zuzuschreiben ist, führt als zum Oberamt des
Landgerichts Landsberg gehörig das Schloß Rauhenlechsberg (Eigentum
des Fürsten Albrecht) und die Hofmark Peißenberg (Eigentum des Hansen
und Jakoben Tuchsenhauser) auf 5). Aus derselben Zeit muß ein Bericht des
Landgerichts Landsberg stammen 6), in dem gesagt ist, daß die Tuchsenhauser
die "Einöden am Peißenberg" in ihre Hofmark Peißenberg zu ziehen
versuchten, was ihnen aber von Gerichts wegen nicht zugestanden werde, da die
Einöden (am Ostabhang des Ber¬ges) jederzeit und "ohn Mittel", d. h.
auch mit dem Niedergericht zum Landgericht Landsberg gehört hätten,
übrigens auch nicht in der "Behebnus und Einschatzung" der Tuchsenhauser
enthalten seien; darin stünden nur nachgeschriebene Dörfer und Rieder
als Dorfgericht mit Namen:
Reichling, Apfeldorf, Hausen (= Apfeldorfhausen), Birkland, Issing, Ludenhausen
und Gimmenhausen 7). (NB. Die 4 ersteren zählen später zum Pfleggericht
Rauhenlechsberg, die 3 letzteren auch später noch zum Landgericht
Landsberg).
Obwohl die genannten Dörfer alle nahe dem Schloß Rauhenlechsberg
liegen, besaß die Herrschaft Peißenberg, wie die Hofmark auch genannt
wurde, in ihnen nicht nur das Dorfgericht, sondern auch vielfach die
Grundherrschaft, so daß die Peißenberger "Herrschaftsrechte" somit
nahe an das Schloß Rauhenlechsberg heranreichten und einen großen
Teil des späteren Unteramts des Pfleggerichts Rauhenlechsberg einnahmen.
Solange die genannten Peißenbergischen Dorfgerichte bestanden, hatte da-
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3 OA 39 S. 35 u. 36
4 GL Landsberg 1 f. 9.
5 GL Landsberg 1 f. 3. 6 GL Landsberg 1 f. 19.
7 Nach dem Hofmarkenverzeichnis von 1442 lagen die Dorfgerichte Reichling,
Mundraching und Stadl im Landgericht Landsberg (GL Dachau 1 f. 7b). Nur für
das Dorf Birkland ist ein Urteilsspruch des Landgerichts Schongau aus dem
15. Jahrhundert vorhanden (GU Schongau).
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[204 ] her die Pflege Rauhenlechsberg kein geschlossenes Gebiet um sich und der
Pfleger des Kastens Rauhenlechsberg gebot nur über die zum Kasten
gehörigen Urbarsuntertanen 8). Erst als die bayerischen Herzoge die Hofmark
Peißenberg und die dortigen Herrschaftsrechte erwarben - und das geschah
von 1498 an -, indem sie die Anteile der Tuchsenhauserischen Erben nach und nach
aufkauften 9), konnten die Pflegen Rauhenlechsberg und Peißenberg mit je
einem geschlossenen Herrschaftsgebiet erstehen, wie dies die
Rentmeisterprotokolle von 1518 anzeigen. Und erst nach Vereinigung beider Pflegen
und nach endgültiger Festigung des Gebietes des Pfleggerichts
Rauhenlechsberg waren auch die Grenzen der Landgerichte Landsberg und Schongau
erstarrt.
Es erübrigt sich, noch die Herkunft der Herrschaft
Peißenberg kurz zu beleuchten. Die Tuchsenhauser hatten dieselbe
i. J. 1431 (auf dem Wege der Pfandschaft) von Herzog Ludwig VII. von Ingolstadt
an sich gebracht, dem sie 1429 durch einen Schiedsspruch Königs Siegmund
endgültig zugesprochen wurde 10). Derselbe entschied zwischen den
Ansprüchen der Herzoge Ernst und WiIhelm einerseits und denen des Herzogs
Ludwig andererseits und betraf die Lehensherrlichkeit des ausgestorbenen
Geschlechtes der Seefelder, welche diese wegen Seefeld und Peißenberg im
oberbayerischen Landesteil hatten.
Die Herrschaft Peißenberg war demnach eine Herrschaft der Seefelder, welche
von der Ammer bis an den Lech reichte und von dem Kernstück und Mittelpunkt,
nämlich von der Feste Peißenberg (nördlich von
Unterpeißenberg) aus, beherrscht wurde. Die Erwerbungen der Seefelder in
Reichling und Apfeldorf begannen 1290. Heinrich von Seefeld erweiterte sie und
kam 1298 in den Besitz der "Burgsetze zu Lechsberg", die herzogliches Lehen war
11). Der weiteren Ausdehnung der Seefeldschen Macht aber trat Kaiser Ludwig d. B.
entgegen, indem er 1315 die Burg Rauhenlechsberg anderweitig verlieh. Mit der
Zerstörung 12) der Burg Peißenberg im Jahre 1383 durch Herzog Stephan
von Bayern und dem Aussterben der Seefelder zu Peißenberg 1393 setzt der
entscheidende Niedergang der Herrschaft Seefeld ein, der nur von Herzog Ludwig im
Bart, der von 1403 bis 1431 der Inhaber Peißenbergs war, vorübergehend
aufgehalten wurde. Die herzogliche Burgpflege Rauhenlechsberg, zu der im 14.
