Hazzi Landsberg 1802
Gericht Landsberg, nach Hazzi, Stat. Aufschl. II, 153 ff. - Zu Josef v. Hazzi siehe Bosls Bayerische Biographie: Noch in Korrektur!
Hazzi, Joseph Ritter von, Agrarpolitiker, * 12. 2.
1768 Abensberg, + 20. 5. 1845 Elkofen b. Grafing/
Obb.
V Joh. Adam Hazzi, Maurermeister (1735-90); M Magdalena
Krötz (1741-1807); oo) 1) 1793 Maria Therese Setzger(+ 1815), 2) Josefa
Basselet de la Rosée (+ 1870).
Nach Besuch der Klosterschule Rohr,Jurasstudium an der Universität
Ingolstadt. 1789 Staatsprüfung,
1792 Hofkammer- und Fiskalrat in München.
1794 entscheidende Lebenswende u. a. Durchsetzung der "Purifikation" der
Staatsforsten. 1799 Regierungsrat in der neuerrichteten General-Landesdirektion
(Scheitern seiner Bemühungen um den Bau des Main-Donau-Kanals), 1800
Marschkommissär unter Moreau (Einrichtung des topographischen
Büros).
1805 Berufung in das französische Hauptquartier
(Ausscheiden aus dem bayerischen Staatsdienst; später u. a. Polizeikommissar
in Berlin). 1811 Rückkehr in den bayerischen Staatsdienst. Nun fast
ausschließlich Beschäftigung mit der Agrarpolitik. Freisinniger
Reformer und Förderer der bayerischen Landwirtschaft. Staats-, Guts- und
Gerichtsherr von Elkofen.
W Zahlr. Schrr. (31 Titel); Red. d. Wochenbl. d. Landwirtschaftl. Vereins i.
Bayern; Darstellung d. 25j. Wirkens d.Landwirtschaftl. Ver. i. Bayern u. d.
Zentralwirtschaftsfestes i. München, 1835; Näheres s. Verz. NDB
8.
L NDB 8 Pa
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Statistische Aufschlüsse über dass Herzogthum Baiern, auch ächten Quellen geschöpft. Ein Beitrag zur Länder- und Menschenkunde von Joseph Hazzi, Kurpfalzbaierischem General-Landesdirektionsrath in München. Nürnberg 1802: Zeiter Band Erste Abtheilung S. 153 ff. und 217 ff. . Die Statistiken wurden hier weggelassen.
Gericht Landsberg.
Bis auf jene Seite/ wo das Gericht Rauchenlechsberg an
Schongau stößt/ ist es von dem Gericht Landsberg umrungen. Jm 10ten
Jahrhundert hatte dieser Bezirk eigne Grafen / die Grafen von Landsberg und die
Stadt existirte damals noch nicht. Nach Absterben der Grafen wurde es als
Wittwensitz der lothringischen und mailandischen Herzoginnen gewidmet. An einer
Anhöhe ist noch das mit festen / nun meistens verfallnen Mauern versehene
Schloß sichtbar/ von wo aus man so ziemlich den Lech als einen "Paß"
nach Schwaben beherrschen konnte.
Bestandteile in topographischer und historischer Hinsicht
Der Raum dieses Gerichts lauft mit der Hofmark Rothenbuch
bis an die Gebirgskette der Halbammer hinaus, dehnt sich vom Lechflußbette
bis zu dem der Ammer aus/ und faßt also das zwischen diesen beiden
Flüssen aufgeschwemmte Erdreich und Gehügel/ das jenseitige
Lechflußgebiet/ mit den zwei Flüssen Lech und Ammer/ zum Theil auch
den Ammersee und mehrere Bäche/ als Windach in sich in einem
Flächeninhalt von 2Z/ l 2 also an 24 Quadratmeilen/ mit einer Seelenzahl von
166z männlichen/ und 158o weiblichen Geschlechts. Die Bewohnungen fanden
sich auf die Art/ wie aus der Tabelle N° Vlii. zu erfehen ist.
Der Landrichter/ Gerichtsschreiber/
Kastner/Mauthner/ Salzbeamte/ wohnen zu Landsberg. Das ganze Gericht hat 6
Gerichtsdienergebiete/ die Hofmarken besondere/ und die Gemeinden Obmänner
oder Führer.
Um dieses so weitschweifige Gericht in mehr Uebersicht zu bringen/ muß zuerst blos die äussere Seite des Gerichts/ der Distrikt zwischen dem Lech und der Ammer/ abgeschnitten von der Münchnerstrasse/ wo das Flüßchen Windach in die Ammer fällt/ — und so der linke Theil fort bis Landsberg behandelt werden / das auch die 4 besondern Gebiete und eine eigne verschiedene Gegend bildet. Zwischen diesen 2 Flüssen/ der Ammer und dem Lech enthält das aufgeschwemmte/ in Gries und Thon bestehende Terrain/ nebst der Windach mehrere Bäche/ Filz und Moos und einiges Gehügel/ und wird von 2 Strassen durchschnitten/ deren eine von der Poststazion Dießen/ die andere von Wessobrunn nach Landsberg lauft; die übrigen Wege sind wie gewöhnlich/ nicht zu passiren. Das Ganze hat ein wildes Aussehen. Die meistens großen/ von Holz erbauten Dörfer sind von Waldungen umrungen/ und die Kirchen ragen/ wie aus Holzstößen hervor. Ziegelstädel giebt es einen zu Pürgen/ zu Diesen und zu Landsberg. So wie die Häuser und der Boden keinen Wohlstand verräth/ so geht es auch mit den Bewohnern/ die denen des Gerichts Rauchenlechsberg gleichen. Diebstähle sind hier noch häufiger/ und das Betteln wird als ein Gewerb getrieben. Die Einwohner werden alt/ und zeugen viele Kinder.
Landwirthschaft und Kultur.
Die Landwirthschaft ist hier schlecht bestellt/ und nimmt
höchstens den dritten Theil ein; das Uebrige ist Wald/ Weide oder Filz.