Jahrhundert die (Dorf- ) Gerichte Stad! und Mundraching gelegt worden sein
müssen, nahm hingegen seit dieser Zeit an Besitz zu. Trotzdem war
Rauhenlechsberg im 15. Jahrhundert, wie schon erwähnt, kein
räumlich[205]
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8 Als i. J. 1417 ein Streit um die Jurisdiktion in den genannten Dorfgerich.ten
entstand, bezeugten Einwohner von Reichling, daß diese Dörfer mit dem
Niedergericht, Wildbann und allen Diensten zu dem Peißenberg, mit den drei
tode¬würdigen Verbrechen aber ins Landgericht wie vor alters
gehörten. (RLB GU 13). 1476 erhielt die Pflege Rauhenlechsberg die volle
Niedergerichtsbarkeit über seine Kastenuntertanen (RLB GU 18505).
9 Von 1498 bis 1537 (s. RLB GU 358, 375, 379, 380, 384, 385). 10 RLB GU 88 u.
89.
11 RLB GU 1 u. 3,
12 RLB GU 4 und AVENTIN, Bayer. Chronik, Buch. VIII, Kap. 73. Die Gelegenheit
ergab sich. für Herzog Stephan, als sich. der letzte Seefelder (Wilhelm) dem
Städtebund anschloß und gegen die bayer. Herzoge zu Felde zog.
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[205 ]geschlossener Burgbezirk. Dieser wurde erst durch die Erwerbung der Hofmark
Peißenberg durch die bayerischen Herzöge seit 1498 geschaffen.
Vom Blickpunkt der Seefeldschen Herrschaft Peißenberg aus gewinnt die
spätere Wiedervereinigung der Herrschaften Peißenberg und
Rauhenlechsberg in dem Pfleggericht Rauhenlechsberg erst einen Sinn und ihre
historische Begründung.
Die Gliederung des Pfleggerichts Rauhenlechsberg in das Oberamt Peißenberg
und das Unteramt Lechsberg, wie es 1544 heißt, ist bisher schon öfter
gestreift und auch zur Genüge erklärt worden.
1799 wurde das Pfleggericht Rauhenlechsberg Landgericht und im Dezember 1803 mit
dem Landgericht Schongau zusammengelegt, wobei (Unter-) Peißenberg zum
Landgericht Weilheim hinüberwechselte. 1874 kamen die Gemeinden Mundraching
und Stadl zum Bezirksamt Landsberg.
Zu erwähnen ist noch, daß mit der Pflege Rauhenlechsberg bis 1599 das
Gericht über den Dießner Forst verbunden war, das in
diesem Jahre zum Seegericht Dießen gelegt wurde 13. Zum Pfleggericht
Rauhenlechsberg gehörten aber auch später noch Wälder um den
Hohenpeißenberg, die im Gebiet der Landgerichte Landsberg und Schongau
lagen.
Ein eigenes Bluthochgericht haben die Herrschaften Peißenberg und Lechsberg
und nach der beiden Vereinigung das spätere Pfleggericht Rauhenlechsberg,
wie schon erwähnt, zu keiner Zeit besessen. Die Ausübung der hohen
Zivilgerichtsbarkeit in der Herrschaft Peißenberg ist zur Besitzzeit Herzog
Ludwigs im Bart bezeugt, jedoch später nicht mehr erwähnt 14).
Die zu den Herrschaften Peißenberg und Rauhenlechsberg gehörigen Orte
gehörten, soweit sie auf der Westseite des Lechs lagen, zum Hochgericht
Schongau 15), alle übrigen östlich des Lechs seit alters zum
Landgericht Landsberg 16). 1490 wurde die Gerichtsbarkeit der Burgpflege
Rauhenlechsberg mit dem Landgericht Schongau vereinigt 17). Um 1500 wird
Rauhenlechsberg wie Peißenberg noch als eine im Oberamt gelegene Hofmark
des Landgerichts Landsberg angeführt 18). 1582 wurde die Pflege
Rauhenlechsberg mit dem Hochgericht zum Landgericht Weilheim gelegt, obwohl der
dortige Pfleger und Landschreiber der Ansicht war, daß "Landsberg
näher wäre" 19. Grund für die Verlegung war die Vergabe des
Gerichts Schongau an Herzog Ferdinand in Bayern 20). Zu welchem Zeitpunkt dann
Rauhenlechsberg dem Landgericht Landsberg, wohin sie im 18. Jahrhundert
gehörte, hochgerichtlich unterstellt wurde, konnte nicht ermittelt
werden.
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13 Vgl. hierzu den Exkurs v. P. FRIED (wie S. 203 Anm. 1) über den
Dießener Forst.
14 Wie Anm. 1 S. 203. 15 Siehe S. 214.
16 Siehe S. 203.
17 Siehe S. 213.
18 GL Landsberg 1 fol. 6, 10, S.
19 StA f. Oberbayem, Rentmeister Lit. 24 nr. 97 fol. 40. 20 GL Schongau 1 fol.
148.
206
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Ergänzung: Vor den Herren von Seefeld gehörte die Herrschaft Peißenberg den welfischen Ministerialen von "Pisenberg" . Siehe die wie folgt angezeigte Arbeit:
II.
Aus: P.Fried, Adelige Herrschaft und früher Territorialstaat. Zur
Geschichte der Herrschaften Peißenberg und Rauhenlechsberg.
In: Festschrift Karl Bosl 60.Geb. 1969 S. 51 - 85
Exkurs: Der Dießener Forst
[S.74]Ein «Dießener Wald» ist erstmals urkundlich 1393 nachzuweisen, als ihn Ulrich Pfettner zusammen mit dem pflegamt Schongau vom bayerischen Herzog verliehen erhält. 88) In Verbindung mit der Veste Rauhenlechsberg ist er zum erstenmal 1412 bezeugt.89) Eine genaue Vorstellung über Lage und Umfang dieses Forstes erhalten wir durch die Beschreibungen des «Vorst zu Dießen» bzw. des «Diesser Waldes, der zu Rauhenlechsberg gehört», im Rauhenlechsberger Salbuch von 1478. 90) Es zeigte sich sofort, daß dieser «Dießener Forst» nicht identisch ist mit dem großen Waldgebiet, das 1158 dem Kloster Dießen von Graf Heinrich v. Wolfratshausen geschenkt wurde und sich von Dießen in südwestlicher Richtung zum Peißenberg hin erstreckte.91) Nach der Forstgrenzbeschreibung von 1478 war der zur Burg Rauhenlechsberg gehörige Forst vielmehr ein größerer, räumlich geschlossener Bezirk, der sich zwischen der Windach und dem Ammersee-Westufer in der ganzen Länge des Ammersees erstreckte, wobei die Südgrenze die Linie von der Ammer südlich von Dießen über Wengen, Thann (abg.), Wolfgrub bis zur oberen Windach nördlich von Ludenhausen bildete.92) Alle innerhalb dieser Gemarkungen gelegenen Siedlungen werden als «im Forst'> bzw. «im Dießer Wald» gelegen bezeichnet.93) Die Verwaltung des Forstes lag nach der «Vorst-gewohnhait» in den Händen eines herzoglichen Försters.94) Jedes Haus im Markte Dießen und in der Hofmark St. Georgen hatte ihm 7 Pfennig als «Stammiet» zu geben, wofür man Brennholz im Forst hauen durfte. Die Bewohner von Lachen, Romenthal und Bierdorf mußten für ihren Brenn-, Zaun- und Lichtholzbedarf, den sie für ihre «Herberg» aus dem Forst decken durften, dem Förster ein «Weiset» von 12 Pfennigen zahlen. Die Bauern und Söldner der «im Forst» gelegenen Orte Dettenhofen, Entraching, Ober- und Unterfinning, Oberwindach, Hechenwang, Ober- und Unterschondorf, Utting, Holzhausen, Aichberg (abg.), Riederau, Rieden, Ummenhausen, Oberbeuren, Unterbeuren, Hartmannshausen, Steinebach, Achselschwang, Hübschenried und Engenried hatten für ihr Brenn-, Zaun- und Lichtholzbezugsrecht den sogen. «Vorsthaber» zu leisten, der für den Bauern 1-3 Metzen Hafer, 1 Laib und 1 «Harn» (= Schinken), für den Söldner 1 Vierling Haber bzw. eine Geldabgabe ausmachte. Die Müller von Oberfinning, Unterfinning, Aumühle, Utting mußten für das Holz, das sie aus dem Forst für die Zimmerung der Mühlräder brauchten, jährlich 1 Metzen «Kern» geben. Die Drechsler hatten für den Bezug des eschernen, espenen oder eichernen «Schlüsselholzes» den Förster mit 32 Pfennig zu entschädigen. Alle Dörfer und Einöden im Forst waren verpflichtet, den vorkommenden «Techel» (= Lehm) dem Förster abzuliefern bzw. mit diesen den Bezug zu regeln. Für Bauholz, das im Forst geschlagen wurde, war die Größe des Stadels oder (Getreide- )Kastens für den Preis ]
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88 V gl. Landsberger Geschichtsblätter 25 (1968) 65. 89 Kurb. Urkunden
18782.
90 GL Rauhenlechsberg I f. 225,236 u. 247. Die Forsturbare sind ediert von
K.Emerich, Vom Diessener Forst, in den Landsberger Geschichtsblättern Jgg.
25 (1928) S. 43 f., 49 f. Vgl. auch B. Schweizer, Die Flurnamen des
südwestlichen Ammerseegebietes, München 1953, S. 17, Nr. 199 und
1063'
91 W. Schlögl, Die Traditionen und Urkunden des Stiftes Dießen II 14-1
362 (QE NF XXII/r) 1967, 28 ff. (Trad. Nr. 21). Die Grenzbeschreibungen des
Diessener Kloster¬waldes siehe bei Schweizer, Flurnamen (wie Anm. 90)
17.
92 GL Rauhenlechsberg I f. 236 f.
93 GL Rauhenlechsberg I f. 233 v., 247 v. 94 Schmeller, Baier. Wörterbuch I,
11°5 f.
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75/76
ausschlaggebend; für ein Haus mußte aber I Gulden gegeben werden.
Diese «Vorstgewohnheit» hatten alle einzuhalten, «da so niemat
durch sich selb in dem vorst nichts hawen noch raumen dan mit des vorsters wissen
vnd erlauben wa er im das zaigt». Der Förster hatte das Recht,
übertretungen der «Forstgewohnheiten» zu bestrafen; dem
Betroffenen stand die Berufung an die Herrschaft bzw. den Pfleger zu
Rauhenlechsberg zu.