Auf die nicht viel besorgten Felder baut man Wintergetreid/ Fesen/Rocken/ Haber
und gewinnt den Zten bis 6ten Saamen; die Brache ist auch noch beibehalten. Die
wenigen Wiesen sehen eben so unkultivirt aus. Nach und nach erhebt sich der Klee-
und Erdäpfelbau. Jn Ansehung der Landkultur herrscht zwischen der
Ammer und Windach der fatale Umstand/ daß alles forstig ist/ alles —
sogar das Holz auf den Wiesen und Feldern der Unterthanen — die blos in den
an 2 Quadratmeilen angeschlagenen Uttingerforst eingeforstet sind/ das ihnen sehr
theuer zu stehen kommt — gehört unter das zu Diesen etablirte
kurfürstliche Forstgericht. Die übrigen großen Waldungen besitzen
theils Wessobrunn/ Diesen/ das Spital und die Maltheser zu Landsberg/ und
bestehen aus Fichten/ Tannen/ Buchen und Eichen/ welche letztere meistens auf den
Wiesen und Feldern zerstreut sich finden. Weidenschaft in den Waldungen und
Weidplätzen ist allgemein. Der obige fatale Knoten mit dem Uttingerforst
wurde durch den nämlichen Kommissär/ der in den übrigen Gegenden
gleiche Unternehmungen ausführte/ mittelst eines Vergleichs zerschnitten.
Alle Wiesen/ Felder und Weiden wurden von der Forstigkeit befreit/ und der freien
Benutzung und Kultur zurückgegeben: jeder Forstrechtler erhielt für
jedes Klafter vorigen Holzbezugs > Tagwerk Grund/ wodurch sich jede Gemeinde
mit ihrem Distrikt abschied/ und der noch übrig gebliebene Kameralwald von
allen Servituten befreit wurde; und dieses eröfneten Wohlstandes für
die Unterthanen ungeachtet ist doch noch gegen die vorigen Verhältnisse
auffallender Gewinn für die Staatskasse. Ich rücke hier die
Beschreibung des Dorfes Entraching dieser Gegend von einem sehr geschickten Mann
dieser Gegend ein/ weil sie volles Licht über diesen ganzen Distrikt
verbreitet/ und manches Interessantes liefert.
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Entraching/ Endriching/ Enrerkining. Siehe hier eigene Seite Ortsgeschichte Entraching
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Viehstand
Die Pferde sind schlecht und klein; es giebt nur etwas Ochsen, Kühe und Schafe, wenig Schweine. Ver Verklauf von Vieh ist unbedeutend
Gewerbe.
Die Weiber verfertigen fast alle die rupfenen Bänder/
mit denen/ so wie auch mit Hafnergeschirr/ die Männer das ganze Land
durchstreifen und betteln. Zu Utting / welches Dorf meistens aus
Bettlern und Fischern besteht/ werden die irdenen Herrgotts und die heiligen
Geiste von Lumpen verfertigt/ die kistenweife fort/ besonders nach Salzburg/
kommen In der Gegend des Ammersees ist Fischen eine allgemeine
Beschäftigung; so wie das Krachsentragen für Papp und Schorn/ zwei
Handelshaufer zu Diesen/ das aber abgenommen hat. — Vom
Markt Diesen/ der den Grafen von Andechs
gehörte/ behauptet man/ daß zu den Zeiten der Römer die
pontes Tessenii, wovon der Ort den Namen bekam/ in dieser Gegend/
sehr wahrscheinlich zwischen Diesen und Herrsching/ gestanden seyen. Dieser Ort
wurde anfangs dem auf der Anhöhe befindlichen Kloster geschenkt/ Kaiser
Ludwig aber brachte den Plaz im J. 1326 an sich und gab ihm viele
Privilegien. Dem zum Andenken sieht man noch auf dem Rathhaus die
Aufschrift:
LVDOVI Dono ClVes Liberi sVnt.
Seit dieser Zeit ist Diesen ein Bannmarkt/ also ständisch. Vermög der
Privilegien hatte Diesen alle Dienststage eine Schranne und Wochenmarkt/ welches
sich aber mit der Zeit von selbst verlohr. Die zwei Jahrmärkte an Georgi und
Bartholomä, sind auch unbedeutend. Der Markt selbst ist noch meistens von
Holz gebaut und hat ein armes Aussehen. Ein Bach durchstreift ihn/ der aber noch
mehr Unrath abführen sollte. Die Professionisten/ so wie alle Einwohner/
sind arm/ nährten sich ehedessen vom Krachsentragen/ und jezt vom
Bilderkleiden. Selbst die 9 Brauer haben fast kein Vermögen. Das Fischen
bietet noch einigen Erwerb dar. Dem Markt mangelt es sogar an Feldbau/ weil alles
zum Kloster gehört. Die Bürger haben nun einen Moostheil am See zu
kultiviren angefangen/ wollen noch mehrere Vorschritte
machen und sogar die Stallfütterung einführen. Auf das Kloster find die
Diesner nicht gut zu sprechen / theils weil es eine harte Grundherrschaft ist/
theils weil es alle Grundstücke besizt / sie dazu große Scharwerke zu
verrichten haben und das Kloster wegen des ausschließenden Rechtes des
Tuftgrabens die wenigen Felder der Diesner ruinirt. Das Handelshaus Papp und
Schorn macht hier große Handlungs- und Wechselgeschäfte. Es verdankt
sein Entstehen dem verstorbenen Papp/ und man erzählt sich davon folgende
Geschichte: Papp arbeitete beim Festungsbau zu Rothenburg als Mau rer und machte
unter den Arbeitern Knödeln auf Spekulazion; .dies verschaffte ihm einigen
Erwerb/ womit er/ anfangs mit 30fl./ zu Nürnberg sich kurze Waaren
anschaffte und den Winter durch mit der Krachsen auf dem Handel ausgieng. Das
öftere Kommen und genaue Richtigkeit erwarb dem unermüdeten Papp Kredit
zu Nürnberg/ er ließ sich an seinem Vaterort Dießen nieder/ und
trieb in Kurzem die Sache so hoch/ daß er selbst die ganze Gegend
beschäftigte/ besonders als damals gerade die Wallfahrt zu Graf Rath und auf
der Wiese ausbrach/ wo allerlei Bilder und kleine bleierne Figuren gemacht und
auf allen Seiten verschickt wurden.