1599 wurde das Forstgericht von Rauhenlechsberg getrennt und mit dem Seegericht
Dießen vereinigt.94) Es hat bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts als
Sondergericht weiterbestanden. 1713 wird der Dießener Wald als
kurfürstlicher Bannforst bezeichnet, «in welchem der Ammersee und der
Windachfluß die lebendige March, im Umfang von 6 Meilen Wegs viele tausend
Tagwerk Wiesen und Acker - in selbigen 24 Einöden und Dorfschaften mit Holz
versehen werden.»96) Hazzi berichtet in seiner statistischen Beschreibung
des Landgerichts Landsberg vom Jahre 1802:97) «In Ansehung der Landkultur
herrscht zwischen der Ammer und Windach der fatale Umstand, daß alles
forstig ist, alles - sogar das Holz auf den Wiesen und Feldern der Unterthanen -
die blos in den an 2 Quadratmeilen angeschlagenen Uttingerforst 98) eingeforstet
sind, das ihnen sehr theuer zu stehen kommt- gehört unter das zu
Dießen etablirte kurfürstliche Forstgericht». Wie sich die
«Forstigkeit» dieses Bezirks für ein einzelnes Dorf auswirkte,
wissen wir aus einer Beschreibung des «im Forst» gelegenen Dorfes
Entraching um 1800:99) «Von Holzungen besitzt die hiesige Gemeinde, die
sozusagen mitten im Holz liegt, ganz und gar nichts. Alles Holz muß
für baar Geld gekauft werden. Aus der einstimmigen Sage hiesiger Greise
vernimmt man, daß vor Jahren in dem Bezirke, vom Ursprung der Windach bis
an den Ammersee zu Diesen und von da bis an den Ausfluß der Windach in die
Ammer ein starkes Wildgehege von Wildschweinen gewesen, wo die Landesfürsten
von Zeit zu Zeit ihre Lust jagden gehabt und den Förstern ihr sonderbares
Wohlgefallen darüber bezeugt hatten ... Viele der hiesigen Dorfleute
besitzen in dem kurfürstlichen Forst Wiesengründe, und das Holz wird
auch da als kurfürstl. Eigenthum angesprochen. Es hat sich schon ereignet,
daß einer derselben eine ganze solche Wiese dem Kurfürsten besteuern
muß, obschon bereits die Hälfte derselben mit Holz angeflogen ist. Die
ganze Lage des hiesigen Dorfs ist forstig, und das Forstamt selbst auf die Eiche,
___________________________________-
95 V gl. Landsberger Geschichtsblätter I906, S. 6. 96 Schweizer, Flurnamen
(wie Anm. 90) Nr. I99.
97 J. Hazzi, Statistische Aufschlüsse über das Herzogtum Baiern,
Nürnberg ISOI, 2 Bde., I69.
98 Der Uttinger Forst ist das Waldgebiet des Dießener Forstes; vgl. B.
Schweizer, Die Flurnamen des südwestlichen Ammerseegebietes, München
I957, Nr. I063'
99 Hazzi (wie Anm. 97) I89 f. (abgedrudu in Landsberger Geschichtsblätter
I907
S. I9).
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77
die im Pflanzgärtchen aufwachset, Anspruch macht, so ist es kein Wunder,
daß man die mageren Wiesgründe, die zu nichts als zum Holzanflug gut
wären, immerfort schlecht benützt, und gleichwohl das Aufkommen des
Holzes nach Mög¬lichkeit verhindert, und manchmal einige tausend junge
Stämmchen ausreißt und zum Verbrenen nach Haus führt.»
Wie die Auflösung des «Forstes» vor sich ging, teilt uns wieder
Hazzi mit:100) «Der obige fatale Knoten mit dem Uttingerforst wurde durch
den nämlichen Kommissär, der in den übrigen Gegenden gleiche
Unternehmungen ausführte, mittelst eines Vergleiches zerschnitten. Alle
Wiesen, Felder und Weiden wurden von der Forstgerechtigkeit befreit und der
freien Benutzung und Kultur zurückgegeben: jeder Forstrechter erhielt
für jedes Klafter vorigen Holzbezugs 2 Tagwerk Grund, wodurch sich jede
Gemeinde mit ihrer Distrikt abschied und der noch übrig gebliebene
Kameralwald von allen Servituten befreit wurde ... »
So sehr der Fortbestand des «Dießener Forstes» mit seinen
altertümlichen «Forstgewohn-heiten» bis zu Beginn des 19.
Jahrhunderts eine interessante historische Erscheinung darstellt - sie wäre
mit dem vorhandenen Archiv- und Kartenmaterial noch viel ausführlicher zu
beschreiben - 101) so beschäftigt die Frage nach der Herkunft und der
mittelalterlichen Geschichte dieses Forstes den Historiker doch am meisten,
weisen doch eine Reihe von Anzeichen darauf hin, daß wir es mit dem
seltenen Fall zu tun haben, daß sich hier hochmittelalterliche
Zustände ziemlich unverändert erhalten haben. Leider fehlt vor dem
15. Jahrhundert jeder direkte Quellenbeleg, der uns
etwas über die Geschichte des Forstes berichten würde. Es können
deswegen nur Vermutungen geäußert werden, die sich aus einer ersten
Interpretation des Forsturbars von 1478 im Zusammenhang mit unserem Wissen
über mittelalterliche Forste ergeben; die genauere Untersuchung muß
noch eigenen Studien vorbehalten bleiben.
Was sich mit unserem heutigen Begriff des Wortes Forst am wenigsten deckt, ist die Tatsache, daß der alte Dießener Forst nicht nur bewaldetes Gebiet, son¬dern auch noch eine ganze Reihe von Siedlungen einschließt, die als im «Forst gelegen» bezeichnet werden.102 ) Für die Bewohner wie für die Grundherren die-
_____________________________
100 Hazzi, (wie Anm. 97) 169 f.
101 Vgl. etwa den Plan «des mittern resp. untern Diessner Forsts de anno
1788 von F. Grandauer, churf. Landgeometer; in Farben unterschieden sind die
kurf. Waldungen und Holzgründe, Forstwiesen, strittige Plätze und
Gründe, Feld und Ackerboden, Wies¬gründe, die nicht
«förstlich» sind. Vgl. ASTA München, Plansammlung Nr.