Mineralien.
Tuft und Kalk ausgenommen/ ist sonst nichts
bekannt.
Politische Verhältnisse.
Die Bewohner haben ein hartes
Loos. Ihre Besizungen sind nicht nur unbeachtlich/ sondern sie sind auch in ihrem
wenigen Eigenthum durch die auch von den Klöstern ausgeübten
Forstigkeiten sowohl als durch das Tuftgraben sehr gekränkt und haben
überdis starke Abgaben/ grundherrliche Dienste/ Scharwerke etc.
jährliche Schauer/ Reife/ Viehseuchen und Feuersbrünste/ wogegen keine
Anstalten sind/ so wie die noch nicht ganz beseitigte Jagd/ treten dazu und
— sieben Achtel Unterthanen können sicher unter die Bettler
gezählt werden. Unter den Pfarrern zeichnet sich der durch seine Schriften
berühmte Pfarrer Geiger zu Entraching aus/ dessen Fleis
für die Obstbaumzucht/ Kultur/ Schule/ kurz für alles der Gegend
Wohlhätige ausserordentlich ist. Kirchen/ Wallfahrten/ als zu Wessobrunn/
Diesen/ Pilgersheim etc. Andächteleien/ Kreuzgange und Brüderschaften
gibt es zwar die Menge/ allein Gesundheitsanstalten und Schulen sind nicht
vorhanden.
Das Kloster Diesen/ gestiftet von den Grafen von Andechs/ die
auch zu Diesen ein Schlos hatten/ thront prächtig an der Anhöhe
oberhalb dem See und Markt. Diese erste Stiftung geschah 84o/ von
Rachard oder Rathard/ dessen Bruder Hanto Graf von Andechs Bischof zu
Augsburg war. Wie gewöhnlich/ war mit diesem Kloster der regulirten Korherrn
auch ein Frauenkloster verbunden/ das aber nach der Hand eingieng. Das Kloster
ist groß und massiv gebaut/ mit Gewölben/ einem schönen Saal und
einer artigen Kirche versehen; im Innern desselben bemerkt man/ daß
Eichenholz nicht gespart wurde. Die Stiftung ist gut und groß/ aber die
Bibliothek unbedeutend. So gut also hier für den Körper gesorgt ist/ so
schlecht ist es für den Geist. Die Apotheke des Klosters verfertigt den
sogenannten Diesner Balsam.
Das Kloster Wessobrunn ungefehr 2 Stunden von Diesen
entfernt/ wurde 750 vom Herzog Thasilo gestiftet. Als Veranlassung erzählt
man/ daß Thasilo auf einer Schweinshetze im Walde sich verirrte und als ihn
die Nacht überfallen/ sich verlobt hatte/ ein Kloster zu bauen/ wozu ihm
sein Jäger Wesso am folgenden Tag einen Brunnen als Platz gezeigt haben
soll. Anfänglich ward auch ein Frauenkloster damit verbunden / das aber in
der Folge eingieng. Das Kloster/ das wohl hoch aber in einer wahren Wildnis von
Holz , und Filz/ untern einem kleinen See/ liegt/ ist ein massives Gebäude/
von Jnnen / besonders die Kirche/ mit schöner Stukaturarbeit geziert. Obwohl
hier noch ganz die Benediktsregel und gewöhnlichen Kirchenzeremonien
herrschen/ so wird doch jetzt mit Anschaffung phisischer Instrumente/ eines
Observatorium und ordentlicher Bücher/ so wie auch mit Kultur des Gartens/
der wie das Ganze einer Wildnis gleicht/ der Anfang gemacht. Das von einem
Benediktinerbruder von Prifening gemalte und hieher seit langer Zeit verehrte
Marienbild hat durch allerlei ausgeschriene Wunder eine zahlreiche Wallfahrt
verursacht. Eine gleiche wunderwirkende schmerzhafte Mutter Gottes unterhält
ein Hospizium zu Vilgertshofen bei Pflugdorf von 4 Geistlichen aus diesem
Kloster. Auch an andern Reliquien und dergleichen Siebensachen fehlt es nicht.
Das Dorf Wessobrunn gewährt dem Beobachter
mehr Zufriedenheit. Er findet hier ganz artige Hauser und obwohl die Bewohner
keine Gründe haben (einen kleinen Plaz für Aepfelbäume
ausgenommen)/ und Einer höchstens 1 oder 2 Kühe halt/ die in der
Wildnis herumlaufen / so sind sie doch alle geschickte Stukaturer/ Maurer und
Zimmerleute/ die die weite Welt durchreisen und mit vielem Gewinst wieder nach
Haus kommen; nur schade daß die Gelegenheit der zu vielen Andachten und des
zu nahen Klosterbräuhauses den Erwerb meistens wieder hinschwinden macht.
Statt des Gipses machen Einige ein sehr schönes und dauerhaftes Laubwerk von
Pappendeckel. In der Gegend werden viele Tuftsteine gebrochen und neben Holz auf
dem Lech verhandelt.
An der äussersten Ecke dem Gebirg und der Halbammer zu / trift man auf die
Hofmark und das Kloster Rottenbuch / eine der
schönsten und reichsten Abteien/ das schon das ungeheure/ mit einer Menge
Blitzableiter versehene Gebäude verräth. Der Name kommt von Wald
ausrauten — daher in ältern Urkunden Raitenbuch — und die
Stiftung von Welf IV. Herzog in Baiern und seiner Gemahlin Juditha 1035
her. Von jeher zeichnete sich dies Kloster durch eine gute Oekonomie aus
und in ihm herrscht als Kontrast gegen andere Köster/ ein offner/ gastfreier
und gesellschaftlicher Ton / besonders unter dem gegenwärtigen so geschienen
als biedern Abt Herkulan Schwaiger/ dem langen und genauen Observator am
Peisenberg/ der als ein so langer Beobachter der Mutter Natur die Menschen mehr
als die Ordensregel lieben lernte und dadurch eine glückliche Wendung der
Dinge bewirkte/ daß er blos jungen Männern die Aemter gab / die sonst
die Alten bekleideten/ wodurch die alten Gebrauche aufrecht erhalten wurden. Die
Schule hat einen eignen braven Schullehrer und einen Direktor im Kloster und ist
in voller Aufnahme; die Kinder laufen deswegen schon mit Freude her / weil sie zu
essen bekommen. Im Kloster zeigt man eine sehr beträchtliche und
vollständige Bibliothek / ein Naturalienkabinet / physische Instrumente und
es gilt von ihm fast das was bereits vom Kloster Polling geäussert wurde. So
gut unterdessen diese Anstalten sind/ so bleibt das Ganze doch ein Kloster
und diese würdigen Männer würden ohne Klosterhabit weit mehr
Nutzen stiften können.