II6.2, 4338, 60.20.
102 .i\hnliche Verhältnisse scheinen beim Neuöttinger Forst
vorzuliegen; er dehnte sich, wie Hazzi (wie Anm. 97 Bd. UI, 785) berim.tet,
«mit seiner Forstigkeit zwischen alle Feldgründe der Nachbarn
aus».
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78
ser Siedlungen bedeutete dies, daß dem Forstinhaber nicht nur das Jagdrecht
auf den Ortsfluren zustand, sondern daß diesem auch jede Art von Holzwuchs
außerhalb des geschlossenen Waldgebietes auf den Wiesen und im Dorfe
gehörte. Es ergibt sich daher von selbst, daß dem Forstherrn im Grunde
auch das Recht über Rodung und Weide (Wiesen) eignete, stand es doch in
seiner Macht, die Einengung des Waldbestandes durch Rodung zu dulden oder die
Ausdehnung des Waldes durch Verzicht auf Wiesen- und Feldnutzung zu erzwingen.
Wie die Geschichte der im Forst gelegenen Orte zeigt, war die Grundherrschaft
bereits im Hochmittelalter in mehrere Hände aufgesplittert;103 ) wir
müssen deswegen an-nehmen, daß dieser Zustand bereits zur Zeit der
Begründung des Forstes bestanden hat, also auch fremder Grund und Boden in
den Forst einbezogen wurde. Nach dem Ausweis der Ortsnamen 104) sind
einzelne Siedlungen erst im hohen Mittelalter, also wohl bereits nach der
Inforestierung entstanden; das Alter der Mehrzahl der Orte reicht jedoch mit
Sicherheit in die ersten Jahrhunderte nach der Landnahmezeit zurück.
Die bisher geschilderten Merkmale des «Dießener Forstes» sind
nun in auffälliger Weise auch bei den Forst- und Wildbannverleihungen
anzutreffen, wie wir sie seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts und
vor allem im 11. Jahrhundert zur Zeit der Ottonen und Salier aus
Königsurkunden kennen. 105) Die Eigenart dieser Verleihungen besteht darin,
daß sich im Gegensatz zu vorher der Forst- und Wildbannbezirk nicht mehr
mit der Grundherrschaft des Forstinhabers deckt und deswegen auch fremden Grund
und Boden mit einschließt. Dies hatte zur Folge, daß das freie
Tierfangrecht der im Forstbezirk sitzenden Bewohner einschließlich des
Weide-, Holz- und Siedel- bzw. Rodungsrechts zugunsten der vom König mit dem
Forst begünstigten Person eingeschränkt bzw. ausgeschaltet wurde. Damit
können Forst und Wildbann zum Ausgangspunkt von Herrschaften werden, die
sich in manchen Fällen sogar zur Landesherrschaft weiterentwickeln.106 Die
Entwicklung vom Königsrecht der Forst- und Wildbannverleihung zum
späteren Jagd- und Forstregal der Landesherren bedarf nach der Erforschung
vieler Einzelfälle, um hier Allgemeingültiges aussagen zu
können.l07) Die Gleichsetzung des Wortes Forst mit Wald seit dem 12./13.
Jahrhundert läßt aber
den allgemeinen Schluß zu.......................
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103 Siehe die Traditionen und Urkunden des Stiftes Dießen (wie Anm.
91).
104 Siehe E. 'Wallner, Altbairische Siedlungsgeschichte, München 1924, und
künftig Hist.
Ortsnamenbuch Landsberg.
105 Vgl. K. Basl, Pfalzen und Forsten (Deutsche Königspfalzen Bd. I =
Veröffent¬lichungen des Max-Planck-Instituts f. Geschichte lIh),
Göttingen 1963, 1-29; hier S. 3 (mit allgemeinen Literaturangaben).
106 Vgl. K. Basl, Forsthoheit als Grundlage der Landeshoheit in Baiern (Gymnasium
und Wissenschaft. Festschrift des Maximiliansgymnasiums in München)
München 1950, 1-55 (mit allgemeinen Literaturangaben).
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überhaupt, meist nur noch in den «Gejaidbezirken» fort,
deren Grenzen genau festgelegt waren. Allerdings sind diese älteren
Jagdbezirke von den jüngeren zu unterscheiden, die durch
landesherrschaftliche Privilegierung auf der Grundlage von jüngeren
Hofmarkbezirken seit dem 14. Jahrhundert entstehen.
Das Besondere im Falle des herzoglichen Forstes Dießen scheint nun darin zu
liegen, daß er die geschilderte Entwicklung nicht, oder nur zum Teil
mitgemacht hat und aus Gründen, die nur schwer zu fassen sind, auf der Stufe
eines alten Königsforstes des 11./ 12. Jahrhunderts stehengeblieben ist. Er
muß in erster Linie der Jagdausübung des Forstinhabers gedient haben;
da das inforestierte Gebiet bereits seit früher Zeit besiedelt und der
Waldbestand nicht mehr allzu groß war, fällt die Funktion des
Dießener Forsts als Rodungsgebiet, wie sie vielfach bei anderen Forsten
festzustellen ist, weg. Als vorwiegend der Jagd dienender Forst muß er zu
einem Zentrum königlich-adeliger Herrschaft gehört haben, das entweder
im Forst selbst oder in seiner Nähe lag. Die Zuordnung des Forsts zur Burg
Rauhenlechsberg kann nicht alt sein und erfolgt vermutlich erst im Laufe des 14.
Jahrhunderts. Ein eindeutiger Hinweis scheint uns der Name des Forstes zu sein:
er wird als «Dießener Vorst» auch noch zu der Zeit bezeichnet,
als er bereits zu Rauhenlechsberg (15. Jahrhundert) gehört hat und dies,
obwohl er nicht identisch ist mit dem Dießener Klosterwald, der sich
südwestlich von Die
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107) Es wäre dies eine Forschungsarbeit, die in Bayern auf der Grundlage des
Historischen Atlasses durchzuführen wäre. Ausgangspunkt könnte die
vom Verein zur Herausgabe eines historischen Atlasses von Bayern 1927
herausgegebene Studie: Das bayerische Staatswaldgebiet auf geschichtlicher
Grundlage (Forstverwaltung Bayerns Heft 1), sein. Grundlegend ist für Bayern
die Abhandlung von J. Sturm, Der Wald in den Freisinger Traditionen. Ein
methodischer Versuch forstgeschichtlicher Auswertung eines geschlos-senen
Urkundenbestandes (ZBLG 10) 1937, 311-373. Von grundsätzlicher Bedeutung: J.
Köstler, Wald und Forst in der deutschen Geschichtsforschung (HZ 155)
461-474; ders. Geschichte des Waldes in Altbayern (Münchner Hist.
Abhandlungen 17) 1934; ders. Historische Aspekte einiger Waldlandschaften Bayerns
(Speculum hist. Festschrift J. Spörl) 1965,499-510.
108 K. Bosl, (wie Anm. 105) S. 3; vgl. auch J. A. Schmeller, Bayerisches
Wörterbuch 12,
758.
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ßen in Richtung auf den Peißenberg hin erstreckte. Dießen muß also das Zentrum der Herrschaft gewesen sein, auf das der «Dießener Vorst" zugeordnet war. Ohne von der Existenz dieses «Dießener Forstes» zu wissen, ist auf Grund anderer Kriterien die Meinung geäußert worden, daß Dießen ein zentraler Königshof zur Karolingerzeit gewesen sei, der dann im I1. Jahrhundert in die Hände von Grafen kommt, die sich darnach nennen. 109) Mit den Indizien, die uns die historische Deutung des Dießener Forstes liefern, möchten wir die These wagen, daß es sich nicht nur um einen einfachen Königshof, sondern sogar um einen königlichen Pfalzort gehandelt haben könnte, der dann als solcher in die Hände von königlichen Amtsträgern im Verlauf des 10. Jahrhunderts übergeht. Daß die seit der Mitte des 11. Jahrhunderts nach Dießen sich nennenden Grafen - ihre ältere Genealogie ist immer noch ungeklärt - im 12. Jahrhundert die Inhaber des Dießener Forstes waren, läßt sich indirekt beweisen: die genau beschriebene Nordgrenze des 1158 von Graf Heinrich von Dießen- Wolfratshausen dem Kloster Dießen geschenkten «großen Waldes» deckt sich in so auffälliger Weise mit der Südgrenze des späteren, im herzoglichen Besitz befindlichen «Dießener Forsts», so daß mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit der Schluß zu ziehen ist, daß der 1158 geschenkte Dießener Klosterwald und der spätere herzogliche «Dießener Forst» bis dahin eine Einheit gebildet haben. Das ganze Gebiet längs des Ammersees bis zur Windach hin war also als «Forst» im 12. Jahrhundert mit großer Wahrscheinlichkeit im Besitz der Grafen von Andechs. Spätestens 1248 dürfte es dann an die Wittelsbacher gekommen sein.
Die Zuordnung des Forstes zu einem hochadelig-gräflichen Pfalzort scheint
uns auch in der Art der Abgaben zum Ausdruck zu kommen, welche die Forstbewohner
noch im 15. Jahrhundert für den Holzbezug zu leisten hatten. Die für
eine historische Deutung wohl aufschlußreichste Abgabe ist der
«Forsthaber», der nach dem Forsturbar von 1478 aus einer Abgabe von
1-3 Metzen Hafer, 1 Laib Brot und einer «Ham», einem sehr
altertümlichen Wort für Schinken, bestand. Die generelle Abgabe des
«ifegels» durch die Forstbewohner weist darauf hin, daß dieser
als Töpfer- und Hafnerlehm gleichfalls Hofhaltungszwecken gedient hat. Alle
im Forsturbar genannten Abgaben zeigen schließlich, daß der Wert des
Forsts nicht nur in seiner Eigenschafl als Jagdgebiet, sondern auch als
Bezugs-quelle für Abgaben bestand, die für eine adelige Hofhaltung
nötig waren.
Wir haben am Schluß unserer Betrachtung noch die Frage nach der Beziehung
zwischen Forst, Grafschafl, Hochgericht und Landesherrschafl im Dießener
Raum zu stellen.110) Obwohl bald nach 1248 alles andechsische Land westlich der
Am-mer-Amperlinie hochgerichtlich zum neuen wittelsbachischen Landgericht
Lands-
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1O9 Chr. Frank, Deutsche Gaue 36, S. 143; 37, S. 41.
110 Siehe dazu künftig P. Fried - S. Hiereth, Hist. Atlas
Landsberg-Schongau.