Die Unterthanen dieser Hofmark unterscheiden sich in der Gegend von den
übrigen durch größere Spar- samkeit und etwas mehreren Wohlstand/
der jedoch hier überhaupt nicht groß seyn kann. Sie haben nur einen
Pferdzügel und das Übrige mit den Unterthanen von Steingaden und
Schongau gemein. Das Kloster siedet allein Bier und unterhält eine Apotheke
und Chirurgus.
Verschiedene andere Auffallenheiten.
Eine wahrhaft romantische Naturscene bietet der an 4 Stunden lange und 2 Stunden
breite Ammersee dar. Der Markt Diesen/ die zwei Klöster Diesen und Berg
Andechs, Seefeld im Hintergrund und die mannigfaltigen Dörfer umher machen
das Ganze wahrhaft theatralisch. Nach.neuerer Untersuchung ist die
größte Tiefe des Wassers 269 Schuh. Der See wird vom Ammerfluß
in sichtlicher Abscheidung durchströmt und enthält z6 Gattungen Fische/
darunter die Rutten/ Huchen/ Waller/ Renken und besonders das Nagmaul die
vorzüglichsten sind. Schon seit 1517 existiren See - und Fischordnungen/
über die ein eigenes kurfürstl. Seegericht zu wachen hat. Die Fische
kommen in die Hofküche nach München; es haben aber auch Andere
Fischdistrikte. In ältern Zeiten waren über 3oo Fischer vorhanden/
jetzt aber nur noch 139 Fischmeisier/ 71 Knechte und 22
Fischverkäufer. Der See wird nur mit kleinen Barken (Zichlen genannt) oder
ausgeholten Bäumen — eichene Blöcke/ Einbäume genannt/
— befahren.
ii] Landsberger Gerichtstheil jenseit der Münchner
Chaussee.
'Hier muß man wieder einen dreifachen Unterschied machen. Es besteht
nemlich dieser Gerichtstheil in dem Terrain zwischen dem Lech und der Ammer/ vom
Lech her in 4 Theile getheilt und guten Zustandes — im 4ten Theil der Ammer
zu/ dem sogenannten Holzland — und im Distrikt jenseits des Lechs. Der
erste Raum vom Lech her zu drei Theilen Flächeninhalts gegen die Ammer zu/
zeichnet sich als die Gegend von Landeberg vor den übrigen vorzüglich
aus. In einer unübersehbaren Fläche/ gebildet vom aufgeschwemmten
Lechufer/ prangen blos goldne Fluren/ aus deren Mitte auf allen Seiten stolze
Dörfer/ Kirchen/ Thürme und einzelne Schlösser sich erheben. Jedes
Dorf zahlt viele Häuser/ eine eigne Kirche und Pfarrer/ die meistens aus den
Klöstern sind/ wohin die Zehende und Giltgetreide geschleppt werden. Die
Wohnungen der Landleute tragen noch nicht das Gepräg der hier thronenden
Ceres; sie sind meistens noch von
Holz mit Stroh bedeckt/ und nur einzelne/ besonders zu Scheuring / gemauert.
„ Was soll ich ein schönes Haus bauen/“. erwiderte auf
meine Frage ein Landmann - gewiß! daß meine Grundherrschaft
sich dabei wieder den Beutel spicken/ und von meinen Kindern höhere
Laudemien nehmen kann? — Lebhafte Bäche durchspielen meistens die
zerstreuten Dörfer; vorzüglich schön gelegen und gebaut ist das
freundliche Eglingen an dem nicht weit davon entspringenden
Flüßchen Paar/ das ein artiges Thal bildet. Es ist schade/ daß
der schlechten Wege halber man nur schwer von einem Dorf zum andern gelangen
kann. So wie man sich der Ammer nähert/ sieht man nichts als Wälder zur
Seite/ schlechte hölzerne Hütten/ und im Ganzen üblere
Umstände. Jenseits des Lechs aber begegnet man in der weiten Fläche
groß und schön gebauten Dörfern und Schlössern. Die Leute
vom Getreidland — so wollen wir die 3 Viertel des Flächeninhalts vom
Lech her der Ammer zu nennen- / haben ein gesundes/ großes/ starkes/
etwas verschlossenes Aussehn; Stolz und Eigennutz ist ein Hauptzug ihres
Karakters; von Diebstählen und Kriminalfallen aber weis man hier gar nichts.
So still und verschlossen die Leute sind/ so wird doch manchmal bei einer Kanne
Bier oder Wein ihre Zunge gelößt/ und dann raisonniren sie über
alles mit vielem Witz. Gegen die sogenannten Herren Beamte/ Doktoren/ Pfarrer/
Schergen und Jäger sind sie sehr mißtrauisch; auch pralen sie gern/
lieben große Spiele/
lassen lassen sich hausig Zeitungen lesen; einer kaufte sich sogar die
bairischen Gesezbücher/ codices, die aber vom Gericht weggenommen wurden.