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berg gehört, ist für die Andechser Besitzzeit anzunehmen, daß die
später im Dießener Forst gelegenen Siedlungen damals auch eine eigene
Gerichtseinheit gebildet haben.
In welcher Verbindung diese zur Grafschaft im älteren Sinne stand, läßt sich sehr schwer bestimmen; die Vermutung liegt nahe, daß es sich gerade beim Dießener Forst um ein Annex des Grafenlehens der Andechser gehandelt haben könnte, das wesentlich ihre Herrschaft am Lechrain begründete. Doch sind die früheren herrschaftlichen Verhältnisse infolge der großen Veränderungen im 13. Jahrhundert zu undurchsichtig, als daß etwas Sicheres ausgesagt werden könnte. Als wahrscheinlich möchte ich jedoch annehmen, daß sich die neue Bluthochgerichtsbarkeit in den Siedlungen des Dießener Forstes nicht auf der Grund-lage älterer Grafschaftsrechte, sondern auf dem herrschaftlichen Fundament des Königsforstbezirkes entwickelt hat.
Anhang:
Forstweistümer des «Dießener "Waldes» aus dem 15. Jahrhundert
(HSTA München Ger. Rauhenlechsberg Lit. I)
I.
Vermerckt des vorst gewonhait zu dem slos Rauchenlechsperg gehört
[f. 225] Zu Diessen im Margt geyt ayn yetz hauß 7 dn zu stam
miet. Darum sol er prenholtz zu seiner herberg hawen.
Item des gleichen zu sant Jorgen auch.
Item welcher lautter puchenholtz hawen will zu prennen, der geit 21 dn.
[f.226] Item vnd welche allerllay alß puches, örles, öspes holtz
hawen wil under ainander zu prennen, geyt 14 dn.
Item zu Lachen geyt ain paur ein weisetdem vorster, das 12 dn. wert sey; darumb
sol er prenholtz, zaunholtz vnd liechtholtz hawen, souil er zu seiner herberg
notturftig ist.
Item der paur zu Raumental geyt ain weyset, das 12 dn. wert ist; darumb sol er
prenholtz zaunholtz vnd liechtholtz hawen so uil er zu seiner herberg notturftig
ist.
Item zu Pierdorff geyt yetweder paur ain weyset des 12 dn. wert ist; darumb sol
er prenholtz zaunholtz und liechtholtz hawen so uil er zu seiner herberg
notturftig ist.
f. 226 v] Vermerkt den Vorsthaber.
Tettenhoven (S.)82
Item geyt ain paur I metzen haber vnd ain seldner 7 dn; darumb sol yetweder
prenholtz, zaunholtz und liechtholtz hawen so uil er zu seiner herb erg
notturftig ist.
Endrichingen
Item geyt ain paur 3 metzen haber und der widern da selbs 2 metzen haber, I laib
und I harn [f. 227] Auch ain seldner daselbs I laib vnd I harn, darumb sullen sy
ha wen wie vor stett.
Oberfindingen
Item geytt ein yeder paur ain metzen haber. Vnd ain seldner 7 dn, welcher sich
auß dem vorst beholtz. Darumb sullen sy prenholtz, zaunholtz und
liechtholtz ha wen so uil sy zu Irer herberg notturftig sind.
[f. 227] Vnterfindingen.
[Wie in Oberfinning]
Oberwindach
Item geytt ain yeder paur 2 metzen I fierling haber, I laib vnd ain harn [f.228]
Vnd ain seldner I fierling haber; darumb sullen sy [wie Unterfinning].
Höchenwang
Item geytt ain yeder paur 2 metzen I fierling haber, auch ain huber vnd ain
seld¬ner yetweder 5 fierling haber. Darumb sullen sy [wie
Unterfinning].
Cf. 228 v.] Schündorff
Item geyt ain yeder paur I metzen haber und ain seldner I fierling. Darumb
sul-len sy [wie Unterfinning].
V nderschündorff
[f. 229 J Vttingen
Item geyt ain paur vnd ain hüber yeder 2 metzen I fierling haber, I laib vnd
ain ham.111 Auch ain soldner 5 fierling haber. Darumb sullensy [wie
Unterfinning]. Holtzhausen
Item geyt ain paur I metzen haber, I laib und I harn Cf. 229 v.] Darumb sullen sy
[wie Unterfinning].
Aychperg 112
Item geyt ain paur 2 metzen haber und I seldner 5 fierling. Darumb sullen sy [wie
Unterfinning].
Cf. 230] Riederaw
Item geytt ain yeder paur I metzen haber. Darumb sullen sy [wie Unterfinning].
Rieden
[f. 230 v.] Vmmenhausen
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111 = Sminken, vgl. Schmeller, Bayer. Wörterbum I, IIOS.
112 Abg. Siedlungen zwismen Utting und Achselschwang, vgl. "Wallner, Altbaier.
Sied-lungsgeschichte .11.
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Item geytt jarlich 1 metzen kern. Darum sol er prenholtz, zaunholtz vnd
liechtholtz hawen so uil er zu seiner herberg notturftig ist.
Oberpeyrn
Item geyt jarlich 1 metzen kern. Darumb sol er [wie Ummenhausen].
[f. 231] Unterpeyren
Item geytt jarlich [wie Ummenhausen].
Hartmanßhausen
Item geytt jarlich [wie Ummenhausen].
[f. 231 v.] Stainenpach
Item geytt jarlich [wie Ummenhausen].