Das Weibergeschlecht/ das mehr Gesundheit als Schönheit zeigt/ wird sehr
geliebt/ selbst mit vieler Freiheit/ und trotz der fühlbaren Hindernisse
fehlt es nicht an ehlichen und unehlichen Kindern. Andächtelei und
Aberglaube verliert sich so ziemlich unter ihnen/ und nur ihrer angebor nen
Gutmüthigkeit und Gastfreiheit ist es zuzuschreiten/ daß sie die
geistlichen Kollektanten und Andäch teleien noch fortkommen lassen. Als
jüngst der Magnusstab von Füssen seine Feldprozession hielt/ giengen
zwar die Bauer n nach/ allein sie lachten das ganze geistliche Gefolge samt dem
Stab aus. Die Leute erreichen ein hohes Alter von 60/ 70/ 8o Jahren/ und Fieber
sind fast die einzigen Krankheiten. Die Bewohner des Dorfes
Brilchen haben fast alle Kröpfe/ woran wahrscheinlich das
Wasser Schuld ist. Die Weiber sind grosen Theils mit Leibschäden behaftet/
die ihren Grund im Mangel einer Hebamme/ und einem zu frühen Herausgehen aus
dem Kindbett haben mögen. Die Bauern kleiden sich in blaue oder braune
Röcke von holländischem Tuch/ die jungen in roth scharlachne mit einem
gleichen Unterrock und Leibstückel; die Beine bedecken schwarz oder gelb
lederne Hosen/ die Füße blau oder grau baumwollene/ zu Zeiten auch
seltne Strümpfe; die sehr ausgeschnittnen Schuhe zieren silberne Schnallen/
und jeder führt eine Sackuhr; an den runden
Hüten sind breite Goldborten mit einer silbernen Schnalle angebracht.
Jeder Bauer halt sich sein eignes Reitpferd/ und bei einem Ritt hüllt er
sich in einen weisen Mantel. Jüngst kaufte einer in Landsberg Tuch zu einem
Kleid; er fragte nach einem solchen/ das noch Niemand getragen halle/ und man gab
ihm ein sehr feines gelbes. Die Weiber zeichnen sich mit ihrer Pelzhaube/ die nur
während einer Trauer in eine Bärenmüge verändert wird/ Sommer
und Winker durch aus. Den schwarzen Flor um den Hals halt eine silberne Schnalle
fest/ und das Leibchen/ woran der Rock geheftet ist/ besteht aus einem seidenen
Zeuge — bei Mädchen von gemischter Farbe — auch aus Sammt. Der
Rücken hat eine perpendikulärförmige Garnitur von Sammtborden/ an
Mädchen schmal goldne/ und den steifen Vorsteck vor die Brustzier: eine 4-
und 4fache Reihe horizontal laufender Gold - oder Silberborden. Den Busen bedeckt
bei Kirchgängen ein blau oder schwarz tuchener/ rings um mit breiten blauen
Seidenbändern besezter sogenannter Schalk/ Nachmittags aber bei Tänzen/
Hochzeiten oder Kirchgängen/ ein weißer muslinener/oft wie die weisen
Hauben/ mit Brabanter Spitzen garnirter Halsktttel/ um den sich eine silberne
Kette schlingt/ die an einer silbernen Schleife festgemacht ist. Der Oberrock von
schwarzer Farbe hängt mit einem grünen oder weißen fein wollenen
Unterrock zusammen/ des leztrer n Ausschnitte sind bei dem Hals und Aermeln mit
feinem rothen Tuch/ und unten Handbreit auch mit
rothem /
inwendig aber mit gelbem besezt/ damit bei jeder Bewegung die Farben spielen. Der
Haft und Ausschnitt beider Röcke ist vorne/ worüber ein in Falten
gelegtes lo bis 12 Ellen breites blaues Fürtuch oder Schürze
hängt; bei Tanzen ist es von feiner Leinwand mit Spitzen. Bei Hochzeiten
haben die Jungfrauen schuh hohe/ von Seide überzogene mit Sträussen/
Steinen und Flittergold gezierte Binden/ worüber sich die in rosenfarbne
Bänder geflochtne Haupthaare winden/ und in einem solchen Fest giebt es
Preiße für das schnellere Laufen (Hinlaufen genannt) und andre Spiele
mehr. Weiber in Trauer tragen auch einen weisen Fleck um den Mund. — Die
Dienstboten ahmen diesem Luxus nach Kräften nach. — Die Kost ist
durchgehends gut/ das Brod blos Roggenbrod/ alle Mehlspeisen von Ker nmehl. Die
Dienstboten essen des Tags fünf mal/ am frühen Morgen Mus/ um 9 Uhr
Brod/ bei starker Arbeit auch Bier/ Mittags meist Mehlspeisen vom feinsten Mehl/
um 3 Uhr wieder Brod/ und zum Nachtessen gebackne Nudeln/ und das Schmalz wird
bei den Speisen so wenig gespart/ daß Bauern mit ja 20 Stück Vieh doch
noch Schmalz kaufen müssen. Der Knecht nimmt noch lo bis l2 Kücheln/
die Magd 10/ und so vcrhältnismäßig bis zur Drittelmagd und
Buben herab, mit sich/ welche sie unter sich verschenken oder den Eltern und
Verwandten nach Haus tragen. Bei jedesmaligen Brodbacken erhalt die
Oberdirne einen sogenannten Knetlaib für sich. An der Kirchweih
und und
Festtagen giebt es auch Fleischspeisen/ die aber der Bauer täglich
ißt. Der lezte Knecht hat/ nebst 3 Paar Schuhen/ i Paar Stiefeln/ 2
Hemden/ des Jahrs noch 3o bis 40 fl. Lohn; die Mägde/ nebst 3 Paar Schuhen/
15 bis 20 Ellen 1/2 Elle breites Leinentuch/ 2 bis 3 Pfund Schaafwolle/ eine
Haubenspitze/ und 15 bis 20 fl. Lohn; die Taglöhner / nebst 5maliger Kost
des Tags/ lo bis 12 kr. samt Brod/ Kücheln/ Nudeln zum Nachhaustragen / ohne
die Einladungen zum Erndtegang, Trischlgängen und Kirchweih. Braunes Bier
wird durchgängig sehr geliebt / und Trunkenheit ist nichts
selten.
Ganz verschieden ist es unten im Holzland/ wo alles der Diesner Gegend gleicht/
und arm und elend aussieht. Die ehemals stark gehegten Wilde haben viele
Wildpretschützen/ faule liederliche Menschen erschaffen/ aus denen sich
ganze Banden von Dieben und Räubern bildeten. Hier war der Aufenthaltsort
der Bande des bairischen Hiesels/ des Neusinger Franzi und schwarzen Buben/ und
noch immer ist die Gegend nicht ganz rein/ wozu schon die Wildniß vieles
beiträgt. Die Raubereien sind meistens mit unglaublichen Grausamkeiten
verbunden/ und der Ingrimm schon lange erlittnes Elends wird den
unglücklichen Schlachtopfern eingedrükt.
Jenseits des Lechs erscheint ganz der geschwätzige schlanke Schwab. Die
Häufer sehen besser aus/ aber sein Wohlstand ist es
nicht; der Boden ist hier noch ganz stiefmütterlich.
Landwirthschaft und Kultur.
Der Boden an diesem erhöhten Lechufer/ wo die meisten
Dörfer/ wie in der Linie stehen/ und das Ufer eine einzige Oefnung bei
Winkel hat/ gleicht einem hier ausgebreiteten wohlthätigcn
Schlamm / der tief / von dunkelbrauner fetter mit Leim und Mergel gemischter
Erdart ist/ in der kein Stein sich vorfindet. Am hohen Ufer ist der Boden der
beste/ aber tiefer ins Land/ und gegen die Amber zu nimmt er ab. 5/6 des
Flächeninhalts sind gewiß als kultivirt/ und nur 1/6 als Moos/ Weide
und Holz anzunehmen. Alles wird beinahe zu Feldern benuzt/ die mit allem Fleis
behandelt werden. Früh 3 Uhr ist schon alles bis spät am Abend auf dem
Acker/ auf dem vorzüglich viel Dung kommt: von allen Seiten werden Raine/
Wiesen abgestochen/ und mit diesem ausgeschlagenen Koth der Acker
überführt/ welches sie mergeln oder schmalzen nennen. Der Pflug greift
tief in den Boden/ und dieß geschieht 3/ 4 bis 5 mal bis zum Anbau. Kleine
schmale Striche oder Bifänge werden geformt/ und meistens blos Fefen
angebaut/ von dem man auf ein Juchart 6 bis 8 Metzen Aussaat/ und 10/ 12/ 15/ ja
oft 2o Scheffel Erndte rechnet; vom Roggen auf ein Juchart 4 bis 5 Metzen/ und 6/
8/ 10 Scheffel Erndte ; vom Haber/ 8/ 9 Metzen/ und 5/ 6 Scheffel Erndte.
Fefen ist also die
Hauptsache/ nach welchem Korn und Sommergetreide kommt. Noch bestehen
3 Felder also die Brache/ die gehalten wird/ theils weil jeder Bauer zu viel
Feldgründe hat/ deren Anbau er nicht erschwingen könnte/ theils weil er
zum Theil keinen andern Bau kennt/ oder dafür nicht eingenommen ist. Wiesen
mangeln fast ganz/ wenigstens oben; nur von der Anhöhe herab dem Lech zu/
sind schöne 2 und 3 mähige Wiesplätze/ die wohl alle sehr
genau gewassert werden/ allem zu klein sind, und unten dem Lech zu am sogenannten
Lechfeld und oben noch Weidplatze haben. Kleinere Distrikte, werden mit Klee/
auch zu Krautbetten benüzt/ und in die Felder kommen noch Flachs und
Rüben. Einige Gemeinden haben auch Waldungen/ die aus Laubholz aller Art/
Buchen/ Eschen/ Linden/ Eichen — die meistens vereinzelt auf den
Weidplätzen stehen — auch aus Fichten- und Tannenholz bestehen/ aber
nicht beträchtlich und durch Weide und Unordnung übel zugerichtet sind.
Ein Klafter Fichtenholz kostet deswegen hier schon 5 fl./ ein hartes lo fl. Jedes
Haus umringt ein kleiner Garten/ doch ohne Pflege/ ohne Kultur. Da jezt mit der
Abtheilung der Weide sowohl als der Holzplätze angefangen ist/ das Dorf
Scheuring auch die Hänge/ die am ganzen
Lechrhain — so heist auch das ganze Land — bis
Friedberg öde lag/ erst jüngst vertheilt/ und zur Kultur vorbereitet
hat/ so werden diese Hängen oder Rhaine/ wenn man die Mühe sich nicht
reuen läßt/ bald die schönsten Gärten und
Baumpflanzungen darbieten/ und die Gegend neu beleben. In der Kultur/
Obstbaumzucht und Abtheilungen der Gemeinden zeichnet sich vorzüglich der
Kastner Taxen zu Weil/ das Dorf Kaufering/ und als vorzüglicher Oekonom der
Bauer von Haltenberg aus.
Unten im Holzland kann man den 3ten Theil als kultivirt annehmeu. Der Boden gegen
die Amber zu ist steinicht und sumpficht/ und ein großes Moos zieht
sich vom Ammersee herab. Die Wiesen sind immer einmähig/ und Weidenschaft
die einzige Zuflucht. Alles gleicht — wiewohl noch schlechter der Gegend
von Diefen. Besser stehen die Verhältnisse jenseit des Lechs/ aber nicht
viel/ weil der flache Boden auch da sehr griesicht/ und mitunter sumpficht ist.
Viehstand.
Die Pferde sind stark/ aber nicht zu groß/ und
werden meistens aus andern Gegenden gekauft. Nur selten wird ein Ochs zum Feldbau
eingespannt/ weil man sich dieß zur Schande anrechnet. Das Hornvieh sieht
gut aus/ ist aber an der Zahl nicht stark. Mit Schweinen/ vorzüglich mit
Gänsen/ wird viel nach dem nahen Augsburg gehandelt. Unten in der Holzgegend
gleicht alles den schon beschriebenen Menschen. Zur Streu wird oben Stroh mit
Laub gemischt/ und unten Waldstreu genommen.
.
Gewerbe
Der Handel besieht im Getraidschwärzen über den
Lech/ in ganzen Gesellschaften zur Nachtszeit/ weil wi« der alle gesunde
Begriffe/ die Getraidausfuhr meistens verboten/ oder mit hohen Extragebühren
belegt ist. Schweine und Gänse kommen auch häufig über dem Lech.