Achselschwang
Item geytt jarlich [wie Ummenhausen].
[f. 232] Huebsche Ried
Item geytt jarlich [wie Ummenhausen]. Enge Ried
[f. 232 v.] Item, Die muell zu ober:finding geyt jarlich 1 metzen kern. Darumb
sol er in dem vorst hawen, wes er zu den mül redern notturftig ist.
Item, Die Müll zu vnterfindingen geyt jarlich 1 metzen kern. Darumb sol er
in dem Vorst hawen [wie Obernnning].
Item, Die Mül zu Awmul geyt jarlich 1 metzen kern. Darumb sol er [wie
Oberfinning].
Item, Die Mül zu Vtting geyt jarlich 1 metzen kern. Darumb sol er [wie
Ober-finning].
Item welicher in dem vorst felgholtz haut, der sol zu stammiet geben von einem
wagen 3 dn.
Item welicher Drechsel schüsselholtz haut, es sey erlenß, ösches,
öspes vnd aych¬hurnes, der sol jarlichen dem vorster geben )2 dn. wert
schüssel.
Item aller techel,113) der in dem vorst wirt, gehört meinem
genädigen herren zu. Auch was dörffer vnd ainöden in dem
Vorßt ligen, alß weytt er gett, die sind alle schuldig den techel zu
geben und mit dem vorster darumb abzekumen.
Item, Es ist auch gewanhait, welicher in dem vorst zu ainem hauß holtz
schlachen wil, der sol da von 1 Gulden geben.
Item welcher aber zu ainem stadel oder kasten Holtz schlachen wil, der sol mit
dem vorster abkumen nach dem und zymer groß oder klain sind.
Item wie vorgeschriben stet mit dem vorst zu halten, da so niemant durch sich
selb in dem vorst nichts hawen noch raumens dan mit des vorsters wissen und
Er¬lauben, was er Im das zaigt.
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113 = Lehm, Ton; vgl. Schmeller, Bayer. Wörterhudt I, 596. Siehe aber audt Dehel = Schweinefutter; vgl. Schmeller I, 495.
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Item solichs vorst gewanhait wie vorbegriffen ist, wer solichs durch sich selbs
yberfier, den mag der vorster darumb zu straffen; wollt es Im aber zu swer
werden, so sol er das an die Herschaft pringen oder an ain Pfleger zu
Rauchenlechsperg.
[f. 236] Der Vorst zu Diessen der zu Rauchenlechsperg gehörtt, gatt an zu
Diessen oberthalb des Ammerses. Da die Heuprugk oder die steg yber die Ammer gat,
heben sich die march an vnd gend gen Hädern in Sant Martins kirchen in den
vierst und krad vom vierst gen Wengen vnd hie in den weinberg vnd yber das
hörtal krad hin gen Thann vnd von Than krad hin gen Wolfgrüb in die
linden vnd krad von der linden gen Ludenhausen in den Kirchenknopf vnd dan
kirchenhin in die ausern windach vnd nach der Windach hin gen Stegen in die
Ammerprugk in das ander Joch, vnd was zwischen des Ammersees vnd der windach ist,
das ist als Vorst. Dan ausgenommen des schündorffers Holtz zu Odenhausen vnd
der Schorrn,114) vnd das Echinger holtz vnd das reysach vnd auch das Hoch-holtz
mit sampt dem wein garten.
11.
[f. 247] Der Diesser wald, der zu dem Geslos Rauchenlechsperg gehört, hatt
besundre marck, die dem vorster vnd andern lautten dabey gesessen wol wissentlich
sein
Item Nota die gwonhaitt des Diesser wald.
Zum ersten ist mit alter gewonheit herkomen was wagner in dem wald sitzn, die
mugen ir wagenwerch, was sy des uber Jar bedurffen vnd verarbaitten, aus dem wald
nemen, davon sol yeder jarlichen geben ain halben wagen
Item Wellich die verbotten holtzer da rinn slahen als puchen vnd andere pevnd
pawm etc. geit yeder ain Jar 111 plabhart
Item Die von Vtting haben gebn darumb das man sy holtz laß slahen ain Mayr
11 metzen habern ain soldner I metzen der Herrschaft
Item [f. 247 v.] Die von Endraching gebent 11 Höff der Herrschaft 11 metzen
habern vnd zwo huben daselbs gibt yede I metzn habern
Item Hochenwangk haben geben all durch einander ain sack oder VII metzen
habern
Item Es ist auch gewonhait die in dem wald gesessen sind das ir ainer im Jar nitt
mer darinne toe abgeslahen dann XXIIII pawm vnd geben von ainem pawm 111
dn.
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114 Vgl. Landsberger Geschichtsblätter 1925, 32. Zu den Orts- und
Flurnamen siehe
B. Schweizer (wie Anm. 90).
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Item Die von Niederfindingen vnd ober findingen was sy in dem selben wald der
verbotten holtz slahen als aichein puchein fawchtein vnd tennen das sy sullent sy
zallen vnd pussen nach der herrschaffi: oder ains vorster willen.
Item [f. 218] Niderschondorff vnd Oberschondorf ligen auch in dem vorst vnd Item
Windach
hawen auch darinne sy gebent aber
Item Es sind auch ettlich die kol prennen in dem wald vnd den syntter 115
zerlassen geit yeder I Zenten eyssens
Item Techel an dem Treffer Walde
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115 Sinter = Hammerschlag, Schlacke, urspr. Eisenerz; vgl. Schmeller, Bayer. Wörterbuch 211, 306.
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E n d e