Die Leute müssen dabei Leib und Leben/ Pferde und Ladung wagen/ und Mancher
hat dieses Wagstük schon theuer bezahlen müssen. Doch haben die
Bestechungen des Mauthpersonals so manche Nachsicht zur Wohlthat der Gegend
erzeugt. Den Winter durch wird in den Dörfern häufig Wolle gesponnen/
wovon Einer des Tags 3/ 4/ 5 Schneller spinnt/ und für den Schneller 4/ 5
kr. bezahlt erhält. — In den übrigen Gegenden kann beinahe nichts
verkauft werden/ als hin und wieder ein Stück Vieh und Holz.
Die StadtLandsberg
erscheint erst 1315 als Stadt. Der obere Theil derselben bestand frühe/ und
gehört« den Pfettnern/ weswegen er noch jezt pfettmisches Lehen ist.
Sowohl die Anwesenheit der verwittweten Herzoginnen/ als auch der Salzhandel/
vermehrte die Ansiedlung/ und es entstand das Sprüchwort: „Wer vom
Himmel auf die Erde fiele/ der hätte kein grösseres Glück/ als
wenn er entweder auf Landsberg oder Rosenheim fallen würde/ denn fällt
er auf Rosenheim/ so fällt er in eine Schmalzgrube / fällt er aber auf
Landsberg/ so fällt er in eine Silbergrube.“// Dieser Salzhandel ist aber
nun dahin/ und damit ein großer Theil der alten Glückseligkeit. Die
Stadt ist an der Hänge des Ufers des Lechs/ über den hier 2
Brücken/ und weiter unten zu Kaufering noch eine führt/ und auf
deutsche Art gut von Aussen/ schlechter von Innen gebaut. Kommt man über den
steilen Berg vom obern Theil der Stadt herab / so befindet man sich unten in
einem schönen breiten mit 2 steinernen Brücken und geistlichen
Bildsäulen gezierten Platz. Nur über 700 Bürger leben noch hier/
denn der verlorne Salzhandel/ der auch alle Schwaben hier versammelte/ und die
Reformazion hat eine Menge Bürger vertrieben. So gab es hier viele
Leineweber/ die sich der Religion wegen nach Augsburg begaben; mehrere
Fabrikanten/ selbst. Schüle von Augsburg/ hatten sich hier schon
ansäßig gemacht / wenn es die Religion nicht gehindert hatte. Weil die
Strasse jenseit des Lechs nach Füssen lauft / so ist die Hauptpassage des
italienischen Handels weg. Die bairischen Mauthen bewirkten / daß sich
jenseit in den schwabischen Dörfern eine Menge Professionisten ansiedelten/
so daß also die Landleute in Landsberg nichts mehr brauchen/ und sich so
das Gewerb verminderte. .In Landsberg ist nunmehr die Passage von München
her/ an Sonnabenden eine Schranne / und die Ausfuhr des Getreides/ der Schweine/
des Salzes und der böhmischen Waaren nach Schwaben und der Schweiz/ und, die
Passage am Lech/ worauf hauptsächlich aus dem
Rothenbuchischen Arbeiten von Sandstein/ kommen/ und hier
verhandelt werden. — Die Bürger sind blos gewöhnliche
Professionisten/ haben fast keine Geselle,/ und stehen schlecht; etwas besser
befinden sich die 16 Brauer/ die Krämer und die Papiermühle. Die
Geistlichkeit besteht aus einem Pfarrer und io Benefiziaten/ wozu sich noch die
nahen Franziskaner von Lechfeld mit Besuchen gesellen/ und die Leute sind stolz
innerhalb ihrer Mauern auch ein Gymnasium zu besitzen/ obschon die —
Studenten fast alle betteln/ nicht viel lernen/ und die mehreren Nutzen stiftende
deutsche Schule ganz vernachlässigt ist. Die Jesuiten/ die hier in einem
geräumigen Kloster auf der Anhöhe thronten/ ließen noch bis auf
diese Stunde den Landsbergern viel Bigotism zurück. Dies Jesuitenkloster/
das die Mönche für einen Probirstein ihrer Novizen hielten / weil die
rauhe Luft so ziemlich die Gesundheitsumstände abwägt/ wurde 1576 von
einem Grafen von Helfenstein reichlich gestiftet; seine großen Besitzungen
aber genießt nun ein Maltheserritter/ so wie ein anderer die Kommende
Kaltenberg/ welche beide sich in München aufhalten. Ein Frauenkloster von io
bis 12 Ursulinerinnen/ hat den Landsbergern eine ungeheure Schuldenlast an Hals
geworfen/ welches die Nonnen nun dadurch wieder gut zu machen suchen/ daß
sie sich mit dem Unterricht der Mädchen abgeben. Die Glocken ertönen in
Landsberg noch häufig/ und auf den ersten Klang verlassen die Landsberger
die Werkstätten/ und versammeln sich zu allerlei Andachten.
Sie begraben noch mitten in die Stadt um die Kirche herum/ ihre Todten. Der
Feldbau ist so/ wie in der andern Gegend/ sehr im Getriebe/ und viel Hopfen wird
gezogen. Der schon bei Rauchenlechsberg erwähnte Herr von Oberndorf hat auf
seine Kosten an der Sradt einen sehr artigen englischen Garten angelegt/ der zum
gesellschaftlichen Ton und zur Verschönerung der Stadt vielen Vorschub
leistet. Durch einen großen Zaun' wird ein Theil des Lechs gut für die
Stadt zu Mühlen etc. benuzt. Gewöhnlich hält sich in der hiesigen
Kaserne ein Regiment auf. Ein gewisser Jgnaz Kogler von Landsberg kam als Jesuit
nach Peking / und schwang sich durch seine Geschicklichkeit zum Vorsteher des
mathematischen Kol legiums hinauf/ in welcher Würde er 1746 zu Peking
starb.
Stadtkammerrechnung zu Landsberg/ für
1798……………………..
Mineralien.
Davon ist in diesem Distrikte nichts bekannt.
Politische Verhältnisse.
Jn den drei Wintermonaten wird zwar im ganzen Gericht Schule gehalten/ allein die
Schullehrer sind schlecht/ und werden auch nicht bezahlt. Ein Kind giebt
die Woche 2 kr./ und fällt ein Feiertag ein/ so ziehen die Eltern 2 Pfennig
ab. Niemand nimmt sich der Schulen an/ obgleich die Pfarreien mehrere 1000 Gulden
tragen/ und die Hofmarken noch mehr Einkünfte ziehen / wovon freilich das
Meiste in die Klöster gehört. Unterdessen alle Geistlichen in der
Augsburger Diöces haben für nichts anders Sinn/ als für ihre
Kirchen-Zeremonien und Habsucht; sie sind wahre Jesuiterstudenten/ wie sich denn
noch die Jesuiten in Augsburg fortpflanzen. Andachten/ Bruderschaften/ unter
denen die Rosenkranzbruderschaft oben an steht/ sind ziemlich im Schwung; neben
den gewöhnlichen Feiertagen halten sie auch Dorffeiertage/ und wenn viele
Feiertage auf einander kommen/ allezeit einen Nachfeiertag. Um die übrigen
öffentlichen Anstalten steht es eben so schlecht. Es giebt einzelne Bader/
unter denen der zu Scheiring allein ein geschickter Mann ist/
und einen Doktor zu Landsberg. Die Toten bestattet man fast überall noch
mitten im Dorf zur Erde. Feueranstalten kennt man gar nicht. Die Hofmarktherren
thun auch nichts für öffentliche Anstalten, der einzige
Besitzer von Hurlach verwendet viel auf die Schuld
Die'Unterthanen haben schwere Abgaben/ besonders grundherrliche; 17/ 2o/ 3o/ 40/
48 Scheffel Fefen muß Einer des Jahrs blos Gilt geben/ ungerechnet die
landesherrlichen Abgaben/ die Zehenden etc. so da.ß bei Manchen die
jährliche Ausgabe an grundherrliche und Staatsabgaben auf 5/ 6/ 700
fl. steigt/ dabei haben die kurfürstlichen Kastenamts-Unterthanen hier weit
stärkere grundherrliche Dienste als die Hofmarkischen. Nimmt man dazu noch
die Sammlungen der Schinder/ Schergen/ Jager/ Meßner und Schullehrer/ der
Karmeliten / Franziskaner/ Augustiner/ Kapuziner/ barmherzigen Brüdern und
Schwestern/ die 2mal im Jahr Butter/ Getreid/ Eier/ Brod und Geld holen/ so ist
sich nicht zu verwundern / daß den Bauern nicht viel übrig bleibt/ und
die Leute nicht unter die Vermöglichen zu rechnen sind. Ein anderes
mißliches Verhältnis bringt der ungleiche Hoffus hervor. Die besten
geben nur 1ooo bis 1500 fl. Heirathsgut/ und ein Juchart Acker gilt 180 —
190 fl., wenn er eigen ist 300 fl. Unter die bessern Dörfer rechnet man
Schmiechen/ Weil/ Winkel und Petzenhausen/ die alle hofmarkisch
sind. Wiesgründe sind um keinen Preis zu kaufen/ man halt sie für
mehrere 100 fl. Die Leute klagen sehr über Wildschäden / weil im
Lichtenberg viel Wild gehegt wird. Reife haben schon manchmal Schaden auf den
Feldern angerichtet/ doch hört man von Schauern nichts. Der Mangel und
Kostbarkeit der Dienstboten,/
da sich
selbst die Taglöhner lieber an den Spinnrocken setzen / und ihn der
beschwerlichen Feldarbeit vorziehen/ nennen die Leute ihren Schauer. Die Bauern
haben oft mehr Feldgründe/ als sie bearbeiten und übersehen
können/ und die Gebundenheit der Güter läßt ihnen keinen
andern Ausweg.
Unten im Holzland kommen die nämlichen mißlichen Verhältnisse
vor/ wie in der Diesner Gegend. IJn der Hofmarkt Jgling und Hofhegnenberg sind
herrschaftliche Bräuhaufer/ und beinahe in jeder Hofmark ein Schloß.
Verschiedene andere Auffallenheiten.
Den schönsten Prospekt bieten die 2
kurfürstlichen Schlösser Lichten-und Haldenbcrg dar. Ersteres ist
schön und massiv gebaut, und der Hof von München kam gewöhnlich
auf die Jagden und Reigerbeizen hieher. Es kostete mehrere taufend Gulden / bis
sich die Reiger da ansiedelten/ die jezt in Menge vorhanden sind/ und es wird
noch alles dazu unterhalten; die ganze Schloßeinrichtung stellt lauter
Jagdhunde vor. Die Aussicht, die man hier genießt/ ist entzückend/ nur
drängt sich Einem dabei der Wunsch auf/ daß den Verheerungen des Lechs
doch einiger Damm gesezt werden möchte/ so wie man in dieser schönen
Gegend zugleich das Bedürfniß einer Strasse über Moraweis her
fühlt.
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Der oben erwähnte von Oberndorf wird in der Gegend als ein allgemeiner
Rathgeber behandelt/ zu dem alles lauft/ und ihm mit kindlicher Achtung begegnet;
er macht aber auch einen wahren Friedensrichter und Vater in dieser Gegend.
— Im Holzland sucht man bei dem sogenannten Graf Rath Zuflucht. Rasso/ Sohn
des Grafen Ratholdi von Andex und Diesen/ stiftete im Anfang des 10ten
Jahrhunderts im Moos an der Amber/ ein Kloster/ begab sich selbst darein/ und
starb allda 954. Das Kloster wurde von den Ungarn zerstört/ die Kirche
wieder erbaut/ und des Stifters Körper von ungemeiner Größe/ als
heiliger Leib/ in Gold gefaßt/ und am Altar gesezt; hieher nun strömt
seit langer Zeit viel Volk/ und Klostergeistliche von Diesen verrichten immer die
Andachten / und verschaffen sich dadurch ein reichliches Einkommen. Rasso
soll bisher außerordentliche Wunder gewirkt haben/ nur jezt scheint
er deren müde zu seyn; vorzüglich soll die Andacht/ und eine Wallfahrt
zu ihm/ ein Universalmittel für Sand und Gries seyn; das beste Wunderwerk
aber wäre/ wenn er den Gries und die übeln Verhältnisse dieser
Gegend verbannen könnte.
Endet